2. Sozialrechtliche Folgea¨nderungen
Die Anhebung des U¨ bungsleiterfreibetrags nach § 3 Nr. 26
EStG hat verschiedene sozialrechtliche Folgea¨nderungen erfor-
derlich gemacht. So sind die Absetzbetra¨ge nach § 11b Abs. 2
Satz 3 SGB II, § 82 Abs. 3 Satz 4 SGB XII und nach § 1
Abs. 7 Satz 1 der ALG II/Sozialgeld-VO von 175 € im Monat
auf 200 € angehoben worden. Ferner steigt der Absetzbetrag
nach § 1 Abs. 7 Satz 2 ALG II/Sozialgeld-VO von 115 € auf
140 €.
3. Inkrafttreten
Der Finanzausschuss hat die Regelungen betreffend das Inkraft-
treten in Art. 12 noch einmal u¨berarbeitet. Es ist aber dabei ge-
blieben, dass das Ehrenamtssta¨rkungsgesetz grds. ru¨ckwirkend
zum 1. 1. 2013 in Kraft tritt. Davon gibt es aber drei Ausnah-
men:
– Die A¨ nderungen der §§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3, 60a, 63 AO,
§ 50 EStDV, §§ 31a, 31b, 80, 81 BGB und § 4 GmbHG
treten am Tag nach der Verku¨ndung in Kraft.
– Die A¨ nderungen der §§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1, 58, 62 AO
treten am 1. 1. 2014 in Kraft.
– Der Satzungsvorbehalt fu¨r Vergu¨tungen nach § 27 Abs. 3
BGB tritt erst am 1. 1. 2015 in Kraft.
Diese etwas verwirrenden unterschiedlichen Zeitpunkte fu¨r das
Inkrafttreten sind dem Umstand geschuldet, dass das Ehren-
amtssta¨rkungsgesetz erst im Ma¨rz 2013 verabschiedet worden
ist, die Politik aber den Verba¨nden eine „ru¨ckwirkende“ Anhe-
bung der Freibetra¨ge zum 1. 1. 2013 in Aussicht gestellt hatte.
Durch das Scheitern des JStG 2013 im Bundesrat ist diese gute
Absicht sogar noch „u¨bererfu¨llt“ worden. Denn die Verfasser des
Ehrenamtssta¨rkungsgesetzes hatten mit Ru¨cksicht auf die im
JStG 2013 vorgesehene A¨ nderung des § 52 Abs. 1 EStG – an-
ders als bei den spendenrechtlichen A¨ nderungen des KStG und
des GewStG
52
– auf eine eigensta¨ndige Regelung zum Inkraft-
treten der A¨ nderungen in §§ 3 Nr. 26 und 26a, 10b EStG im
Ehrenamtssta¨rkungsgesetz verzichtet. Da die „geltende Fassung“
des EStG aber nach dem gegenwa¨rtigen Wortlaut des § 52
Abs. 1 EStG erstmals fu¨r den Vz. 2012 anzuwenden ist, hat der
Gesetzgeber die Freibetra¨ge nach § 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG
(unbeabsichtigt) ru¨ckwirkend zum 1. 1. 2012 angehoben (das
Gleiche gilt auch fu¨r die Verdoppelung des Abzugsbetrags nach
§ 10b Abs. 1a EStG). Man wird erwarten du¨rfen, dass der Ge-
setzgeber dieses verunglu¨ckte Wahlgeschenk noch vor der Som-
merpause durch eine ru¨ckwirkende A¨ nderung des § 52 Abs. 1
EStG, wie sie etwa im Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung
der Amtshilfe-Richtlinie vorgesehen ist
53
, wieder „einkassieren“
wird. Dies wa¨re zwar in der Terminologie des BVerfG eine
„echte“ Ru¨ckwirkung (Ru¨ckbewirkung von Rechtsfolgen), die
grds. gegen das Rechtsstaatsverbot des Art. 20 GG versto¨ßt und
daher unzula¨ssig wa¨re
54
. Im vorliegenden Zusammenhang be-
steht aber die Besonderheit, dass wegen der klaren Inkrafttre-
tensregelung in Art. 12 Abs. 1 Ehrenamtssta¨rkungsgesetz zu
keinem Zeitpunkt ein begru¨ndetes Vertrauen der Stpfl. auf die
Geltung der ho¨heren Freibetra¨ge ab dem 1. 1. 2012 bestanden
hat
55
.
