– vom Sonderbetriebsvermo¨gen ins Gesamthandsvermo¨gen
u¨bertragen, komme es nicht zur Lo¨sung des betrieblichen Funk-
tionszusammenhangs und damit nicht zu einer Entnahme.
3. Aufspaltung des Rechtsgescha¨fts statt Aufspaltung des
Wirtschaftsguts
Dem Versta¨ndnis der Finanzverwaltung von der sog. Tren-
nungstheorie ist der BFH also nicht gefolgt. Allerdings trennt
auch der BFH ein Gescha¨ft, bei dem eine hinter dem Verkehrs-
wert zuru¨ckbleibende Gegenleistung erbracht wird, in einen ent-
geltlichen und eine unentgeltlichen Teil auf. Methode und Er-
gebnis unterscheiden sich aber von der Handhabung der Finanz-
verwaltung.
a) Wirtschaftsgut als kleinste Anknu¨pfungseinheit fu¨r die Gewinn-
ermittlung
Die Handhabung der Finanzverwaltung beruht auf der Vorstel-
lung, dass das u¨bertragene Wirtschaftsgut in zwei Teile zerlegt
wird, von denen ein Teil entgeltlich und ein Teil unentgeltlich
u¨bertragen worden sein soll (s. unter IV. 1.). In Bezug auf den
unentgeltlichen Teil soll der Buchwert vom U¨ bertragungsemp-
fa¨nger fortgefu¨hrt werden. Dem restlichen Teilbuchwert wird
das Entgelt gegenu¨bergestellt. So kam die Finanzverwaltung im
Fall des Urteils vom 19. 9. 2012 dazu, dass das Entgelt von
300.000 € dem Teilbuchwert von 200.000 € gegenu¨bergestellt
und daraus ein Gewinn von 100.000 € errechnet wurde.
Dieser Handhabung ist schon deshalb nicht zu folgen, weil
sie nicht mit dem Begriff des Wirtschaftsguts vereinbar ist.
Kleinste Einheit, an die das Steuerrecht Rechtsfolgen knu¨pft, ist
das Wirtschaftsgut. Ein Wirtschaftsgut kann deshalb nicht in
Untereinheiten aufgespalten werden, die ihrerseits nicht selbst
die Eigenschaft eines eigensta¨ndigen Wirtschaftsguts erfu¨llen.
Die Finanzverwaltung trennt aber bei ihrer Handhabung der
Trennungstheorie ein einheitliches Wirtschaftsgut in zwei Teile.
Eine Rechtsgrundlage dafu¨r, dem U¨ bertragenden eines ein-
heitlichen Wirtschaftsguts Einku¨nfte aus der Realisierung eines
Gewinns zuzuweisen, wenn er als Gegenleistung ein den Buch-
wert nicht u¨bersteigendes Entgelt erha¨lt, wird weder von der Fi-
nanzverwaltung selbst noch von denjenigen in Literatur und
Rspr., die der Finanzverwaltung folgen, benannt. Eines aus-
dru¨cklichen gesetzlichen Ersatz-Gewinnrealisationstatbestands
bedu¨rfte es aber, um aus der U¨ bertragung nachteilige steuerliche
Folgen gegenu¨ber dem U¨ bertragenden ziehen zu ko¨nnen. Das
z. T. vorgebrachte Argument, man mu¨sse zuna¨chst die bilanziel-
le Behandlung beim U¨ bertragungsempfa¨nger kla¨ren und daraus
dann Folgen fu¨r den U¨ bertragenden ziehen
24
, stellt die Dinge
auf den Kopf: die bilanzielle Handhabung beim U¨ bertragungs-
empfa¨nger, insbesondere die Bestimmung der ihm entstandenen
Anschaffungskosten kann allenfalls eine Folge der steuerlichen
Handhabung beim U¨ bertragenden sein. Systemgerechte Lo¨sun-
gen fu¨r die Bestimmung der Anschaffungskosten lassen sich
auch unschwer finden
25
.
b) Keine Argumente aus zivil- oder schenkungsteuerrechtlicher Tren-
nungstheorie
Eine Rechtsgrundlage fu¨r die Handhabung der Trennungstheo-
rie durch die Verwaltung kann entgegen einer im Schrifttum
vertretenen Auffassung
26
dem Zivilrecht nicht entnommen wer-
den. Allerdings kennt auch das Zivilrecht eine Diskussion u¨ber
die Anwendung einer Einheits- oder Trennungstheorie in Fa¨llen
von gemischten Schenkungen. Diese Diskussion betrifft die Fra-
ge, ob die zu erbringende Gegenleistung das Rechtsgescha¨ft i. S.
einer einheitlichen Betrachtung nicht mehr als Schenkung, son-
dern z. B. als Kaufvertrag erscheinen la¨sst
27
. Die Unterscheidung
ist etwa fu¨r die Ru¨ckabwicklung der Schenkung bedeutsam,
denn es muss dort entschieden werden, ob vom Schenker die ge-
schenkte Sache selbst gegen Ru¨ckgewa¨hr der Gegenleistung oder
nur der geschenkte Mehrwert zuru¨ckverlangt werden kann
28
.
