DER BETRIEB 25 - page 54

Gesellschaftsvermo¨gen zu seinen Lasten zu erheben, oder Aus-
zahlungen in bestimmter Ho¨he zu verlangen, ohne diese (gesetz-
lich zula¨ssigen) Entnahmen der Gesellschaft spa¨ter erstatten zu
mu¨ssen
10
.
Der Verwendung des Begriffs „Darlehenskonto“ in § 11 Ziff. 3
Satz 1 des Gesellschaftsvertrags besagt nichts daru¨ber, dass die
Ausschu¨ttungen nur vorla¨ufige Zuweisungen an die Kommandi-
tisten sein sollen
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I
(2)
Aus der Verwendung des Begriffs „Darlehenskonto“ in
§ 11 Ziff. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags kann entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts gleichfalls nicht ohne Wei-
teres darauf geschlossen werden, dass auf diesem Konto Darle-
hensverbindlichkeiten i. S. des § 488 BGB gebucht werden.
Entsprechend legt auch die Verwendung des Begriffs der „Dar-
lehensverbindlichkeit“ in § 11 Ziff. 3 Satz 2 des Gesellschafts-
vertrags ein solches Versta¨ndnis nicht zwingend nahe. Im U¨ bri-
gen ließe auch die Annahme einer „Darlehensverbindlichkeit“
im schuldrechtlichen Sinne nicht den Schluss zu, dass es sich je-
denfalls um eine Forderung der Gesellschaft gegen den Gesell-
schafter handelt. Der vom Berufungsgericht allein am Wortlaut
orientierte Schluss ist fehlerhaft, weil er denkbare weitere Aus-
legungsmo¨glichkeiten außer Acht la¨sst.
Es ist durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags zu ermitteln,
welche zivilrechtliche Bedeutung die fu¨r die Gesellschafter ge-
fu¨hrten Konten haben
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I
Das Gesetz entha¨lt keine Regelungen daru¨ber, ob und ggf.
welche Konten fu¨r die Gesellschafter gefu¨hrt und wie diese be-
zeichnet werden. Die Gesellschafter ko¨nnen vielmehr frei daru¨-
ber bestimmen, in welcher Weise sie ihre Kapitalanteile sowie
die wechselseitigen Verbindlichkeiten und Forderungen auf
Konten verbuchen
11
. Die zivilrechtliche Bedeutung der Konten
richtet sich dabei nicht nach ihrer Bezeichnung. Fu¨hrt eine
Kommanditgesellschaft fu¨r die Kommanditisten mehrere Kon-
ten mit verschiedenen Bezeichnungen, ist zuna¨chst anhand des
Gesellschaftsvertrags zu ermitteln, welche zivilrechtliche Rechts-
natur diese Konten haben
12
; die vereinbarte Art der Fu¨hrung
und der Bezeichnung der Konten ist dabei lediglich als ein Ge-
sichtspunkt in die alle relevanten Umsta¨nde beru¨cksichtigende
Auslegung einzubeziehen.
Dem Gesellschaftsvertrag la¨sst sich hier eine eindeutige Be-
stimmung der Konten nicht entnehmen
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I
Eine eindeutige Bestimmung la¨sst sich insoweit dem Gesell-
schaftsvertrag im vorliegenden Fall nicht entnehmen. Der Ge-
sellschaftsvertrag entha¨lt keine abschließende Regelung daru¨ber,
welche Konten im Einzelnen gefu¨hrt werden und welche Bu-
chungen fu¨r die jeweiligen Konten vorgesehen sind. Das in § 11
Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags genannte Darlehenskonto wird
an anderer Stelle nicht mehr erwa¨hnt. In § 4 Ziff. 7 Satz 1 des
Gesellschaftsvertrags ist bestimmt, dass die Kapitalkonten fu¨r
die Einlage Festkonten sind. Bei der gesellschaftsvertraglichen
Gestaltung der Kontenfu¨hrung in Personenhandelsgesellschaf-
ten wird neben einem festen Kapitalkonto, auf dem die verein-
barte Einlage verbucht wird, regelma¨ßig ein weiteres, variables
Konto (gewo¨hnlich als Kapitalkonto II bezeichnet) gefu¨hrt, auf
dem Gewinnanteile, Verluste und Entnahmen gebucht werden.
Da bei dieser Form des Kapitalkontos II stehen gelassene Ge-
winne mit spa¨teren Verlusten verrechnet werden, wird insbeson-
dere im Hinblick auf die gesetzliche Regelung der Verlustvertei-
lung beim Kommanditisten (§ 167 Abs. 2 und 3 HGB) ha¨ufig
ein weiteres, als Darlehenskonto bezeichnetes variables Konto
gefu¨hrt, auf dem entnahmefa¨hige Gewinne, sonstige Einlagen
und Entnahmen gebucht werden; dieses Darlehenskonto stellt
ein Forderungskonto dar, das, wenn es nicht u¨berzogen wird,
eine Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft aus-
weist
13
. Das Kapitalkonto II erfasst dann nur noch die nicht ent-
nahmefa¨higen Gewinne sowie die Verluste.
