Elektro Praktiker - Sonderheft Blitz- und Überspannungsschutz - page 38

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– Sonderheft
BLITZSCHUTZMAßNAHMEN
G. K. Wolff;
Blomberg
In den letzten Jahren nimmt die
Sensibilität für den Blitz- und Über-
spannungsschutz in allen Bereichen
technischer Anlagen zu. Die in den
nationalen und internationalen
Normungswerken publizierten
Erkenntnisse fließen sukzessive in
die Regelwerke ein. So finden sich
auch in den Richtlinien der Deut-
schen Bahn Handlungshinweise,
die diese Thematik aufgreifen.
Auswirkungen von Gewittern sol-
len den Betriebsablauf möglichst
nicht beeinträchtigen. Fahrpläne im
Güter- und Personenverkehr sollen
zuverlässig eingehalten werden.
Betriebliche Störungen, die durch
Blitzbeeinflussungen verursacht
werden, gilt es daher zu minimieren.
1 Normen und
Richtlinien
Hinweise zu Blitz- und Überspannungs-
Schutzmaßnahmen für elektronische
Stellwerke – ESTW (Bild
™
) enthält die
DB-Richtlinie 819.0808 (Blitz- und Über-
spannungsschutz von Leit-, Signal- und
Telekommunikationstechnik (LST)-Anla-
gen) [1] [2].
Dabei geht es darum, Bedien- und In-
standhaltungs-Personal vor den Gefah-
ren eines direkten Blitzschlags zu schützen
sowie den Anlagenschutz im Bedarfsfall
zu verbessern. Außerdem soll die Verfüg-
barkeit von Systemfunktionen gesteigert
werden.
Mit DIN VDE 0185-305:2011-10 (Blitz-
schutz) [3] steht in Deutschland ein Nor-
menwerk für Planung, Errichtung, Prü-
fung und Betrieb zur Verfügung. Neben
dem Risiko-Management als Basis für die
individuelle Gefährdungsbewertung
wird darin eine Schutzzonen-Einteilung
beschrieben. In diesen Bereichen oder
Schutzzonen können elektrische Betriebs-
mittel bestimmter Störfestigkeit arbeiten,
ohne durch andere Betriebsmittel in
dieser Schutzzone unzulässig beeinflusst
zu werden. Gleichermaßen ist eine un-
zulässige Beeinflussung dieser Betriebs-
mittel auszuschließen (Bild
š
).
Die Zuordnung spezieller Betriebsmittel
oder bestimmter Anlagenteile zu spezifi-
schen Schutzzonen wird in einschlägigen
Regelwerken der Deutschen Bahn unter
anderem aus Standardisierungsgründen
vorgegeben. Damit können Planer,
Errichter, Betreiber, Prüfer sowie weitere
Beteiligte übergreifend gemeinsame
Arbeitsgrundlagen nutzen.
Unabhängig von begleitenden Regel-
werken beschreibt DIN VDE 0185-305,
dass bei baulichen Anlagen mit äußerem
Blitzschutz grundsätzlich alle elektrisch
leitfähigen Systeme, die Gebäudegrenzen
durchschneiden, in den BIitzschutz-
Potentialausgleich einzubeziehen sind.
Dies gilt für passive wie auch für aktive
Systeme. Besonders die Berücksichtigung
™
Wo früher Weichen und Signale mittels Drahtzügen gestellt wurden, hat längst
die Elektronik Einzug gehalten
Quellen: 1, 3, 4; Phoenix Contact
Sicherheit für elektronische
Stellwerke
Isolationsfestigkeit
hat Grenzen
Mit lsolationsfestigkeiten von einigen
wenigen kV kann kein wirksamer
Schutz gegen Potentialdifferenzen im
zweistelligen kV-Bereich erreicht wer-
den, wie sie bei Blitzschlag auftreten.
EN 50124-1 [4] beschreibt Mindest-
Isolationsfestigkeiten für Betriebsmittel
innerhalb von Stellwerksgebäuden mit
2,2 kV als Basisisolierung und mit
3,6 kV als verstärkte Isolierung oder für
sicherheitsrelevante Trennstellen. Für
Betriebsmittel in Außenanlagen sind
3,1 kV oder 5 kV genannt.
Bis zu diesen Festigkeitswerten ist kein
Isolationszusammenbruch zu erwar-
ten – bei ordnungsgemäßer Errichtung,
Prüfung und Wartung. Doch führen
systembedingt aus weitläufig verzweig-
ten Systemkomponenten galvanisch
herangeführte ferne Potentiale zur
Überlastung der Festigkeiten und damit
zu Hardware-Defekten bis hin zu Total-
ausfällen von ESTW. Sind Systeme der
Niederspannungsanlage betroffen, be-
steht zusätzlich das Risiko von Störlicht-
bogenzündungen [5].
Autor
Dipl.-Ing.
Gerhard K.Wolff;
Senior Manager
Surge Protection, Phoenix Contact GmbH
& Co. KG, Blomberg.
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