zumutbar, wenn die Beklagte damit der Wahlanfechtung den
Boden entziehen will. Die Beklagte hat sich auf die Verschwie-
genheitspflicht hinsichtlich der Ausschu¨sse bisher u¨berhaupt
nicht, hinsichtlich des Gesamtaufsichtsrats jedenfalls mit einem
pauschalen Vortrag nur teilweise berufen.
31
I
III.
Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung
an das Berufungsgericht zuru¨ckzuverweisen, weil sie nicht zur
Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Da bisher keine
Feststellungen zu den vorgetragenen Beschlussma¨ngeln getroffen
sind, kann der Senat u¨ber die Begru¨ndetheit der Anfechtungs-
bzw. Nichtigkeitsklage nicht entscheiden. Im U¨ brigen muss die
Beklagte auch Gelegenheit erhalten, Einzelheiten zur Teilnahme
der Aufsichtsratsmitglieder an den Aufsichtsratssitzungen vor-
zutragen, nachdem dazu bisher keine Veranlassung bestand, da
das Berufungsgericht ihren Vortrag fu¨r ausreichend erachtet hat.
32
I
Fu¨r den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu dem Ergeb-
nis gelangt, dass das Rechtsschutzbedu¨rfnis entfallen ist, weist der
Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei eine
hilfsweise Erledigungserkla¨rung nicht fu¨r zula¨ssig erachtet hat
26
.
26 Vgl. BGH-Urteil vom 8. 2. 2011 – II ZR 206/08, DB0414116 = ZIP 2011
S. 637, Rdn. 22.
Insolvenzrecht
Zur Insolvenzanfechtung der Tilgung kurzfristiger,
fortlaufender U¨ berbru¨ckungskredite des Gesell-
schafters einer insolventen kommunalen GmbH
Anfechtung der Ru¨ckfu¨hrung eines Gesellschafterdarlehens
gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO – Anfechtungsrechtliche Gleich-
stellung der U¨ berbru¨ckungskredite mit Kontokorrentkredit –
U¨ bertragung der Grundsa¨tze zur Anfechtung von Saldoru¨ckfu¨h-
rungen im Rahmen eines Kontokorrentkredits – Zur gericht-
lichen Pru¨fung der Wirksamkeit eines Kommunaldarlehens
trotz bestandskra¨ftigen Versagungsbescheids der kommunalen
Aufsichtsbeho¨rde
InsO § 129 Abs. 1, § 135 Abs. 1 Nr. 2, § 143
Gewa¨hrt ein Gesellschafter seiner Gesellschaft fortlaufend
zur Vorfinanzierung der von ihr abzufu¨hrenden Sozialver-
sicherungsbeitra¨ge Kredite, die in der Art eines Kontokor-
rentkredits jeweils vor Erhalt des Nachfolgedarlehens mit
Hilfe o¨ffentlicher Beihilfen abgelo¨st werden, ist die Anfech-
tung wie bei einem Kontokorrentkredit auf die Verringerung
des Schuldsaldos im Anfechtungszeitraum beschra¨nkt.
BGB § 134
Kann ein entscheidungserhebliches Rechtsgescha¨ft infolge
Versagung einer beho¨rdlichen Genehmigung nichtig sein,
hat der ordentliche Richter selbststa¨ndig zu pru¨fen, ob das
von der Beho¨rde herangezogene gesetzliche Verbot mit Er-
laubnisvorbehalt im Anwendungsfall eingreift (im Anschluss
an BGH-Urteil vom 4. 2. 2004 – XII ZR 301/01, BGHZ 158
S. 19 = DB0046158).
BGH-Urteil vom 7. 3. 2013 – IX ZR 7/12
u
DB0585464
Die beklagte Stadt ist seit 1994 Alleingesellschafterin der Schuldnerin,
einer GmbH. Diese Gesellschaft war zur Bescha¨ftigungsfo¨rderung in-
nerhalb des Stadtgebiets und seiner Umgebung ta¨tig. Auf einen Antrag
der Schuldnerin, der am 28. 12. 2009 einging, ero¨ffnete das Amts-
gericht am 1. 3. 2010 das Insolvenzverfahren u¨ber ihr Vermo¨gen und
bestellte den Kla¨ger zum Insolvenzverwalter.
