gefasst ist
18
. Es ist kein Grund ersichtlich, warum er sich nicht
darauf berufen ko¨nnen soll, dass ein nichtig gewa¨hltes Mitglied
mitgewirkt hat. Wenn ein Beschlussantrag nur aufgrund der
Mitwirkung eines solchen Nichtmitglieds abgelehnt worden ist,
kann daran sogar ein berechtigtes Interesse bestehen, etwa um
die Abberufung eines Vorstandsmitglieds aus wichtigem Grund
durchsetzen zu ko¨nnen.
Auswirkung auf die Vorstandsbestellung . . .,
24
I
Auch bei der Bestellung eines Vorstands fu¨hrt die Behand-
lung des Aufsichtsratsmitglieds, dessen Wahl nichtig ist oder er-
folgreich angefochten wird, als Nichtmitglied zu interessenge-
rechten Ergebnissen. Der Vorstand ist hinsichtlich seiner Ver-
gu¨tung und seiner Befugnis zur Gescha¨ftsfu¨hrung durch die
Grundsa¨tze u¨ber die fehlerhafte Bestellung geschu¨tzt. Der nach
der Aufdeckung der Nichtigkeit der Wahl rechtma¨ßig zusam-
mengesetzte Aufsichtsrat kann die fehlerhafte Bestellung besta¨ti-
gen, kann sie aber auch ebenso wie der Vorstand – beenden
19
.
Nach der Lehre vom faktischen Organ wa¨re die Bestellung des
Vorstands dagegen nicht fehlerhaft, sondern wirksam und ko¨nn-
te vom Aufsichtsrat nur aus wichtigem Grund widerrufen wer-
den (§ 84 Abs. 3 Satz 1 AktG). Es liegt im Interesse der Gesell-
schaft, an einem Vorstand, der durch einen nicht rechtma¨ßig,
z. B. lediglich von einer Minderheit gewa¨hlten Aufsichtsrat be-
stimmt worden ist, nicht auch noch festhalten zu mu¨ssen.
. . . die Beschlussfassung der Hauptversammlung im Hinblick
auf Beschlussvorlagen des Aufsichtsrats und . . .
25
I
(3)
Dort, wo das Vorliegen eines Aufsichtsratsbeschlusses wie
bei den Vorschla¨gen zur Beschlussfassung der Hauptversammlung
(§ 124 Abs. 3 Satz 1 AktG) Anknu¨pfungspunkt fu¨r eine Entschei-
dung der Hauptversammlung ist, ist der fehlerhafte Aufsichtsrats-
beschluss bei der ursa¨chlichenMitwirkung einesMitglieds, dessen
Wahl zum Aufsichtsrat angefochten, aber noch nicht fu¨r nichtig
erkla¨rt ist, trotz einer spa¨teren Nichtigerkla¨rung des Wahl-
beschlusses fu¨r die Entscheidung der Hauptversammlung nicht
relevant. Fehlt ein nach § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG notwendiger
Beschlussvorschlag, liegt ein Verfahrensfehler fu¨r die Entschei-
dung der Hauptversammlung vor, der zur Anfechtung fu¨hren
kann, wenn er relevant ist. Relevant ist der Beschlussvorschlag
eines nicht ordnungsgema¨ß besetzten Organs, weil damit ein Be-
kanntmachungsmangel vorliegt und Bekanntmachungsma¨ngel
nach der gesetzlichen Wertung fu¨r das Teilhaberecht des Aktio-
na¨rs grundsa¨tzlich von Bedeutung sind
20
. Im Zeitpunkt der Be-
schlussfassung durch den Aufsichtsrat ist ein Aufsichtsrat mit
einem anfechtbar gewa¨hlten Mitglied aber ordnungsgema¨ß be-
setzt, weil der Wahlbeschluss bis zur Nichtigerkla¨rung wirksam
ist und erst ru¨ckwirkend unwirksamwird. Der Aufsichtsrat konnte
zu diesem Zeitpunkt keinen Beschlussvorschlag in anderer, „rich-
tiger“ Besetzung machen. Eine Ru¨ckabwicklung nach der Nichti-
gerkla¨rung ist nicht nur unmo¨glich, sondern steht auch imGegen-
satz zu dem Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktiona¨re, eine
Hauptversammlung einberufen und dort wirksam Beschlu¨sse fas-
sen zu ko¨nnen
21
. Damit scheidet einMangel, der fu¨r das Teilhabe-
recht eines Aktiona¨rs von Bedeutung ist, aus. Entsprechendes gilt
dort, wo wie bei der satzungsgema¨ßen Bestimmung des Aufsichts-
ratsvorsitzenden zum Versammlungsleiter an die jeweils aktuelle
Funktion als Aufsichtsratsmitglied angeknu¨pft wird.
. . . die wirksame Feststellung des Jahresabschlusses
26
I
(4)
Fu¨r die Nichtigkeit des Jahresabschlusses bei einer fehler-
haften Mitwirkung des Aufsichtsrats bei der Feststellung des
Jahresabschlusses (§ 256 Abs. 2 AktG) entha¨lt § 256 Abs. 6
Satz 1 AktG eigene Regeln zum Schutz der Gesellschaft, die
nicht einfach u¨bergangen werden du¨rfen
22
, sofern die Mitwir-
kung eines lediglich anfechtbar gewa¨hlten Mitglieds, dessen
Wahl bis zur Nichtigerkla¨rung als wirksam zu behandeln ist,
u¨berhaupt als fehlerhafte Mitwirkung des Aufsichtsrats anzuse-
hen ist
23
.
