II. Gegenstand des Anwendungshinweises
Der Anwendungshinweis bescha¨ftigt sich schwerpunktma¨ßig
mit dem sog. Blockmodell, bei dem der Arbeitnehmer bei gleich
bleibender Vergu¨tung zuna¨chst eine Zeit lang zu 100% weiter-
arbeitet und dann eine gleich lange Phase unter Weiterbezug der
Bezu¨ge nicht mehr arbeitet. Die Regelungen gelten aber genauso
fu¨r das sog. kontinuierliche Modell, bei dem die Arbeitszeit auf
50% reduziert und das Arbeitsentgelt ebenfalls verringert wird.
Die Vergu¨tung fu¨r Altersteilzeitbescha¨ftigte setzt sich zusam-
men aus einer laufenden Vergu¨tung i. H. von 50% der Vollzeit-
bezu¨ge sowie Aufstockungszahlungen zur Erho¨hung der Barver-
gu¨tung und z. B. der Beitra¨ge an die gesetzliche Rentenversiche-
rung. Daneben werden gelegentlich noch Zahlungen zum Ende
der Altersteilzeit vereinbart, mit denen pauschal Einbußen in
der Altersversorgung ausgeglichen werden sollen und die ha¨ufig
als Abfindung bezeichnet werden. Diese Zahlungen du¨rften
i. d. R. den Charakter nachtra¨glich gezahlter Aufstockungsleis-
tungen haben und bilanziell genauso beru¨cksichtigt werden. Im
Anwendungshinweis werden sie nicht explizit angesprochen.
III. Bilanzierung des Erfu¨llungsru¨ckstands
Ohne die Aufstockungszahlungen erha¨lt ein Arbeitnehmer mit
Altersteilzeit im Blockmodell eine Vergu¨tung i. H. von 50% der
Vollzeitbezu¨ge, arbeitet hierfu¨r in der sog. Arbeitsphase aber zu
100% und in der sog. Freistellungsphase u¨berhaupt nicht mehr.
Das heißt, der Arbeitnehmer geht in Vorleistung. Aus Sicht des
Unternehmens wird also eine Arbeitsleistung in Anspruch ge-
nommen, die erst nachtra¨glich vergu¨tet wird – dadurch entsteht
ein Erfu¨llungsru¨ckstand.
Nach Auffassung des DRSC handelt es sich hierbei i. d. R.
um andere langfristig fa¨llige Leistungen an Arbeitnehmer, die
Ru¨ckstellung hierfu¨r ist wa¨hrend der Aktivphase aufzubauen
und wa¨hrend der Passivphase abzubauen
6
. An dieser Stelle a¨n-
dert sich gegenu¨ber der bisherigen Sichtweise nichts, die Vor-
gehensweise stimmt auch mit der Bilanzierung nach HGB und
in der Steuerbilanz u¨berein
7
.
IV. Bilanzierung der Aufstockungszahlungen
Um die bilanzielle Behandlung der Aufstockungszahlungen zu
beurteilen, ist zuna¨chst zu kla¨ren, unter welche Kategorie die
Leistungen nach IAS 19 einzuordnen sind. Nach Auffassung
des DRSC scheidet eine Einordnung als Leistungen nach Been-
digung des Arbeitsverha¨ltnisses oder als Leistungen aus Anlass
der Beendigung des Arbeitsverha¨ltnisses aus
8
. Es bleiben dem-
nach nur noch die Mo¨glichkeiten: kurzfristig fa¨llige Leistungen
an Arbeitnehmer oder andere langfristig fa¨llige Leistungen an
Arbeitnehmer.
Eine Einordnung als kurzfristig fa¨llige Leistungen an Arbeit-
nehmer setzt nach Auffassung des DRSC voraus, dass der ge-
samte zu beru¨cksichtigende Zeitraum einschließlich eventuell
vorgesehener Mindestdienstzeiten (s. u.) den Zeitraum von
12 Monaten nicht u¨bersteigt. Es liegen also nicht bereits dann
kurzfristig fa¨llige Leistungen vor, wenn die Altersteilzeit bereits
so weit abgewickelt ist, dass sie innerhalb der na¨chsten 12 Mo-
nate beendet wird
9
. Damit du¨rfte in den meisten Fa¨llen eine
Einordnung als kurzfristig fa¨llige Leistungen an Arbeitnehmer
ausscheiden. Es bleibt also bei der Einordnung als langfristig fa¨l-
lige Leistungen an Arbeitnehmer.
Bei der Frage der erstmaligen Ru¨ckstellungsbildung ist zu
pru¨fen, ab wann aus Sicht des Unternehmens eine Verpflichtung
besteht. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Kollektiv- und
Individualvereinbarungen. Kollektivvereinbarungen allein fu¨hren
nur dann zu einer Ru¨ckstellungsbildung, wenn sie den Mitarbei-
tern (der Mitarbeiterschaft allgemein, nicht unbedingt dem kon-
kreten einzelnen Mitarbeiter) einen Rechtsanspruch auf Alters-
teilzeit gewa¨hren. Eine Ru¨ckstellungsbildung erfolgt ab dem
Zeitpunkt, ab dem das Unternehmen „faktisch oder rechtlich
unentziehbar dazu verpflichtet ist, Aufstockungsleistungen zu
gewa¨hren, wenn betroffene Arbeitnehmer die Vereinbarung
eines ATZ-Verha¨ltnisses verlangen wu¨rden“
10
.
