DER BETRIEB 25 - page 59

in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten, fremde Interes-
sen zu wahren und treuha¨nderische Verwaltungen vorzunehmen.
Die Pflichten der Beklagten zu 1 als Mittelverwendungskontrol-
leurin waren dementsprechend ausgestaltet. Gem. § 1 Nr. 2 und
3 der Vertra¨ge sollte die Kontrolle gerade durch die treuha¨nderi-
sche Verwaltung der Fondsmittel erfolgen. Hierzu sollte die Be-
klagte zu 1 die Mittel der Gesellschaften, welche sie durch U¨ ber-
weisung der Einlageleistungen der Anleger von der Treuhand-
kommanditistin erhielt, auf einem Treuhandkonto (Anderkonto
I), verwahren und die Erlo¨se der Fondsgesellschaften aus der
Verwertung der hergestellten Filme auf einem ebenfalls als Treu-
handkonto gefu¨hrten Anderkonto II verwalten. Daru¨ber hinaus
waren gem. § 4 Nr. 1 der Mittelverwendungskontrollvertra¨ge
auf weiteren gesonderten Anderkonten, den sogenannten „Pro-
duktionskonten“, die Produktionsmittel eines jeden Projekts zu
verwalten. Diese Gestaltung ermo¨glichte die Durchfu¨hrung der
Mittelverwendungskontrolle durch die Beklagte zu 1. Die U¨ ber-
wachung der Verwendung der angelegten Gelder und, soweit er-
forderlich, die Regulierung der Mittelverwendung erfolgte damit
auf Grundlage der in den Mittelverwendungskontrollvertra¨gen
vorgesehenen Einrichtung und Verwaltung der treuha¨nderischen
Anderkonten. Dass der Mittelverwendungskontrolleur vor der
Freigabe der Mittel lediglich das Vorliegen verschiedener ver-
traglich definierter Voraussetzungen zu u¨berpru¨fen hatte, steht
der Einordnung seiner Ta¨tigkeit in das Berufsbild eines Wirt-
schaftspru¨fers nicht entgegen, zumal der Beklagten zu 1 durch
die Regelungen in § 4 Nr. 10 (MBP KG I) und § 4 Nr. 11
(MBP KG II) des jeweiligen Mittelverwendungskontrollvertrags
Ermessen bei der Entscheidung eingera¨umt wurde, angeforderte
Mittel freizugegeben, wenn die in dem Vertrag definierten for-
malen Auszahlungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Gerade bei
der in diesen Fa¨llen notwendigen Abwa¨gung der Interessen der
Anleger und der Fondsgesellschaft kommt es unter Beru¨cksich-
tigung der wirtschaftlichen und auch steuerlichen (vgl. § 2 Abs.
2 WPO) Auswirkungen der jeweiligen Entscheidung auf die be-
sondere Sachkunde eines Wirtschaftspru¨fers an.
27
I
Im U¨ brigen ist es, wie dem Senat aus einer Vielzahl von Ver-
fahren bekannt ist, bei Kapitalanlagemodellen der vorliegenden
Art durchaus u¨blich, einen Mittelverwendungskontrolleur ein-
zuschalten und mit dieser Aufgabe einen Wirtschaftspru¨fer oder
eine Wirtschaftspru¨fungsgesellschaft zu betrauen.
Abgrenzung zur Regelverja¨hrung bei Schadensersatzanspru¨chen
gegen eine WP-Gesellschaft wegen ihrer Ta¨tigkeit als Treuhand-
kommanditistin
28
I
(3)
Eine Vergleichbarkeit mit dem Fall, in dem der Senat die
Anwendung der Regelverja¨hrung auf Schadensersatzanspru¨che
von Kapitalanlegern gegen eine Wirtschaftspru¨fungsgesellschaft,
die als Treuhandkommanditistin ta¨tig war, wegen der mangeln-
den Aufkla¨rung u¨ber die Verwendung von Provisionen im Zu-
sammenhang mit dem Beitritt zu einer Publikumskommandit-
gesellschaft bejaht hat
12
, besteht entgegen der Auffassung der
Kla¨gerin nicht. Die Haftung eines Gesellschafters richtet sich
unabha¨ngig von seinem Beruf nach den Vorschriften, die fu¨r je-
den Gesellschafter in gleicher Situation gelten
13
. Hiervon ist die
Haftung eines Wirtschaftspru¨fers wegen seiner Ta¨tigkeit als
Mittelverwendungskontrolleur zu unterscheiden.
