Verja¨hrung des Schadensersatzanspruchs gem. § 51a WPO a. F.
20
I
a)
Es kann dabei auf sich beruhen, ob die Voraussetzungen
fu¨r einen Schadensersatzanspruch der Kla¨gerin gegen die Be-
klagte zu 1 wegen Verletzung vorvertraglicher Aufkla¨rungs-
pflichten aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag erfu¨llt sind.
Die Beklagte ist jedenfalls gem. § 214 Abs. 1 BGB berechtigt,
die Leistung von Schadensersatz zu verweigern, weil eine etwai-
ge Forderung der Kla¨gerin verja¨hrt ist.
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I
Es kann dabei dahin stehen, ob die in § 5 Nr. 2 der Mittel-
verwendungskontrollvertra¨ge vereinbarte dreija¨hrige Verja¨h-
rungsfrist auf einen Ersatzanspruch des Zedenten aufgrund sei-
ner Einbeziehung in die Schutzpflichten dieses Vertrags anzu-
wenden und diese Regelung einer AGB-rechtlichen Kontrolle
standhalten wu¨rde
1
. Der Anspruch ist jedenfalls gem. § 51a
WPO in der Fassung des Gesetzes zur A¨ nderung des Wirt-
schaftspru¨ferordnung und anderer Gesetze vom 20. 8. 1975
2
,
der gem. § 56 WPO auch auf Wirtschaftspru¨fungsgesellschaften
anwendbar ist, verja¨hrt. Hiernach verja¨hrt der Anspruch des
Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und
dem Wirtschaftspru¨fer bestehenden Vertragsverha¨ltnis in fu¨nf
Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden
ist.
Anwendung des § 51a WPO a. F. nach der U¨ bergangsregelung
des § 139b Abs. 1 WPO . . .
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I
aa)
Der aufgrund des Wirtschaftspru¨fungsexamen-Reform-
gesetzes vom 1. 12. 2003
3
aufgehobene § 51a WPO a. F. findet
nach der U¨ bergangsregelung des § 139b Abs. 1 WPO auf den
im vorliegenden Rechtsstreit erhobenen Anspruch noch Anwen-
dung. Zwar ist hiernach fu¨r die am 1. 1. 2004 bestehenden und
noch nicht verja¨hrten Anspru¨che auf Schadensersatz die regel-
ma¨ßige Verja¨hrungsfrist des § 195 BGB maßgeblich. Dies gilt
gem. § 139b Abs. 2 WPO jedoch nicht, wenn die Verja¨hrungs-
frist des § 51a WPO a. F. fru¨her als die regelma¨ßige Verja¨h-
rungsfrist nach § 195 BGB, beginnend ab dem 1. 1. 2004, ab-
la¨uft. Dies ist hier der Fall. Wa¨hrend die 2004 beginnende Re-
gelverja¨hrungsfrist des § 195 BGB nicht vor dem 31. 12. 2006
ablaufen konnte, war der etwaige Schadensersatzanspruch der
Kla¨gerin nach Maßgabe des § 51a WPO a. F. spa¨testens am
11. 11. 2006 verja¨hrt (s. u.).
. . . auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen
der Verletzung vorvertraglicher Aufkla¨rungspflichten im Zu-
sammenhang mit dem Mittelverwendungskontrollvertrag
23
I
bb)
§ 51a WPO a. F. ist auf den geltend gemachten Scha-
densersatzanspruch der Kla¨gerin wegen der Verletzung vorver-
traglicher Aufkla¨rungspflichten im Zusammenhang mit dem
Mittelverwendungskontrollvertrag anzuwenden. Mit der Ein-
fu¨hrung des § 51a WPO a. F. sollte die Verja¨hrung von Scha-
densersatzanspru¨chen gegen Wirtschaftspru¨fer in Anlehnung an
den damaligen § 168 Abs. 5 AktG auf fu¨nf Jahre verku¨rzt wer-
den. Betroffen sollten die Anspru¨che des Auftraggebers aus dem
zwischen ihm und dem Wirtschaftspru¨fer bestehenden Vertrags-
verha¨ltnis sein
4
.
Anwendung des § 51a WPO a. F. auf Schadensersatzanspru¨che
wegen Verletzung drittschu¨tzender Pflichten aus einem Vertrag
mit einem Wirtschaftspru¨fer
24
I
(1)
Die Regelung ist nicht lediglich auf die unmittelbaren
Anspru¨che eines Auftraggebers gegen den Wirtschaftspru¨fer an-
zuwenden. Vielmehr erfasst sie auch Schadensersatzanspru¨che,
die auf die Verletzung drittschu¨tzender Pflichten aus einem Ver-
trag mit einem Wirtschaftspru¨fer gestu¨tzt werden
5
, in dem er
sich zu einer Leistung verpflichtet, die zum Berufsbild des Wirt-
schaftspru¨fers geho¨rt
6
. Zwar handelt es sich bei einem Anspruch
wegen der Verletzung von Pflichten aus einem Vertrag mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht um einen vertraglichen
Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz. Die Forderung
des Dritten wird aber aus den Vertragspflichten gegenu¨ber dem
Auftraggeber abgeleitet
7
. Der in die Schutzwirkungen einbezo-
gene Dritte kann zudem keine weitergehenden Rechte haben als
der Vertragspartner des Berufstra¨gers
8
. Vielmehr entspricht die
Gleichbehandlung des Dritten und des Vertragspartners des
Haftenden dem Zweck der besonderen Verja¨hrungsregelung.
