Prof. Dr. Rainer Hu¨ttemann, Bonn
Das Gesetz zur Sta¨rkung des Ehrenamts
u
DB0585374
I. Einleitung
Am 28. 3. 2013 ist das „Gesetz zur Sta¨rkung des Ehrenamts“
im BGBl. vero¨ffentlicht worden
1
. Das Gesetz geht auf den
Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Entbu¨rokratisierung des
Gemeinnu¨tzigkeitsrechts“ zuru¨ck, den die Bundesregierung am
24. 10. 2012 verabschiedet hatte
2
. Dieses sog. Ehrenamtspaket
hat im Finanzausschuss nicht nur einen „neuen Namen“ erhal-
ten
3
, sondern ist – auch unter dem Eindruck der kritischen
Stellungnahme des Bundesrats
4
– noch in einigen Punkten ge-
genu¨ber dem Entwurf der Bundesregierung gea¨ndert worden
5
.
Das Gesetz beschra¨nkt sich – anders als seine Vorla¨ufer aus
den Jahren 2000
6
und 2007
7
– nicht auf A¨ nderungen des Ge-
meinnu¨tzigkeits- und Spendenrechts, sondern entha¨lt auch
vereins- und stiftungsrechtliche Neuregelungen. Der nachfol-
gende Beitrag stellt – erga¨nzend zu einem fru¨heren Beitrag
zum Regierungsentwurf
8
– die einzelnen A¨ nderungen dar und
geht insbesondere auf Abweichungen vom Regierungsentwurf
ein.
II. Gemeinnu¨tzigkeitsrecht
1. Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedu¨rftigkeit (§ 53
Nr. 2 AO)
Wie bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen,
sind ku¨nftig bei der Feststellung einer „wirtschaftlichen Hilfebe-
du¨rftigkeit“ i. S. von § 53 Nr. 2 AO nur „tatsa¨chlich gezahlte
und empfangene Unterhaltsleistungen“ zu beru¨cksichtigen. Fer-
ner wird nunmehr – wie bereits im BMF-Schreiben vom 15. 8.
2012
9
vorgesehen – bei Empfa¨ngern bestimmter Sozialleistun-
gen (z. B. § 27a BVersG oder § 6a BKinderGG) gesetzlich ver-
mutet, dass diese wirtschaftlich hilfebedu¨rftig sind
10
. Auf Vor-
schlag des Bundesrates
11
ist diesen Erleichterungen in § 53
Nr. 2 Satz 8 AO nun noch eine weitere sinnvolle Vereinfachung
hinzugefu¨gt worden. Auf Antrag der Ko¨rperschaft kann ku¨nftig
auf einen Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedu¨rftigkeit ver-
zichtet werden,
„wenn aufgrund der besonderen Art der gewa¨hrten
Unterstu¨ tzungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich
hilfebedu¨ rftige Personen im vorstehenden Sinne unterstu¨ tzt werden;
fu¨ r den Bescheid u¨ ber den Nachweisverzicht gilt § 60a Abs. 3 bis 5
AO entsprechend.“
Mit dieser Regelung soll Einrichtungen, die z. B. Essen oder
Kleidung an wirtschaftlich Bedu¨rftige abgeben (man denke an
eine Tafel oder eine Kleiderkammer), der Nachweis der mildta¨ti-
gen Zweckverfolgung erleichtert werden
12
. Sie mu¨ssen nicht la¨n-
ger fu¨r sa¨mtliche Leistungsempfa¨nger – wie es der neue AEAO
eigentlich fordert
13
– die Einkommens- und Vermo¨genssituation
pru¨fen, sondern die Finanzverwaltung besta¨tigt diesen Einrich-
tungen ku¨nftig anhand der besonderen Art der gewa¨hrten Leis-
tungen, dass es sich bei der Tafel oder Kleiderkammer um eine
mildta¨tige Maßnahme handelt. Zwar verlangt das Gesetz, dass
„sichergestellt“ ist, dass nur bedu¨rftige Personen unterstu¨tzt wer-
den. Damit aber der vom Gesetzgeber erstrebte Bu¨rokratieabbau
in der Praxis auch tatsa¨chlich erreicht wird, du¨rfen die Anfor-
derungen an eine „Sicherstellung“ nicht u¨berzogen werden. Es
muss daher ausreichen, wenn nach der Art der Unterstu¨tzungs-
leistung (und dazu wird man neben der Qualita¨t der Leistung
sicher auch die tatsa¨chlichen Umsta¨nde der Leistungsgewa¨hrung
und das o¨rtliche Umfeld der Einrichtung rechnen mu¨ssen) bei
einer Beurteilung ex ante davon auszugehen ist, dass lediglich
wirtschaftlich Bedu¨rftige die Unterstu¨tzungsleistungen der Ko¨r-
perschaft nachfragen werden
14
. Fu¨r den auf Antrag der Ko¨rper-
schaft daru¨ber ausgestellten Bescheid gilt § 60a Abs. 3–5 AO
entsprechend. Der Bescheid entfaltet also nur so lange Bin-
dungswirkung, wie sich das tatsa¨chliche Leistungsangebot ge-
genu¨ber der Sachlage bei Beurteilung durch das FA nicht we-
sentlich vera¨ndert hat.