Die Beklagte hatte der Schuldnerin am 10. 12. 2008 ein Darlehen von
17.000 € gewa¨hrt, welches am 11. 2. 2009 zuru¨ckgezahlt wurde. Ein
zweites Darlehen vom 19. 12. 2008 u¨ber 25.000 € tilgte die Schuldnerin
bereits am 6. 1. 2009. Danach gewa¨hrte die Beklagte der Schuldnerin
folgende weitere zehn Darlehen: (Die Darlehensbetra¨ge, Aus- und
Ru¨ckzahlungsdaten ko¨nnen dem amtlichen Volltext entnommen wer-
den, der abrufbar ist unter DB0586622).
Die Kommunalaufsichtsbeho¨rde versagte durch bestandskra¨ftigen Be-
scheid vom 28. 5. 2010 die Genehmigung fu¨r alle „zinslosen U¨ berbru¨-
ckungshilfen“ zwischen Mai 2008 und November 2009, welche die Be-
klagte der Schuldnerin gewa¨hrt hatte. Mit seiner Klage fordert der In-
solvenzverwalter die Tilgungsbetra¨ge der genannten zwo¨lf Darlehen aus
dem letzten Jahr vor Eingang des Insolvenzantrags im Gesamtbetrag
von 267.000 € nebst Zinsen zur Masse zuru¨ck.
Das LG Zwickau hatte die Klage abgewiesen. Das OLG Dresden hatte
die Beklagte antragsgema¨ß verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zu-
gelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag
weiter. Die Revision war zum gro¨ßeren Teil erfolgreich und fu¨hrte in
diesem Umfang zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
AUS DEN GRU¨ NDEN
Finanzierungsverantwortung des Gesellschafters verbietet ein-
schra¨nkende Auslegung von § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO n. F.
1 . . . 9
I
I.
. . .
II. 1.
Die Revision kommt nicht auf den Einwand
der Beklagten in den Tatsacheninstanzen zuru¨ck, sie habe die
kurzfristigen U¨ berbru¨ckungsdarlehen in ihrer Eigenschaft als
Gebietsko¨rperschaft im o¨ffentlichen Interesse gewa¨hrt, nicht mit
Ru¨cksicht auf ihre Gesellschafterstellung zur Schuldnerin. Die-
ser Einwand ist unerheblich; denn die nicht mehr rechtsbegru¨n-
dende, in diesem Zusammenhang aber weiter beachtliche Finan-
zierungsverantwortung des Gesellschafters verbietet eine ein-
schra¨nkende Auslegung von § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO n. F., die
schon dem Gesetzeszweck der engeren Altfassung zuwiderlief
1
.
Ru¨ckzahlungen sind nicht als Erfu¨llung von Bereicherungs-
anspru¨chen zu deuten
10
I
2.
Die Revision versucht ohne Erfolg, die von der Schuldnerin
erbrachten Ru¨ckzahlungen an die Beklagte als Erfu¨llung von Be-
reicherungsanspru¨chen zu deuten, die nach ihrer Ansicht dem
Gleichstellungserfordernis des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO n. F. zu
den Darlehen i. S. des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO n. F. nicht genu¨gen.
Keine Nichtigkeit der Darlehen nach § 134 BGB trotz bestands-
kra¨ftigen Versagungsbescheids der kommunalen Aufsichts-
beho¨rde
11
I
a)
Es fehlt schon an der vom Berufungsgericht offengelasse-
nen Voraussetzung, dass die genannten Darlehen nach § 134
BGB nichtig waren, als die Schuldnerin sie zuru¨ckzahlte. Die
Regelungswirkung des bestandskra¨ftigen Versagungsbescheids
der kommunalen Aufsichtsbeho¨rde vom 28. 5. 2010 a¨ndert da-
ran nichts. Dem ordentlichen Richter ist dadurch nur die Pru¨-
fung abgenommen, ob ein genehmigungsbedu¨rftiges Gescha¨ft
hoheitlich zu Unrecht gutgeheißen oder beanstandet worden ist.
Wird die beho¨rdliche Erlaubnis fu¨r ein Gescha¨ft versagt, wel-
ches vom Gesetz gar nicht mit entsprechendem Vorbehalt ver-
boten ist, so geht diese Versagung bu¨rgerlich-rechtlich ins Leere.
Die Auslegung des Verbotsgesetzes hat der ordentliche Richter
1 Vgl. dazu BGH-Urteil vom 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105 S. 168 (176)
= DB 1988 S. 2141, zu § 32a KO.
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Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013