te. Grund dafu¨r, dass das EStG in den dort genannten Fa¨llen
von einer Gewinnrealisation absieht, ist neben der fortbestehen-
den ertragsteuerlichen Verstrickung der stillen Reserven der
Umstand, dass U¨ bertragender und U¨ bertragungsempfa¨nger
durch die Zugeho¨rigkeit zu einer unternehmerisch ta¨tigen
PersGes. miteinander verbunden sind und Umstrukturierungen
von PersGes. auch dadurch erleichtert werden sollen, dass un-
entgeltliche U¨ bertragungen von Wirtschaftsgu¨tern des Betriebs-
vermo¨gens ohne ertragsteuerlich nachteilige Folgerungen vor-
genommen werden ko¨nnen
3
. Wird ein Wirtschaftsgut voll un-
entgeltlich u¨bertragen, wird die damit verbundene Entnahme
mit dem Buchwert bewertet. Die Minderung des Betriebsver-
mo¨gens um den Buchwert des Guts wird also durch eine fiktive
Gegenleistung i. H. des Buchwerts kompensiert. Es kommt zu
keiner Realisierung eines Gewinns. Was geschieht nun, wenn
die U¨ bertragung nicht unentgeltlich, sondern zu einem geringen
Entgelt stattfindet? Liegt das Entgelt unter dem Buchwert, wu¨r-
de nach allgemeinen Grundsa¨tzen die Differenz zum Teilwert
als fiktives Entgelt behandelt. Im Rahmen des § 6 Abs. 5 Satz 3
EStG wird die Fiktion auf den Buchwert begrenzt. Durch die
Beru¨cksichtigung dieser fiktiven Gegenleistung wird bewirkt,
dass durch das Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem abge-
benden Betriebsvermo¨gen einerseits kein Verlust entsteht, ande-
rerseits aber die Aufdeckung stiller Reserven unterbleibt. Der
Vorgang bleibt wie im Fall voll unentgeltlicher U¨ bertragung oh-
ne Gewinnauswirkung. U¨ bersteigt das Entgelt den Buchwert,
liegt i. H. des Entgelts keine Entnahme, sondern ein Vera¨uße-
rungsgescha¨ft vor. Dieses wird von der Privilegierung des § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG nicht erfasst, denn soweit der U¨ bertragende
„Kasse gemacht“ und ein Entgelt erhalten hat, hat der Fiskus
keinen Anlass, auf eine Besteuerung zu verzichten. I. H. des
Differenzbetrags zum Teilwert bleibt aber eine Entnahme zu
konstatieren, die infolge der Privilegierung keine Gewinnauswir-
kung auslo¨st, sondern zum U¨ bergang der diesbezu¨glichen stillen
Reserven auf den U¨ bertragungsempfa¨nger fu¨hrt.
IV. Aufspaltung des Wirtschaftsguts nach der Tren-
nungstheorie i. S. der Finanzverwaltung
Auch diese Handhabung bei verbilligten U¨ bertragungen er-
scheint so selbstversta¨ndlich, dass sie keiner na¨heren Ausfu¨hrun-
gen bedu¨rfte. Umso verwirrender ist es, dass die Finanzverwal-
tung diese Handhabung nicht fu¨r richtig ha¨lt.
1. BMF-Schreiben zu § 6 Abs. 5 EStG vom 8. 12. 2011
Im BMF-Schreiben zu § 6 Abs. 5 EStG
4
wird dies an einem
einfachen Beispiel gezeigt.
>
Beispiel:
Ein Gesellschafter bringt einen Pkw seines Einzelbetriebsver-
mo¨gens mit einem Buchwert von 1.000 € und einem Ver-
kehrswert von 10.000 € in die Gesellschaft ein. Das noch
nicht ganz zuru¨ckgezahlte Darlehen aus der Anschaffung des
Pkw mit einer Restschuld von 3.000 € u¨bernimmt im Gegen-
zug ebenfalls die Gesellschaft. Weitere Gegenleistungen er-
ha¨lt der Gesellschafter nicht.