Nicht recht zu Ende gedacht ist die relativ lange U¨ bergangs-
regelung fu¨r den Satzungsvorbehalt nach § 27 Abs. 3 BGB. Da-
mit wollte der Finanzausschuss „Vereinen und Stiftungen, die
ihren Vorstandsmitgliedern eine Vergu¨tung gewa¨hren wollen,
aber deren Satzung die Vergu¨tungsmo¨glichkeit noch nicht vor-
sieht“, mehr Zeit fu¨r eine entsprechende Satzungsa¨nderung ge-
ben
56
. Diese Absicht verdient grds. Zustimmung, passt aber
nicht recht zur Begru¨ndung der Bundesregierung, wonach die
A¨ nderung des § 27 Abs. 3 BGB lediglich klarstellenden Charak-
ter habe. Wenn man beru¨cksichtigt, dass z. B. die von der Fi-
nanzverwaltung – zuletzt im BMF-Schreiben vom 14. 9. 2009
57
– gesetzte U¨ bergangsfrist fu¨r Satzungsa¨nderungen bis zum
31. 12. 2010 la¨ngst abgelaufen ist, fragt sich der Rechtsanwen-
der, was denn nun gemeinnu¨tzigkeitsrechtlich bis zum Inkraft-
treten des § 27 Abs. 3 BGB gilt. Richtigerweise wird man aus
Art. 12 Abs. 3 Ehrenamtssta¨rkungsgesetz schließen du¨rfen, dass
die Zahlung von Organvergu¨tungen an Vorstandsmitglieder von
Vereinen und Stiftungen trotz Fehlens einer Satzungsregelung
bis zum 31. 12. 2014 weder zivilrechtlich noch gemeinnu¨tzig-
keitsrechtlich beanstandet werden darf. Die Finanzverwaltung
ist deshalb aufgefordert, die verschiedenen BMF-Schreiben zu
diesem Thema
58
aufzuheben, um weitere Missversta¨ndnisse zu
vermeiden. Besonders interessant wird es natu¨rlich in den Fa¨llen,
in denen einem Verein (im Lichte des Ehrenamtssta¨rkungs-
gesetz betrachtet zu Unrecht) bereits die Gemeinnu¨tzigkeit we-
gen fehlender Satzungsbestimmung versagt worden ist.
VI. Zusammenfassung und Ausblick
Das Ehrenamtssta¨rkungsgesetz entha¨lt zahlreiche sinnvolle
Rechtsa¨nderungen, aber es wird sicher nicht die letzte Reform
des Rechts des Dritten Sektors sein. Die unterschiedlichen poli-
tischen Erwartungen an eine „gro¨ßere“ Reform haben auch dazu
beigetragen, dass am Ende eine einvernehmliche fraktionsu¨ber-
greifende Lo¨sung im Finanzausschuss gescheitert ist. So steht zu
erwarten, dass z. B. die bedenkenswerten, aber mehrheitlich von
den Regierungsfraktionen abgelehnten A¨ nderungsvorschla¨ge der
SPD-Fraktion ebenso wie weitere nicht umgesetzte Reform-
u¨berlegungen aus dem Dritten Sektor in der na¨chsten Legislatur
wieder auf die Tagungsordnung kommen werden. Dies sehen
offenbar auch die Regierungsparteien nicht anders. Denn auch
aus ihrer Sicht – so heißt es im Bericht des Finanzausschusses –
„[. . .] sei klar, dass zur Sta¨rkung des bu¨rgerschaftlichen Engage-
ments fu¨r die Zukunft noch weiterer Gesetzgebungsbedarf be-
stehe“
59
. Es bleibt abzuwarten, ob man sich an diese Einsicht
auch noch nach der Wahl erinnern wird. Wichtiger fu¨r die Pra-
xis ist es aber, dass sich die Finanzverwaltung zeitnah mit den
A¨ nderungen bescha¨ftigt und mo¨glichst bald ein Anwendungs-
schreiben zum Ehrenamtssta¨rkungsgesetz herausgibt. Vordring-
licher Kla¨rungsbedarf besteht nicht nur in Hinsicht auf das neue
gesonderte Feststellungsverfahren, sondern auch in Bezug auf
die spendenrechtliche Behandlung von „Verbrauchsstiftungen“.
Redaktioneller Hinweis:
Zum Entwurf eines Gesetzes zur Entbu¨rokratisierung des Gemein-
nu¨tzigkeitsrechts vgl.
Hu¨ttemann
, DB 2012 S. 2592 =
DB0529543.
52 Insoweit entha¨lt das Ehrenamtssta¨rkungsgesetz in Art. 4 und 5 eigene A¨ n-
derungsvorschriften zu § 34 KStG bzw. § 36 GewStG.
53 Vgl. BT-Drucks. 17/12375 vom 19. 2. 2013, DB0578885, S. 9.
54 Vgl. zur Ru¨ckwirkungsdogmatik zuletzt BVerfG-Beschluss vom 7. 7. 2010 –
2 BvL 14/02 u. a., BVerfGE 127 S. 1 ff. = DB0363404.
55 In diesem Zusammenhang ist auch auf das BFH-Urteil vom 18. 10. 2012 –
VI R 65/10, DB 2013 S. 98 hinzuweisen.
56 BT-Drucks. 17/12123, DB0585382, S. 30.
57 BMF-Schreiben vom 14. 10. 2009, BStBl. I 2009 S. 1318 = DB 2009 S. 2352.
58 BMF-Schreiben vom 25. 11. 2008, BStBl. I 2008 S. 895 = DB 2008 S. 2730;
vom 9. 3. 2009, BStBl. I 2009 S. 445 = DB 2009 S. 595; vom 14. 10. 2009,
a.a.O. (Fn. 57); vom 28. 12. 2009, npoR 2010 S. 28; ferner auch
Hu¨ttemann
,
DB 2009 S. 1205.
59 BT-Drucks. 17/12123, DB0585382, S. 17.
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013
Steuerrecht
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