2. Frist zur zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5
Satz 3 AO)
Abweichend vom bisherigen Recht ist die Frist fu¨r die zeitnahe
Mittelverwendung von einem auf zwei Jahre verla¨ngert worden
(§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO). Eine Zuwendung, die am 1. 5.
2013 empfangen wird, muss also erst bis zum 31. 12. 2015 ver-
wendet werden. Zwar gilt die Verla¨ngerung der Mittelverwen-
dungsfrist erst ab dem 1. 1. 2013 (vgl. unter V. 3.), wirkt sich
aber zwangsla¨ufig auch auf Mittel aus, die bereits in 2012 zuge-
flossen, aber am 1. 1. 2013 noch im Mittelvortrag vorhanden
sind.
3. Ausnahme vom Endowmentverbot (§ 58 Nr. 3 AO)
Bisher war es steuerbegu¨nstigten Ko¨rperschaften im Grundsatz
untersagt, zeitnah zu verwendende Mittel zur Ausstattung einer
anderen Ko¨rperschaft mit Vermo¨gen (§ 58 Nr. 11 AO) zu ver-
wenden
15
. Dieses sog. Endowmentverbot ist in den Beratungen
des Finanzausschusses nun deutlich eingeschra¨nkt worden
16
.
Nach § 58 Nr. 3 AO ist es ku¨nftig zula¨ssig, dass eine Ko¨rper-
Prof. Dr. Rainer Hu¨ttemann
ist gescha¨ftsfu¨hrender Direktor des
Instituts fu¨r Steuerrecht der Universita¨t Bonn.
1 BGBl. I 2013 S. 556 vom 28. 3. 2013; dazu auch
Schauhoff/Kirchhain
, FR
2013 S. 301.
2 Vgl. BT-Drucks. 17/11632 vom 26. 11. 2012, DB0558207, und den inhalts-
gleichen Entwurf der Fraktionen von CDU/CSU und FDP vom 6. 11. 2012, BT-
Drucks. 17/11316, DB0541156.
3 Siehe dazu die Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses
vom 17. 1. 2013, BT-Drucks. 17/12123, DB0585382, S. 17.
4 BR-Drucks. 663/1/12 vom 3. 12. 2012, DB0560990.
5 Vgl. dazu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses
vom 17. 1. 2013, BT-Drucks. 17/12123, DB0585382.
6 Gesetz zur weiteren Fo¨rderung von Stiftungen vom 14. 7. 2000, BGBl. I 2000
S. 1034; dazu
Hu¨ttemann
, DB 2000 S. 1584.
7 Gesetz zur weiteren Sta¨rkung des bu¨rgerschaftlichen Engagements vom
10. 10. 2007, BGBl. I 2007 S. 2332; dazu
Hu¨ttemann
, DB 2007 S. 2053.
8
Hu¨ttemann
, DB 2012 S. 2592; zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vgl.
auch
Richter/Gollan
, npoR 2012 S. 186;
Schauhoff
, npoR 2012 S. 190;
Spie-
gel
, Stiftung & Sponsoring 5/2012 S. 28.
9 BMF-Schreiben vom 15. 8. 2012, BStBl. I 2012 S. 850 = DB0488593.
10 Vgl.
Hu¨ttemann
, DB 2012 S. 2592.
11 Vgl. BR-Drucks. 663/1/12, DB0560990, S. 3.
12 Vgl. dazu die Begru¨ndung des Finanzausschusses, BT-Drucks. 17/12123,
DB0585382, S. 22: „Entlastung von u¨berflu¨ssiger Bu¨rokratie“.
13 Vgl. AEAO Tz. 10 zu § 53 AO.
14 Fu¨r eine einschra¨nkende Auslegung auch
Schauhoff/Kirchhain
, FR 2013
S. 302.
15 Eine (scheinbare) Ausnahme bestand nach AEAO Tz. 26 zu § 55 Abs. 1 Nr. 5
AO fu¨r den Fall, dass die Empfa¨ngerko¨rperschaft die Mittel ihrerseits zeitnah
zur Bildung nutzungsgebundenen Vermo¨gens, z. B. fu¨r die Errichtung eines
Altersheims verwendet.
16 Vgl. dazu BT-Drucks. 17/12123, DB0585382, S. 22.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013