Dieser Aspekt ist fu¨r die einkommensteuerliche Frage der Ge-
winnrealisierung ohne Bedeutung
29
. I. U¨ . geht – wie ausgefu¨hrt
– auch der BFH bei der Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG von
einer Trennung zwischen Hauptleistung und Gegenleistung aus
und betrachtet – gewissermaßen „brutto“ – die vom U¨ bertra-
gungsempfa¨nger erbrachte Gegenleistung als Entgelt. Diese
Sichtweise entspricht der zivilrechtlichen Trennungstheorie.
Auch aus dem SchenkSt-Recht, das gelegentlich zur Recht-
fertigung der Verwaltungssicht bemu¨ht wird
30
, kann sich eine
Rechtsgrundlage fu¨r die Bemessung des einkommensteuerlichen
Gewinns nicht ergeben. Dies folgt einerseits schon aus den un-
terschiedlichen Bemessungsgrundlagen und Besteuerungsgegen-
sta¨nden
31
sowie der Bedeutungslosigkeit des Buchwerts fu¨r die
Bemessung der Bereicherung. Andererseits betrifft die schen-
kungsteuerliche Trennungstheorie § 10 Abs. 6 ErbStG, wonach
nicht die Leistung des Schenkers, sondern die u¨bernommene
Schuld aufgeteilt wird, um den Wert der steuerpflichtigen Berei-
cherung zu ermitteln, wenn Gu¨ter u¨bertragen worden sind, fu¨r
die z. T. eine Steuerbefreiung gilt
32
.
c) Maßgebende Rechtsgrundlage allein § 4 Abs. 1 EStG
Der BFH kann sich fu¨r sein Versta¨ndnis auf das Gesetz berufen.
Nach § 4 Abs. 1 EStG ergibt sich der Gewinn aus dem Unter-
schiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermo¨gen am Schluss des
Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermo¨gen am Schluss des
vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der
Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Der
Gescha¨ftsvorfall in Gestalt einer verbilligten U¨ bertragung eines
Wirtschaftsguts des Betriebsvermo¨gens fu¨hrt dazu, dass sich der
Unterschiedsbetrag um den Buchwertabgang auf der Aktivseite
mindert und um den Buchwertzugang i. H. der Gegenleistung
erho¨ht. Ist die Gegenleistung genauso hoch wie der Buchwert,
a¨ndert sich der Unterschiedsbetrag nicht. Allerdings kann eine
Entnahme zu einer Erho¨hung des Gewinns fu¨hren. Ist die Ent-
nahme jedoch – wie in den Fa¨llen des § 6 Abs. 5 EStG – unter
Beibehaltung des Buchwerts durchzufu¨hren, ergibt sich aus ihr
keine Gewinnerho¨hung. Trennt man nun wie der BFH nicht
das Wirtschaftsgut, sondern das Rechtsgescha¨ft in zwei Teile,
kommt es zur Gewinnerho¨hung nur und insoweit, als das Ent-
gelt den bisherigen Buchwert des Wirtschaftsguts u¨berschreitet.
d) Keine einschra¨nkende Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zur
Verhinderung von Missbrauch
Die Finanzverwaltung kann sich fu¨r ihr Versta¨ndnis der Tren-
nungstheorie nicht auf die Verhinderung von Missbrauch beru-
24
Do¨tsch
, jurisPR-SteuerR 49/2012 Anm. 2;
Mitschke
, FR 2013 S. 314 (315).
25 Eingehend z. B.
Gossert/Liepert/Sahm
, DStZ 2013 S. 242;
Stahl
, BeSt 2013
S. 3; fu¨r reine Anwendung der Einheitstheorie
Demuth
, BeSt 2012 S. 33
(34).
26
Do¨tsch
, jurisPR-SteuerR 49/2012 Anm. 2
27 Vgl. z. B.
J. Koch
, in: Mu¨nchKomm-BGB, 6. Aufl. 2012, § 516 Rdn. 36 ff.
28 So z. B. im Fall des BGH-Urteils vom 3. 12. 1971 – V ZR 134/69, DB 1972
S. 381 = NJW 1972 S. 247.
29 So schon
Groh
, StuW 1984 S. 217 (220 ff.), der darauf hinweist, dass das Er-
kla¨rungsmodell der Trennungstheorie nicht an die Stelle der aus § 4 Abs. 1
EStG zu bestimmenden Steuerfolgen treten kann.
30
Do¨tsch
, jurisPR-SteuerR 49/2012 Anm. 2
31 Zur schenkungsteuerlichen Seite der von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG betroffenen
Vorga¨nge s. etwa
Geck
, KO¨ SDI 2013 S. 18290 (18294 ff.).
32 Vgl. dazu auch La¨ndererlass vom 20. 5. 2011, BStBl. I 2011 S. 562 =
DB0423947.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013