b) Urteil vom 11. 12. 2001 beruht auf analoger Anwendung des § 24
UmwStG
Das zeigt auch der seinerzeit vom BFH entschiedene Fall. Dort
hatte ein Kommanditist zur Erbringung seiner Einlage von
5 Mio. DM ein Betriebsgrundstu¨ck mit einem Buchwert von
9,5 Mio. DM und einem Verkehrswert von 33 Mio. DM auf
die Gesellschaft u¨bertragen. Die KG u¨bernahm im Gegenzug
eine auf dem Grundstu¨ck lastende Verbindlichkeit von
25 Mio. DM und ra¨umte dem Kommanditisten eine Darlehens-
forderung von 3 Mio. DM ein. Dieser Vorgang wurde als voll
entgeltliche U¨ bertragung gewu¨rdigt. Das Wahlrecht zur Buch-
wertfortfu¨hrung analog § 24 UmwStG sollte nach Meinung des
BFH nur insoweit bestehen, als die Einbringung gegen Gewa¨h-
rung von Gesellschaftsrechten erfolgt war (5 Mio. DM). Wa¨re
die Einbringung nicht auf die Verpflichtung zur Erbringung der
Kommanditeinlage angerechnet worden, sondern wa¨re dem Ge-
sellschafter neben der U¨ bernahme von Verbindlichkeiten ins-
gesamt eine Darlehensforderung von 8 Mio. DM eingera¨umt
worden, wa¨re das Grundstu¨ck gegen ein volles und von dem Ge-
sellschaftsverha¨ltnis unbeeinflusstes Entgelt vera¨ußert worden.
Es wa¨ren damit alle stillen Reserven (Entgelt 33 Mio. DM ab-
zu¨glich Buchwert 9,5 Mio. DM) im Betriebsvermo¨gen des Ge-
sellschafters aufgedeckt worden. Ha¨tte die Einbringung dem-
gegenu¨ber i. H. des ganzen Verkehrswerts zur Erbringung einer
Kommanditeinlage gedient, wa¨re nach damaliger Handhabung
das Wahlrecht analog § 24 UmwStG gewa¨hrt worden, sodass
u¨berhaupt keine stillen Reserven ha¨tten aufgedeckt werden mu¨s-
sen. Weil nun aber eine Mischung von beiden Fa¨llen vorlag, also
ein volles Entgelt erbracht worden war, das nur teilweise in der
Gewa¨hrung von Gesellschaftsrechten bestand, urteilte der BFH:
„Es liegt daher nahe und entspricht den Regeln der Logik, in den
zwischen diesen beiden Grundkonstellationen angesiedelten ,Misch-
entgeltsfa¨llen’ die fu¨r jene geltenden unterschiedlichen Realisations-
grundsa¨tze im Wege der Aufspaltung des U¨ bertragungsvorgangs
miteinander zu kombinieren. Fu¨hrt ein vollentgeltlicher Einbrin-
gungsvorgang zur vollsta¨ndigen (100%igen) Aufdeckung der stillen
Reserven, wenn die dem Einbringenden gewa¨hrte Gegenleistung zu
100% aus ,sonstigen Entgelten’ besteht, so muss derselbe Vorgang
eine 80%ige Aufdeckung der stillen Reserven nach sich ziehen, wenn
die ,sonstigen Entgelte’ lediglich 80% betragen und nur im U¨ brigen
– i. H. von 20% – Gesellschaftsrechte gewa¨hrt werden; die stillen
Reserven ko¨nnen in diesem Fall von der aufnehmenden PersGes. al-
so nur i. H. von 20% fortgefu¨hrt werden.“
Die „Logik“ beruhte zuna¨chst einmal auf der U¨ berlegung, dass
das Bewertungswahlrecht des § 24 UmwStG nicht auf den Teil
des Gescha¨fts angewendet werden du¨rfe, mit dem der Gesell-
schafter in Gestalt des Erhalts einer Gegenleistung in Geld oder
Geldersatz „Kasse“ gemacht hatte. Dies entspricht den allgemei-
nen Grundsa¨tzen der Gewinnermittlung, weil bei U¨ bertragung
eines Wirtschaftsguts gegen Entgelt eine Gewinnrealisierung
stattfindet. Der Gewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen
Buchwert und Entgelt. Soweit das Entgelt in der Gewa¨hrung
von Gesellschaftsrechten besteht, sollte nun nach damaliger
Rechtslage das Bewertungswahlrecht des § 24 UmwStG analog
angewendet werden. Warum die „Regeln der Logik“ in diesem
Zusammenhang aber eine Aufteilung des bisherigen Buchwerts
und damit eine Verminderung des Buchwerts bei der Ermittlung
des Gewinns aus dem Erhalt eines Entgelts fordern sollten, wur-
de vom BFH nicht erkla¨rt.
c) Urteil vom 11. 12. 2001 betrifft ausdru¨cklich nicht teilentgeltliche
U¨ bertragungen
Nun betraf das Urteil nur einen Fall, in dem der Gesellschafter
der Gesellschaft nichts zugewendet hatte, weil er sich teils von
seiner Einlageverpflichtung befreit und i. H. der Differenz zum
Verkehrswert Geldersatz erhalten hatte. Ha¨tte die Gegenleis-
tung den Verkehrswert nicht erreicht, wa¨re i. H. des fehlenden
Betrags von einer Entnahme auszugehen, zu der der BFH im
Urteil vom 11. 12. 2001 nicht entscheiden musste. Ganz be-
wusst unterließ er eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie
in einem solchen Fall der teilentgeltlichen U¨ bertragung zu ent-
scheiden sei. Anderenfalls ha¨tte na¨mlich eine Divergenz zu Ur-
teilen des I. und IV. Senats des BFH vorgelegen
10
.