Ablauf der Verja¨hrungsfrist des § 51a WPO a. F. vor Klageer-
hebung
29
I
cc)
Die Verja¨hrungsfrist des § 51a WPO a. F. ist vor Erhe-
bung der Klage abgelaufen. In dem Zeitpunkt, in dem der An-
spruch entstanden ist, beginnt der Lauf der Frist des § 51a
WPO a. F. Die Kla¨gerin leitet ihre Forderung gegen die Beklag-
te zu 1 aus dem Vorwurf her, diese habe es unterlassen, den Ze-
denten vor dessen Beitritten zu den Fonds MBP KG I und II
u¨ber die (von ihr behaupteten) Ma¨ngel der Mittelverwendungs-
kontrolle aufzukla¨ren. Ein hieraus erwachsener Schaden bestu¨n-
de in der Eingehung der Beteiligung und wa¨re demnach mit
Eintritt der rechtlichen Bindung des Zedenten an seine Betei-
ligungsentscheidungen entstanden
14
. Der Zedent hat die Beitrit-
te am 4. 7. 2000 und 22. Oktober 2001 erkla¨rt. Die Annahmen
erfolgten am 13. 7. 2000 und 11. 11. 2001. Die fu¨nfja¨hrige Ver-
ja¨hrungsfrist wa¨re in Bezug auf etwaige Schadensersatzanspru¨che
wegen beider Fondsgesellschaften damit am 13. 7. 2005 und am
11. 11. 2006, mithin vor der Klagerhebung im September 2010
abgelaufen.
Keine Unterbrechung oder Hemmung des Laufs der Verja¨h-
rungsfrist
30
I
dd)
Anhaltspunkte fu¨r eine Unterbrechung oder Hemmung
des Laufs der Verja¨hrungsfrist des § 51a WPO a. F. sind nicht
ersichtlich.
Keine Sekunda¨rhaftung des als Mittelverwendungskontrolleur
ta¨tigen Wirtschaftspru¨fers
31
I
ee)
Der Verja¨hrung kann die Kla¨gerin entgegen der Ansicht
der Revision nicht eine Sekunda¨rhaftung der Beklagten zu 1
entgegenhalten. Ein als Mittelverwendungskontrolleur ta¨tiger
Wirtschaftspru¨fer unterliegt, nicht anders als der als Jahres-
abschlusspru¨fer ta¨tige Wirtschaftspru¨fer
15
, keiner Sekunda¨rhaf-
tung. Bei der Mittelverwendungskontrolle ist der Wirtschafts-
pru¨fer ebenso wenig wie bei einer Jahresabschlusspru¨fung zu ei-
ner umfassenden rechtlichen Beratung verpflichtet. Vielmehr
beschra¨nkt sich seine Pru¨fungspflicht auf einen abgegrenzten
Bereich. Damit fehlt es an einer tragfa¨higen Grundlage fu¨r die
Sekunda¨rhaftung
16
. Aus dem gleichen Grund ist, anders als die
Revision meint, auch das Senatsurteil vom 7. 11. 1991 – III
ZR 118/90
17
nicht auf die vorliegende Fallgestaltung zu u¨ber-
tragen. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sach-
verhalt war ein Wirtschaftspru¨fer als Treuha¨nder ta¨tig, der es
ausdru¨cklich gegenu¨ber dem gescha¨digten Auftraggeber u¨ber-
nommen hatte, dessen Rechte und Interessen bei dem Erwerb
einer Eigentumswohnung im Rahmen eines Kapitalanlagemo-
dels zu wahren. Dieser Aufgabenkreis ist mit dem eines als
Mittelverwendungskontrolleur ta¨tigen Wirtschaftspru¨fers, der
vertraglich keine umfassende Beratung u¨bernommen hat, wel-
che jedoch die Grundlage fu¨r die Sekunda¨rhaftung ist, nicht zu
vergleichen.
Zu den deliktische Anspru¨chen gegen die WP-Gesellschaft
32
I
b)
Indessen hat das Berufungsgericht deliktische Anspru¨che
der Kla¨gerin gegen die Beklagte zu 1 auf der Grundlage der bis-
her getroffenen Feststellungen zu Unrecht verneint. Nach dem
12 Senatsurteil vom 29. 5. 2008 – III ZR 59/07, DB 2008 S. 1675 = WM 2008
S. 1205, Rdn. 28.
13 Senatsurteil vom 13. 7. 2006 – III ZR 361/04, DB0147857 = NJW-RR 2007
S. 406, Rdn. 13; BGH vom 20. 3. 2006 – II ZR 326/04, DB 2006 S. 1049 =
NJW 2006 S. 2410, Rdn. 8.
14 Vgl. Senatsurteil vom 19. 11. 2009 – III ZR 109/08, DB 2010 S. 219 = WM
2010 S. 25, Rdn. 33; BGH vom 27. 1. 1994 – IX ZR 195/93, NJW 1994 S. 1405
(1407).
15 Hierzu siehe BGH-Urteil vom 10. 12. 2009 – VII ZR 42/08, BGHZ 183 S. 323
= DB 2010 S. 159, Rdn. 33.
16 Vgl. BGH vom 10. 12. 2009, a.a.O. (Fn. 15), Rdn. 34 f.
17 DB 1992 S. 1084 = NJW-RR 1992 S. 531.
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
Wirtschaftsrecht
1413
1...,49,50,51,52,53,54,55,56,57,58 60,61,62,63,64,65,66,67,68,69,...84
Powered by FlippingBook