Mittelverwendungskontrolle fa¨llt in den inhaltlichen Anwen-
dungsbereich des § 51a WPO
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I
(2)
Der Wirtschaftspru¨fer, der sich zur Mittelverwendungs-
kontrolle verpflichtet, fa¨llt in den inhaltlichen Anwendungs-
bereich des § 51a WPO, da diese Ta¨tigkeit seinem Berufsbild
zuzuordnen ist. Nach § 2 Abs. 1 WPO haben Wirtschaftspru¨fer
die berufliche Aufgabe, betriebswirtschaftliche Pru¨fungen, ins-
besondere solche von Jahresabschlu¨ssen wirtschaftlicher Unter-
nehmen, durchzufu¨hren und Besta¨tigungsvermerke u¨ber die
Vornahme und das Ergebnis solcher Pru¨fungen zu erteilen. Die-
se Aufgabe ist aber fu¨r das Berufsbild des Wirtschaftspru¨fers
nicht abschließend
9
. Auch eine nicht ausdru¨cklich aufgefu¨hrte
Ta¨tigkeit kann dem Berufsbild zugeordnet werden, wenn sie
nach dessen geschichtlicher Entwicklung und nach der Ver-
kehrsauffassung dazu geho¨rt
10
. Wird eine Ta¨tigkeit gerade ei-
nem Wirtschaftspru¨fer im Hinblick auf die berufsspezifische
Sachkunde und Erfahrung auf betriebswirtschaftlichem Gebiet
u¨bertragen, kann dies fu¨r eine entsprechende Qualifizierung
sprechen
11
. Bei Anlagemodellen wie dem vorliegenden kommt
der Funktion des Mittelverwendungskontrolleurs eine zentrale
Aufgabe zu. Dabei erzeugt deren Wahrnehmung durch einen
Wirtschaftspru¨fer vor allem im Hinblick auf dessen spezielle be-
triebswirtschaftliche Kenntnisse Vertrauen in die Seriosita¨t der
Anlage.
26
I
Gerade auch die Gestaltung der Mittelverwaltung durch die
hier maßgeblichen Mittelverwendungskontrollvertra¨ge ent-
spricht dem Berufsbild eines Wirtschaftspru¨fers. Gem. § 2 Abs.
3 WPO geho¨rt zu den Befugnissen des Wirtschaftspru¨fers auch,
1 Siehe dazu Senatsurteil vom 19. 11. 2009 – III ZR 180/08, BGHZ 183 S. 220,
Rdn. 12 ff.
2 BGBl. I S. 2258; nachfolgend § 51a WPO a. F.
3 BGBl. I S. 2446.
4 BT-Drucks. 7/2417 S. 21.
5 BGH-Urteil vom 8. 6. 2004 – X ZR 283/02, DB 2004 S. 2153 = NJW 2004 S.
3420 (3422); zum Anwaltsvertrag mit Schutzwirkung zugunsten eines Drit-
ten siehe
Chab
, in: Zugeho¨r/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Hand-
buch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rdn. 1323.
6 Vgl. dazu BGH-Urteil vom 11. 3. 1987 – IV ZR 290/85, BGHZ 100 S. 132
(134) = DB 1987 S. 1247 und vom 6. 11. 1980 – VII ZR 237/79, BGHZ 78 S.
335 (343) = DB 1981 S. 310.
7
Chab
, a.a.O. (Fn. 5), zur Anwendbarkeit des § 51b BRAO auf einen Anspruch
aus einem Anwaltsvertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
8 BGH-Urteil vom 15. 6. 1971 – VI ZR 262/69, BGHZ 56 S. 269 (272) = DB
1971 S. 1906 und vom 7. 11. 1960 – VII ZR 148/59, BGHZ 33 S. 247 (250) =
DB 1960 S. 1496;
Chab
, a.a.O. (Fn. 5).
9 Vgl. BGH vom 11. 3. 1987, a.a.O. (Fn. 6), BGHZ 100 S. 132 (135); vom 26. 2.
1981 – VII ZR 72/80, NJW 1981 S. 1518 (1519) und vom 6. 11. 1980, a.a.O.
(Fn. 6), NJW 1981 S. 401 (402 f.).
10 BGH vom 11. 3. 1987, a.a.O. (Fn. 6).
11 BGH vom 11. 3. 1987, a.a.O. (Fn. 6); vgl. auch vom 16. 1. 1986 – VII ZR
61/85, BGHZ 97 S. 21 (25) = DB 1986 S. 1009, bezogen auf die Anwendung
von § 68 StBerG auf Schadensersatzanspru¨che gegen Steuerberater wegen
der Verletzung von Treuhandvertra¨gen im Zusammenhang mit der Betei-
ligung an Bauherrenmodellen.
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Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013