Der I. Senat hatte in einem Fall, in dem ein Grundstu¨ck des
Sonderbetriebsvermo¨gens vom Gesellschafter an einen Mit-
gesellschafter vera¨ußert worden war, ausgefu¨hrt
11
:
„Zutreffend ist das FG ferner davon ausgegangen, daß die Vera¨uße-
rung des Grundstu¨cks durch den Beigeladenen an E. R. ein entgelt-
licher Vorgang war, der – soweit den betrieblichen Teil des Grund-
stu¨cks betreffend – i. H. des Unterschiedsbetrags zwischen Buchwer-
ten und ho¨herem Vera¨ußerungserlo¨s im Sonderbetriebsvermo¨gen des
Beigeladenen zu einer Gewinnrealisierung gefu¨hrt hat. Dies folgt aus
den Grundsa¨tzen u¨ber die Ermittlung des Gewinns durch Bestands-
vergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG), die auch auf Wirtschaftsgu¨ter
des Sonderbetriebsvermo¨gens anzuwenden sind. Es gelten insoweit
die gleichen Grundsa¨tze wie bei der Vera¨ußerung eines Wirtschafts-
guts, das bisher zum Sonderbetriebsvermo¨gen eines Gesellschafters
geho¨rt hat, an die Gesellschaft selbst. Der erkennende Senat folgt da-
mit im Ergebnis den BFH-Urteilen vom 12. 4. 1967 – VI R 187/66
(BFHE 88 S. 415 = BStBl. III 1967 S. 419) und vom 31. 3. 1977 –
IV R 54/72 (BFHE 121 S. 470 = BStBl. II 1977 S. 415).“
In einem erst kurz vor der Entscheidung des VIII. Senats ergan-
genen Urteil vom 6. 9. 2000 hatte der IV. Senat zu einem Buch-
wertverkauf zwischen Schwester-PersGes. entschieden
12
:
„Die zivilrechtlich als Kauf gestaltete U¨ bertragung ist in einen entgelt-
lichen und einen unentgeltlichen Teil zu zerlegen. Aus dem entgelt-
lichen Teil ergab sich kein Gewinn, weil der Kaufpreis dem Buchwert
entsprach. Die stillen Reserven wurden von den Kla¨gern aus der KG
unentgeltlich in die Schwestergesellschaften eingebracht.“
Dass der VIII. Senat an dieser Sichtweise nicht ru¨tteln wollte,
zeigt sich auch daran, dass er einige Jahre spa¨ter ausdru¨cklich das
Urteil des IV. Senats besta¨tigte
13
.
Auch im Schrifttum wurde damals u¨brigens u¨berwiegend ver-
treten, dass es bei einem Teilentgelt nicht zur Realisierung von
Gewinnen komme; die Entnahme i. H. der Differenz zwischen
Gegenleistung und Teilwert werde nach den Grundsa¨tzen der
sog. finalen Entnahmetheorie
14
nicht besteuert, weil die Be-
steuerung der stillen Reserven im aufnehmenden Betriebsver-
mo¨gen sichergestellt sei
15
. Demgegenu¨ber sah der Mitunterneh-
mererlass der Finanzverwaltung schon damals und – wie heute
im BMF-Schreiben vom 8. 12. 2011 – ohne Begru¨ndung nur
den anteiligen Ansatz des Buchwerts beim U¨ bertragenden vor
16
.
10 Offengeblieben war die Frage auch im Urteil des VIII. Senats vom 2. 5. 2001
– VIII R 64/93, BFH/NV 2002 S. 10, unter 4.
11 BFH-Urteil vom 12. 10. 1977 – I R 248/74, BStBl. II 1978 S. 191 = DB 1978
S. 328, unter 2.
12 BFH-Urteil vom 6. 9. 2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001 S. 229 = DB 2000
S. 2459, unter 3. b).
13 BFH-Urteil vom 30. 11. 2004 – VIII R 15/00, juris, unter II. 3. b) bb).
14 Als finale Entnahme wurde ein Vorgang bezeichnet, bei dem das Wirtschafts-
gut „innerhalb des betrieblichen Bereichs von einem Betrieb oder Betriebs-
teil in einen anderen u¨bergeht und dabei eine spa¨tere steuerliche Erfassung
der im Buchansatz fu¨r dieses Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven
nicht gewa¨hrleistet ist“, BFH-Beschluss vom 7. 10. 1974 – GrS 1/73, BStBl.
II 1975 S. 168 = DB 1975 S. 380.
15
Do¨llerer
, DStZ 1983 S. 179 (181);
Groh
, StuW 1984 S. 217 (222); ebenso im
Ergebnis
Bordewin
, in: FS Schmidt, 1993, S. 421 (427);
Korn
, KO¨ SDI 1997
S. 11219 (1222); fu¨r Einheitstheorie
Schmidt
, EStG, 19. Aufl. 1999, § 15
Rdn. 662;
Ma¨rkle
, StbJb 1995/96, S. 75 (100 ff.).
16 BMF vom 20. 12. 1977, a.a.O. (Fn. 8), Rdn. 23 i. V. mit Rdn. 28, 66.
836
Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013
1...,14,15,16,17,18,19,20,21,22,23 25,26,27,28,29,30,31,32,33,34,...104