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I
U¨ ber die Buchung der Ausschu¨ttungen auf dem Darlehens-
konto sowie u¨ber die Fu¨hrung sonstiger variabler Konten neben
den festen Kapitalkonten fu¨r die Einlage (§ 4 Ziff. 7) entha¨lt der
Gesellschaftsvertrag keine Regelungen. Dass die Ausschu¨ttun-
gen nach § 11 Ziff. 3 Satz 1 „auf Darlehenskonto gebucht“ wer-
den, besagt nichts daru¨ber, ob sie a¨hnlich wie entnahmefa¨hige
Gewinne als dem Kommanditisten endgu¨ltig verbleibende oder
als nur vorla¨ufige Zuweisungen aus dem Gesellschaftsvermo¨gen
wie etwa Vorschu¨sse auf ku¨nftige Gewinngutschriften gebucht
werden sollen. Eine Ausschu¨ttung, die dem Kommanditisten
unentziehbar verbleiben soll, ist, wenn es sich um ein Darlehens-
konto handeln sollte, das entnahmefa¨hige Zuweisungen an den
Kommanditisten und dessen Entnahmen ausweist, so zu bu-
chen, dass dieses Konto nach der Buchung der (gem. § 11
Ziff. 3 bei entsprechender Liquidita¨tslage beschlossenen) Aus-
schu¨ttung im Haben eine entsprechende Forderung des Kom-
manditisten gegen die Gesellschaft ausweist, die erlischt, wenn
der ausgeschu¨ttete Betrag an den Kommanditisten gezahlt und
diese Zahlung als Entnahme im Soll gebucht wird. Eine Ver-
bindlichkeit zugunsten der Gesellschaft wird insoweit nicht ge-
bildet. Vielmehr weist die Buchung der Ausschu¨ttung im Haben
des Darlehenskontos gerade eine Verbindlichkeit des Komman-
ditisten gegen die Gesellschaft aus.
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I
Dass die Buchung im vorliegenden Fall dagegen in der Wei-
se zu erfolgen hat, dass das Darlehenskonto letztlich ein Debet
und einen dementsprechenden Anspruch der Gesellschaft gegen
den Kommanditisten ausweist, la¨sst sich auch nicht aus dem Zu-
sammenhang von Satz 1 und Satz 2 des § 11 Ziff. 3 des Gesell-
schaftsvertrags mit der erforderlichen Klarheit entnehmen. Das
wa¨re nur der Fall, wenn die Regelung in Satz 2, dass fu¨r den Ge-
sellschafter, der im Hinblick auf das Wiederaufleben der (Au-
ßen)Haftung auf die Entnahme verzichtet, die Bildung einer
Darlehensverbindlichkeit entfa¨llt, mit dem Berufungsgericht da-
hin verstanden werden mu¨sste, dass mit Darlehensverbindlich-
keit hier nur die Bildung einer Verbindlichkeit zugunsten der
Gesellschaft gemeint sein kann. Davon kann jedoch nicht aus-
gegangen werden. Die Regelung in § 11 Ziff. 3 Satz 2 des Ge-
sellschaftsvertrags kann vielmehr auch dahin verstanden werden,
dass hier die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit zugunsten
des Gesellschafters angesprochen ist. § 11 Ziff. 3 Satz 2 Hs. 1
ermo¨glicht es dem Gesellschafter fu¨r den Fall, dass ihm eine
Ausschu¨ttung nach Satz 1 zusteht, im Hinblick auf das (mo¨gli-
che) Wiederaufleben der Außenhaftung „auf diese Entnahme“
zu verzichten. Ein solcher Verzicht auf die Entnahme ko¨nnte als
ein bloßes Stehenlassen des dem Gesellschafter nach Satz 1 zu-
stehenden Ausschu¨ttungsbetrags auf dem Darlehenskonto ver-
standen werden mit der Folge, dass das Darlehenskonto ein ent-
sprechendes Haben zugunsten des Gesellschafters und demge-
10 Vgl.
Ehricke
, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 122
Rdn. 4.
11
v. Falkenhausen/Schneider
, in: Mu¨nch Hdb GesR, Bd. 2, 3. Aufl., § 22
Rdn. 34 f.
12 Vgl. BFH-Urteil vom 15. 5. 2008 – IV R 46/05, BFHE 221 S. 162 = DB 2008
S. 1834, Rdn. 42, m. w. N.
13 Vgl. BFH-Urteil vom 16. 10. 2008 – IV R 98/06, BFHE 223 S. 149 = DB 2009
S. 429, Rdn. 40 ff., m. w. N.
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Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
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