Der Vorgang soll im Einzelunternehmen des Gesellschafters zu
einem Gewinn von 2.700 € fu¨hren. Dies erkla¨rt das BMF-
Schreiben so
5
, dass ein Teil des Pkw entgeltlich und ein Teil un-
entgeltlich u¨bertragen worden sei. Die Aufteilung richte sich
nach dem Verha¨ltnis des Entgelts zum Verkehrswert (hier also
30%). Der Buchwert des unentgeltlich u¨bertragenen Teils werde
von der Gesellschaft fortgefu¨hrt (hier 70% = 700 €). Der Buch-
wert des anderen Teils werde dem Entgelt gegenu¨bergestellt, so-
dass sich aus der Differenz ein Gewinn im abgebenden Betriebs-
vermo¨gen ergibt (hier Entgelt 3.000 € abzu¨glich Teilbuchwert
300 € = Gewinn 2.700 €). Im Anwendungsbereich des § 6
Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG soll also die U¨ bertragung eines Wirt-
schaftsguts mit einem Buchwert von 1.000 € gegen eine Gegen-
leistung von 3.000 € zu einem Gewinn von 2.700 € fu¨hren. Legt
man die Grundsa¨tze des Betriebsvermo¨gensvergleichs zugrunde,
kommt es nur zu einem Gewinn von 2.000 €, denn das Einzel-
Betriebsvermo¨gen des Gesellschafters mindert sich um den Ab-
gang des Buchwerts des Pkw von 1.000 € und erho¨ht sich um
den Abgang des Buchwerts des Darlehens von 3.000 €. Die
Finanzverwaltung gibt keine Rechtsgrundlage fu¨r ihre Lo¨sung
an, mu¨sste eine solche aber bieten, denn Besteuerung setzt die
Verwirklichung eines Besteuerungstatbestands voraus (§ 38
AO). Verwirklicht ist allein der Tatbestand des § 4 Abs. 1 i. V.
mit § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG, der zu einem Gewinn von
2.000 € fu¨hrt.
2. BFH-Urteil vom 11. 12. 2001 als „Kronzeuge“ der Finanz-
verwaltung?
Die Finanzverwaltung nennt also keine Rechtsgrundlage, ver-
weist aber immerhin auf ein BFH-Urteil aus dem Jahr 2001
6
.
Der Verweis auf das Urteil soll wohl bedeuten, dass die seinerzeit
vom BFH herangezogene Rechtsgrundlage einschla¨gig ist.
a) Vera¨nderte Rechtsgrundlage durch § 6 Abs. 5 EStG
Schon auf den ersten Blick la¨sst sich erkennen, dass das nicht
zutreffen kann, weil das Urteil ergangen ist, noch ehe die maß-
gebende Norm u¨berhaupt im BGBl. vero¨ffentlicht worden war.
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG wurde in seiner heute geltenden Fassung
erst durch das Unternehmensteuer-Fortentwicklungsgesetz vom
20. 12. 2001
7
geschaffen. Die Regelung gilt fu¨r U¨ bertragungs-
vorga¨nge nach dem 31. 12. 2000 (§ 52 Abs. 16a Satz 2 EStG).
Tatsa¨chlich betraf das BFH-Urteil eine U¨ bertragung im Jahr
1990, fu¨r das eine vollkommen andere Rechtslage galt. Seiner-
zeit wurden die Rechtsfolgen aus der U¨ bertragung von Einzel-
wirtschaftsgu¨tern zwischen Gesellschafter und Gesellschaft aus
einer analogen Anwendung des § 24 UmwStG abgeleitet. Die
von der Finanzverwaltung zumeist auf der Grundlage der seiner-
zeitigen Rspr. entwickelten Grundsa¨tze waren im BMF-Schrei-
ben vom 20. 12. 1977 niedergelegt worden, dem sog. Mitunter-
nehmererlass
8
. U¨ bertragungen konnten danach wahlweise zum
Buchwert, zum Teilwert oder zu Zwischenwerten vorgenommen
werden, soweit sie unentgeltlich oder gegen Gewa¨hrung von Ge-
sellschaftsrechten stattfanden. Diese Grundsa¨tze hatte § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG in seiner ersten Fassung ausdru¨cklich ab-
schaffen sollen, indem dort der Ansatz des Teilwerts verpflich-
tend angeordnet wurde
9
. Erst mit der seit 2001 und bis heute
geltenden Fassung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG hat der Gesetz-
geber nach einer vollkommenen Kehrtwende die Bewertung mit
dem Buchwert vorgeschrieben. Schon deshalb ko¨nnen Rechts-
grundsa¨tze, die vor Schaffung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf
der Grundlage von Analogieschlu¨ssen entwickelt worden waren,
heute keine Geltung mehr haben.
3 Vgl. Begru¨ndung des Regierungsentwurfs zum UntStFG, BT-Drucks. 14/6882
S. 23 (32).
4 BMF-Schreiben vom 8. 12. 2011, BStBl. I 2011 S. 1279 = DB 2011 S. 2880.
5 BMF vom 8. 12. 2011, a.a.O. (Fn. 4), Rdn. 15.
6 BFH-Urteil vom 11. 12. 2001 – VIII R 58/98, BStBl. II 2002 S. 420 = DB 2002
S. 506.
7 UntStFG vom 20. 12. 2001, BGBl. I 2001 S. 3858.
8 BMF-Schreiben vom 20. 12. 1977, BStBl. I 1978 S. 8 = DB 1978 S. 29.
9 § 6 Abs. 5 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 vom 24. 3. 1999, BGBl.
I 1999 S. 402.
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013
Steuerrecht
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