Entsprechend beginnt die Ru¨ckstellungsbildung bei Indivi-
dualvereinbarungen ab dem Zeitpunkt, ab dem die Vereinbarung
unterschrieben wird bzw. zu dem Zeitpunkt, „zu dem der Ar-
beitgeber dem Arbeitnehmer ein verbindliches Angebot unter-
breitet und das bilanzierende Unternehmen unentziehbar ver-
pflichtet“
11
.
V. Bewertung der Ru¨ckstellung fu¨r Aufstockungs-
leistungen
Nach Auffassung des DRSC sind die Ru¨ckstellungen fu¨r Auf-
stockungsleistungen ratierlich anzusammeln. Das steht im Ge-
gensatz zu der Sichtweise nach dem fru¨heren IAS 19, nach dem
die Aufstockungsleistungen nicht etwa erdient werden, sondern
mit Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung bereits vollsta¨ndig
erdient sind, also wie eine Abfindungszahlung fu¨r den Verlust
des Arbeitsplatzes zu behandeln sind. Fu¨r die Vorgehensweise
bei der ratierlichen Ansammlung sind Beginn und Ende des An-
sammlungszeitraums von großer Bedeutung.
Bei Individualvereinbarungen, die nicht lediglich den An-
spruch einer Kollektivvereinbarung konkretisieren, beginnt der
Ansammlungszeitraum mit Entstehung der Verpflichtung, also
mit Unterzeichnung der Vereinbarung bzw. mit Abgabe des An-
gebots durch den Arbeitgeber
12
.
Grundsa¨tzlich gilt das auch fu¨r Kollektivvereinbarungen: Der
Erdienenszeitraum beginnt auch hier zu dem Zeitpunkt, zu dem
die Verpflichtung entsteht, zu dem das Unternehmen also fak-
tisch oder rechtlich unentziehbar verpflichtet ist, Aufstockungs-
leistungen zu gewa¨hren. Etwas anderes gilt, wenn sich aus der
Planformel oder den tatsa¨chlichen Umsta¨nden der Vereinbarung
ein anderer Zeitpunkt ergibt
13
. Das ko¨nnte also auch der Zeit-
punkt der Individualvereinbarung sein
14
.
Zusa¨tzlich sind hier allerdings Mindestdienstzeiten zu be-
ru¨cksichtigen, die in der Kollektivvereinbarung gefordert wer-
den
15
. Sieht ein Tarifvertrag z. B. vor, dass eine Altersteilzeitver-
einbarung nur abgeschlossen werden kann, wenn bis zum Be-
ginn der Altersteilzeit eine Dienstzeit von mindestens 10 Jahren
zuru¨ckgelegt wird, so ist ein Erdienenszeitraum von mindestens
10 Jahren bis zum Beginn der Altersteilzeit anzusetzen. Unter
Umsta¨nden ist dafu¨r also das Beginndatum fu¨r das Erdienen
6 DRSC AH 1 (IFRS), Tz. 8.
7 Zur Bilanzierung des Erfu¨llungsru¨ckstands nach HGB und in der Steuerbilanz
vgl. z. B.
Lieb/Rhiel
, StuB 2007 S. 505 ff.
8 Vgl. DRSC AH 1 (IFRS), Tz. 11.
9 Vgl. DRSC AH 1 (IFRS), Tz. 12.
10 Vgl. DRSC AH 1 (IFRS), Tz. 18.
11 Vgl. DRSC AH 1 (IFRS), Tz. 18.
12 Vgl. DRSC AH 1 (IFRS), Tz. 25.
13 Vgl. DRSC AH 1 (IFRS), Tz. 23.
14 Nach Auffassung von
Thaut
, DB 2013 S. 243, ist (sofern keine Mindest-
betriebszugeho¨rigkeit vorgesehen ist) sogar regelma¨ßig das Datum der In-
dividualvereinbarung anzusetzen und entsprechend keine Ru¨ckstellung fu¨r
potenzielle Fa¨lle zu bilden. Hergeleitet wird dies aus dem Beispiel 2 aus
IAS 19.73. Unseres Erachtens ist dieser Schluss aber nicht zwingend und mit
DRSC AH 1 (IFRS), Tz. 23, ebenfalls nicht zu begru¨nden. Vgl.
Geilenkothen/
Kro¨nung/Lucius
, BB 2012 S. 2104 f.; hier wird je nach Sachverhalt auch das
Datum des Kollektivvertrags als Ansammlungsbeginn fu¨r genannt.
15 Vgl. DRSC AH 1 (IFRS), Tz. 26.
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Betriebswirtschaft
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013
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