Darlegungslast der Beklagten, dass Mitwirkung der ausgeschie-
denen Aufsichtsratsmitglieder fu¨r das Zustandekommen eines
Beschlusses ursa¨chlich war
27
I
b)
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht eine konkrete Dar-
legung und ggf. einen Beweis durch den Kla¨ger vermisst, dass
die Mitwirkung der ausgeschiedenen Aufsichtsratsmitglieder fu¨r
die Beschlussfa¨higkeit oder das Zustandekommen eines Be-
schlusses ursa¨chlich war. Die Darlegungslast liegt insoweit bei
der Beklagten.
28
I
aa)
Die Beweis- und Darlegungslast fu¨r die Prozessvorausset-
zungen und damit auch fu¨r das (fortbestehende) Rechtsschutz-
interesse liegt zwar grundsa¨tzlich beim Kla¨ger; die Pflicht, das
Vorliegen der Prozessvoraussetzungen vonAmts wegen zu pru¨fen,
a¨ndert daran nichts
24
. An dieser Darlegungs- und Beweislast a¨n-
dert sich nicht allein deshalb etwas, weil ein Anfechtungskla¨ger
i. d. R. ein Rechtsschutzinteresse fu¨r die Anfechtungsklage hat
und dieses hier durch die Ru¨cktritte nur entfallen ist, wenn die
Nichtigerkla¨rung oder die Nichtigkeitsfeststellung keine Auswir-
kungen auf Beschlu¨sse des Aufsichtsrats hat. Dabei handelt es sich
nicht um ein rechtshinderndes, rechtsvernichtendes oder rechts-
hemmendes Merkmal, fu¨r das der Gegner die Beweislast tra¨gt.
29
I
bb)
Die Beklagte trifft aber eine sekunda¨re Darlegungs- und
Beweislast imHinblick auf solche Umsta¨nde, die der Kla¨ger nicht
kennen kann. DiesenAnforderungen an ihre sekunda¨re Beweislast
ist die Beklagte bei den Ausschussbeschlu¨ssen nachgekommen,
nicht jedoch bei den Beschlu¨ssen des gesamten Aufsichtsrats.
Der Kla¨ger als Aktiona¨r kann das Abstimmungsverhalten imAuf-
sichtsrat nicht kennen, weil er nicht dessen Mitglied ist und damit
außerhalb des Geschehensablaufs steht. Dass er, wie das Beru-
fungsgericht ausgefu¨hrt hat, unter Zugriff auf allgemein zuga¨ng-
liche Quellen zumindest pauschal zu dem Bestehen eines Rechts-
schutzbedu¨rfnisses vortragen ko¨nne, welche Beschlu¨sse in welchen
Sitzungen u¨berhaupt gefa¨llt worden seien, genu¨gt nicht, um das
maßgebliche Abstimmungsverhalten im Aufsichtsrat zu kennen.
Abgesehen davon la¨sst sich dem Berufungsurteil auch nicht ent-
nehmen, aus welchen allgemein zuga¨nglichen Quellen der Kla¨ger
die Sitzungen des Aufsichtsrats und die dort zur Abstimmung ge-
langten Beschlu¨sse erfahren kann.
30
I
Der Beklagten ist die substanziierte Darlegung auch nicht
deshalb unmo¨glich, weil der Aufsichtsrat nach § 116 Satz 2
AktG zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Davon kann sich
der Aufsichtsrat befreien
25
. Die Offenbarung ist auch nicht un-
18 Vgl. BGH-Urteil vom 17. 7. 2012 – II ZR 55/11, DB 2012 S. 2036 = ZIP 2012
S. 1750, Rdn. 12.
19 Vgl. BGH-Urteil vom 6. 4. 1964 – II ZR 75/62, BGHZ 41 S. 282 (288) = DB
1964 S. 802.
20 BGH-Urteil vom 12. 11. 2001 – II ZR 225/99, BGHZ 149 S. 158 (164 f.) = DB
2002 S. 196.
21 Vgl.
E. Vetter
, ZIP 2012 S. 701 (708);
Marsch-Barner
, a.a.O. (Fn. 1), S. 1109
(1127).
22
E. Vetter
, ZIP 2012 S. 701 (710).
23 Verneinend
Ro¨like
, in: Spindler/Stilz, 2. Aufl., § 256 Rdn. 51;
Hu¨ffer
, a.a.O.
(Fn. 12), § 256 Rdn. 44.
24 Vgl.
Becker-Eberhard
, a.a.O. (Fn. 6), Vor §§ 253 ff. Rdn. 15;
Greger
, in: Zo¨ller,
ZPO, 29. Aufl., § 256 Rdn. 7 und 18 zum Feststellungsinteresse.
25 Vgl. BGH-Urteil vom 23. 4. 2012 – II ZR 163/10, BGHZ 193 S. 110 = DB 2012
S. 1499, Rdn. 40.
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013
Wirtschaftsrecht
809
1...,51,52,53,54,55,56,57,58,59,60 62,63,64,65,66,67,68,69,70,71,...94