der integrierte Bericht als eigensta¨ndiges Berichtsmedium
(
stand-alone report
) vorgestellt wird, das neben anderen Stake-
holder spezifischen bzw. gesetzlich geforderten Berichten exis-
tiert und sich insbesondere durch Pra¨gnanz, Informationskon-
nektivita¨t und die versta¨rkte Beru¨cksichtigung der kurz-, mittel-
und langfristigen unternehmerischen Wertschaffungsfa¨higkeit
auszeichnen sollte
43
. Interessanterweise nimmt das IIRC in die-
sem Zusammenhang keinen expliziten Bezug mehr zur Aufnah-
me des IR in die Lageberichterstattung, wie dies das Diskussi-
onspapier noch tat
44
. Somit wird deutlich, dass das IIRC den in-
tegrierten Bericht als zusa¨tzliches Kommunikationsinstrument
versteht, das bestehende Detailinformationen aus anderen Be-
richten zusammenha¨ngend aggregiert bu¨ndelt. Dies la¨sst auch
den Schluss zu, dass – entgegen fru¨herer A¨ ußerungen
45
– IR
nicht zu einer Verringerung der Menge an gewa¨hrten Informa-
tionen seitens der Unternehmen fu¨hren wird, sondern die Be-
richtseffizienz sich ausschließlich fu¨r die Berichtempfa¨nger erge-
ben du¨rfte, indem im integrierten Bericht auf wesentliche
Aspekte und Faktoren der unternehmerischen Wertschaffung
sowie deren Zusammenha¨nge abgestellt wird und ein nicht un-
erheblicher Teil der Berichtempfa¨nger sich mit dem Inhalt des
integrierten Berichts ausreichend informiert fu¨hlen du¨rften. Der
integrierte Bericht ko¨nnte sich somit zu einem „
executive summa-
ry
“ fu¨r die Kapitalmarktteilnehmer entwickeln.
In dem einleitenden Kapitel des Framework bringt das IIRC
auch deutlich zum Ausdruck, dass der IR-Prozess in einem Un-
ternehmen von einem „integrativen Denken“ (
integrated thin-
king
) im Unternehmen geleitet und gepra¨gt sein sollte, d. h. Zu-
sammenha¨nge zwischen finanziellen und nicht-finanziellen De-
terminanten und Aspekten der unternehmerischen Wertschaf-
fung sollten in den Entscheidungen und Handlungen der Unter-
nehmensakteure beru¨cksichtigt und (soweit mo¨glich) gestaltet
werden
46
. Dieses Konzept einer „integrierenden Unternehmens-
fu¨hrung“ sollte sich letztlich im IR sowie im integrierten Bericht
widerspiegeln.
2. Grundlegende Konzepte
Das zweite Kapitel entha¨lt eine Beschreibung der grundlegenden
Konzepte (
fundamental concepts
), die das IR nach Auffassung des
IIRC pra¨gen. Dies ist einerseits das Bewusstsein, dass verschie-
dene Typen von Kapitalien mit der Unternehmensta¨tigkeit in
Verbindung stehen und diese beeinflussen. Hierzu geho¨rt ande-
rerseits aber auch die Konzeption und Beschaffenheit des Ge-
scha¨ftsmodells von Unternehmen sowie das damit verbundene
Konzept der unternehmerischen Wertschaffung. All diese drei
Konzepttypen beeinflussen einander und determinieren die Zu-
kunftsaussichten eines Unternehmens.
a) Die Kapitalien
Das Framework erla¨utert, dass ein Unternehmen grds. mit sechs
verschiedenen Typen von Kapitalien arbeitet. Dies sind: Finanz-
kapital (
financial capital
), Produktionskapital (
manufactured capi-
tal
), geistiges Kapital (
intellectual capital
), Humankapital (
human
capital
), soziales (
social and relationship capital
) und natu¨rliches
Kapital (
natural capital
)
47
. Diese Kapitalien werden allgemein als
Wertspeicher gesehen, die als Inputfaktoren des Gescha¨fts-
modells dienen und im Rahmen der Gescha¨ftsta¨tigkeit erho¨ht,
verringert oder umgewandelt werden
48
. Aufgrund der Wechsel-
wirkungen und Umwandlungsmo¨glichkeiten ist der Bestand je-
des Kapitals dynamisch. Außerdem werden die Kapitalien durch
die Effekte der Unternehmensta¨tigkeit auf unterschiedliche
Weise tangiert. Wa¨hrend die klassische Finanzberichterstattung
sich auf das Finanzkapital, Produktionskapital und teilweise auf
das geistige Kapital konzentriert und die Nachhaltigkeitsbericht-
erstattung ihren Fokus versta¨rkt auf das soziale und natu¨rliche
Kapital richtet, sollen gema¨ß den Vorschla¨gen zum Framework
durch IR sowohl in der Unternehmensfu¨hrung als auch in der
Berichterstattung sa¨mtliche Kapitalien Beru¨cksichtigung fin-
den
49
. IR sollte deutlich machen, wie die Unternehmenswert-
schaffung und die Kapitalien sich gegenseitig beeinflussen bzw.
voneinander abha¨ngen.
