3. Neue Haftungsprivilegierung fu¨r Vereinsmitglieder
(§ 31b BGB)
Die bereits im Regierungsentwurf vom 24. 10. 2012 vorgesehene
neue Haftungsprivilegierung fu¨r ehrenamtlich in Angelegenhei-
ten des Vereins ta¨tige Mitglieder nach § 31b EStG, die der Haf-
tungsprivilegierung fu¨r Organmitglieder und besondere Vertre-
ter nachgebildet ist, hat der Finanzausschuss lediglich um eine
entsprechende Anwendung der Beweislastregelung des § 31a
Abs. 1 Satz 3 BGB erga¨nzt (§ 31b Abs. 1 Satz 2 BGB). Die –
mangels Erwa¨hnung des § 31b BGB in § 40 BGB zwingende –
Haftungsprivilegierung fu¨r Mitglieder nach § 31b BGB lo¨st die
vom BGH entwickelte Haftungsbeschra¨nkung nach den Grund-
sa¨tzen u¨ber die Haftung von Arbeitnehmern
42
ab. Letztere kann
aber von Bedeutung bleiben, wenn die Vergu¨tungsgrenzen des
§ 31b BGB u¨berschritten sind oder die Ta¨tigkeit des Vereins-
mitglieds aus anderen Gru¨nden nicht den Charakter einer „eh-
renamtlichen“ Ta¨tigkeit hat
43
.
4. Zula¨ssigkeit von Verbrauchsstiftungen (§§ 80 Abs. 2, 81
Abs. 1 BGB)
In der Stellungnahme des Bundesrates
44
und den Beratungen
des Finanzausschusses
45
hat die Problematik der Verbrauchsstif-
tung einen großen Raum eingenommen. Nach Ansicht des Bun-
desrates war „kein Grund ersichtlich, ohne Not den Wesens-
gehalt des Instituts der selbststa¨ndigen Stiftungen bu¨rgerlichen
Rechts aufzuweichen, die La¨nder mit zusa¨tzlichen Personalkos-
ten zu belasten und sie vor kaum lo¨sbare Vollzugsprobleme zu
stellen“
46
. Am Ende hat der Bundesrat gleichwohl dem Gesetz
zugestimmt, allerdings hatte der Finanzausschuss zuvor die be-
treffenden Regelungen noch einmal u¨berarbeitet. Nunmehr wird
§ 80 Abs. 2 BGB um folgenden Satz erga¨nzt:
„Bei einer Stiftung,
die fu¨ r eine bestimmte Zeit errichtet und deren Vermo¨gen fu¨ r die
Zweckverfolgung verbraucht werden soll (Verbrauchsstiftung), er-
scheint die dauernde Erfu¨ llung des Stiftungszwecks gesichert, wenn
die Stiftung fu¨ r einen im Stiftungsgescha¨ft festgelegten Zeitraum be-
stehen soll, der mindestens zehn Jahre umfasst.“
Ferner ist in § 81 Abs. 1 Satz 2 BGB ein entsprechender Zu-
satz des Inhalts aufgenommen worden, dass die Vermo¨genswid-
mung auch „zum Verbrauch“ bestimmt werden kann. Im Ergeb-
nis hat der Gesetzgeber damit die – schon bisher von der ganz
h. M. angenommene
47
– Zula¨ssigkeit von Verbrauchsstiftungen
im Allgemeinen besta¨tigt und die Voraussetzungen einer Aner-
kennung von rechtsfa¨higen Verbrauchsstiftungen im Besonderen
pra¨zisiert. Ungeachtet der etwas sperrigen Formulierung in § 80
Abs. 2 Satz 2 BGB wird man verlangen mu¨ssen, dass auch eine
Verbrauchsstiftung u¨ber einen Zeitraum von mindestens zehn
Jahren tatsa¨chlich „lebt“, d. h. ihren Stiftungszweck insoweit er-
fu¨llen kann. Die Stiftungssatzung muss dazu die „Zeitstruktur“
48
der Verbrauchsstiftung so pra¨zise vorgeben, dass die Anerken-
nungsbeho¨rde pru¨fen kann, ob unter Beru¨cksichtigung des An-
fangsvermo¨gens eine „dauernde“ Erfu¨llung der Stiftungszwecke
u¨ber mindestens zehn Jahre gewa¨hrleistet ist. Dies kann z. B. in
Form einer linearen (Bsp.: „Der Vorstand soll jedes Jahr 8% des
Anfangsvermo¨gens zur Verwirklichung der satzungsma¨ßigen
Zwecke verbrauchen“) oder einer degressiven Verbrauchsklausel
(Bsp.: „Jedes Jahr sollen 15% des noch vorhandenen Vermo¨gens
verbraucht werden“) geschehen. Unzula¨ssig wa¨re es hingegen,
wenn die Stiftung im ersten Jahr nach der Gru¨ndung 90% ihres
Vermo¨gens fu¨r satzungsma¨ßige Zwecke verbrauchen und an-
schließend noch weitere neun Jahre ohne nennenswerte Aktivi-
ta¨ten bestehen bleiben soll.
Man wird abwarten mu¨ssen, ob von der Verbrauchsstiftung –
wie einzelne Bundesla¨nder offenbar befu¨rchten – tatsa¨chlich eine
„Gefahr“ fu¨r das Stiftungswesen ausgeht oder die Anerken-
nungsbeho¨rden mit der Verwaltung zahlreicher neuer Ver-
brauchsstiftungen belastet werden. Denkbar erscheint auch ein
anderes Szenario. So ko¨nnten die Stiftungsbeho¨rden die A¨ nde-
rung des § 80 Abs. 2 BGB zum Anlass nehmen, sich endlich
von der bisher recht großzu¨gigen Anerkennungspraxis bei
„Kleinststiftungen“ zu verabschieden. Wer eine rechtsfa¨hige Stif-
tung errichten will, die „auf ewig“ bestehen soll, aber nicht bereit
oder in der Lage ist, die fu¨r dieses Unterfangen erforderlichen
Vermo¨genswerte von mindestens 1–2 Mio. € bereitzustellen,
ko¨nnte ku¨nftig von den Beho¨rden auf die Mo¨glichkeit einer
Verbrauchsstiftung (oder einer nicht rechtsfa¨higen Stiftung)
49
verwiesen werden. Eine strengere Anerkennungspraxis bei
rechtsfa¨higen Stiftungen ko¨nnte auch dazu fu¨hren, dass die Stif-
tungsbeho¨rden „leblose“ Kleinststiftungen, deren Vermo¨gen in
Zeiten abnehmender Zinsertra¨ge praktisch keine Ertra¨ge mehr
abwirft und bei denen nicht mit weiteren Zustiftungen seitens
des Stifters oder Dritter gerechnet werden kann, nach § 87 BGB
kraft hoheitlicher Befugnis mit anderen Kleinststiftungen zu-
sammenlegen oder in Verbrauchsstiftungen umwandeln
50
, wenn
dies die einzige Mo¨glichkeit darstellt, die dort noch gebundenen
(Rest-)Vermo¨genswerte sinnvoll zu nutzen. Um Missversta¨nd-
nisse zu vermeiden: Nicht jede Stiftung mit einem „kleinen“
Vermo¨gen ist inaktiv, denn viele kleine Stiftungen leben ohnehin
in erster Linie durch die (ehrenamtliche) aktive Mitarbeit der
Stiftungsinteressierten (Organmitglieder, Familie und Freunde
des Stifters, interessierte O¨ ffentlichkeit). Diese Bereitschaft zur
freiwilligen Mitarbeit stellt dann das eigentliche „Asset“ einer
Stiftung dar und rechtfertigt auch ihren Bestand. Diese Zusam-
menha¨nge werden besonders deutlich, wenn man bei kleinen
Stiftungen den (fiktiven) wirtschaftlichen Wert der ehrenamtli-
chen Mitarbeit kapitalisiert und mit dem Stiftungsvermo¨gen ver-
gleicht. Wenn sich aber eine Stiftung nach dem Willen des Stif-
ters hauptsa¨chlich aus dem Stiftungsvermo¨gen finanzieren soll,
ist eine Verbrauchsstiftung bei „kleinen“ Stiftungskapitalien eine
sinnvolle Alternative zur „ewigen“, aber mangels ausreichender
Ertra¨ge praktisch lebensunfa¨higen Stiftung. Die Leistungskraft
des deutschen Stiftungswesens lebt weniger von der Zahl der
Stiftungen, sondern von der Ho¨he des langfristig gebundenen
Stiftungskapitals.
V. Sonstiges
1. Firma der gGmbH
Das Ehrenamtssta¨rkungsgesetz erlaubt den vielen Tausend ge-
meinnu¨tzigen KapGes. in Deutschland eine Firmierung als
„gGmbH“ und korrigiert damit die gegenteilige Rspr. des OLG
Mu¨nchen
51
. Damit wird eine gelebte Praxis gesetzlich verankert.
42 BGH-Urteil vom 5. 12. 1983 – II ZR 252/82, BGHZ 89 S. 153.
43 Vgl. dazu BT-Drucks. 17/11316, DB0541156, S. 24 f.
44 BR-Drucks. 663/1/12, , DB0560990,S. 18 ff.
45 BT-Drucks. 17/12123, DB0585382, S. 21 und 23.
46 BR-Drucks. 663/1/12, DB0560990, S. 18.
47 Vgl. nur Staudinger-
Hu¨ttemann/Rawert
, a.a.O. (Fn. 18 ), § 81 Rdn. 57,
m. w. N.
48 Dazu
Hu¨ttemann
, in: Hu¨ttemann/Richter/Weitemeyer, Landesstiftungsrecht,
2011, Rdn. 13.9 ff.
49 Vgl. zu nichtrechtsfa¨higen Stiftungen die Beitra¨ge im Sammelband: Die
Treuhandstiftung – ein Traditionsmodell mit Zukunft, Deutsches Stiftungs-
Zentrum (Hrsg.), 2012.
50 Dazu
Lutter
, Non Profit Law Yearbook 2004, S. 43, 53 f.; Staudinger-
Hu¨tte-
mann/Rawert
, a.a.O. (Fn. 18 ), § 81 Rdn. 58.
51 OLG Mu¨nchen, Beschluss vom 13. 12. 2006 – 31 Wx 84/06, GmbHR 2007
S. 267.
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