Mit der Diskussion dieses Konzepts multipler Kapitalien im
Framework mo¨chte das IIRC einerseits die Unternehmen dazu
veranlassen, die verschiedensten Typen von Kapitalien, die fu¨r
sie als Input-Faktoren oder hinsichtlich Wirkungseffekte we-
sentliche Bedeutung haben, in ihren Kalku¨len zu beru¨cksichti-
gen. Dabei sieht das IIRC seine Kapitalienkategorisierung ledig-
lich als Vorschlag und als nicht verbindlich fu¨r die Anwender
50
.
Andererseits dient der Verweis auf die verschiedenen Kapitalien
dem IIRC zur konzeptionellen Unterstu¨tzung („
theoretical un-
derpinning
“) seines „Wertversta¨ndnisses“
51
. Allerdings gelingt
ihm letzteres nur bedingt, wie nachfolgend noch na¨her aus-
gefu¨hrt wird.
b) Das Gescha¨ftsmodell
Das IIRC versteht unter dem Gescha¨ftsmodell (
business model
)
ein vom Unternehmen gewa¨hltes System von Inputfaktoren,
Gescha¨ftsta¨tigkeit, produziertem Output und dessen Auswir-
kungen auf die verschiedenen Kapitaltypen (
outcome
), welches
der kurz-, mittel- und langfristigen Wertschaffung dient
52
. Die-
ser in Abb. 2
53
auf S. 1129 dargestellte Wertschaffungsprozess
wird durch das externe Unternehmensumfeld beeinflusst und
ist von externen Beziehungen und externen Ressourcen und de-
ren Verbindung zu den jeweiligen Kapitalien abha¨ngig. Mit
Hilfe eines integrierten Berichts sollen die Zusammenha¨nge
und Wechselwirkungen zwischen dem Gescha¨ftsmodell und
den internen und externen Faktoren, von denen die kurz-, mit-
tel- und langfristige Wertschaffung abha¨ngt, aufgezeigt wer-
den
54
.
c) Die Wertschaffung
Die Transparenz und Erla¨uterung der Wertschaffung (
value
creation
) ist das zentrale Ziel des IR („
Value creation [. . .] lies at
the heart of IR
“
55
). Dabei weißt das IIRC im Framework-Ent-
wurf darauf hin, dass grds. von einem breiten Wertversta¨ndnis
auszugehen ist, welches u¨ber die reine Betrachtung der zuku¨nfti-
gen Zahlungsstro¨me innerhalb des Finanzkapitals hinweg auch
die anderen Kapitalien einschließt. Folglich sollte ein voraus-
schauender Kapitalgeber sich nicht nur auf die Vera¨nderung des
Finanzkapitals konzentrieren, sondern die breite kapitalarten-
43 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 1.18 f.
44 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 6), S. 20.
45 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 6), S. 6 f.
46 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 1.16 f.
47 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 2.17. Die Aufteilung und Abgrenzung der ein-
zelnen Kapitalarten orientiert sich nicht zwingend an bereits bestehenden
Konzepten zur Einteilung von Kapitalarten, sondern wurde bewusst fu¨r Zwe-
cke des IR angepasst. Vgl. IIRC, Capitals background paper for <IR>, 2013,
abrufbar unter
ground-Paper-Capitals.pdf, Rdn. 4.21 – 4.23 (Abruf: 7. 5. 2013).
48 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 2.12 ff.
49 Fu¨r den Fall, dass ein Unternehmen eine von den sechs genannten Kapitalar-
ten als unwesentlich einstuft, sind die Gru¨nde hierfu¨r offenzulegen. Vgl.
IIRC, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 4.5.
50 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 2.12 und 2.19 ff.
51 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 2.19.
52 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 2.26.
53 Quelle: In Anlehnung an IIRC, a.a.O. (Fn. 1), S. 11.
54 Vgl. IIRC, a.a.O. (Fn. 1), S. 6.
55 IIRC, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 2.37.
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Betriebswirtschaft
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013