veranlasste Geldbußen und vergleichbare Sanktionen, die von
Gerichten oder Beho¨rden
anderer
Staaten festgesetzt werden,
fallen nicht unter das Abzugsverbot (R 4.13 (2) Satz 2 EStR
2008), wofu¨r in erster Linie Gru¨nde der Verwaltungsverein-
fachung angefu¨hrt werden
103
. Insoweit zwingt die Art der Sank-
tion zur Abgrenzung, weil von einem ausla¨ndischen Gericht ver-
ha¨ngte Geldstrafen grds. dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 4
EStG unterfallen (vgl. unter II. 1.).
Auf der Rechtsfolgenseite des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG
steht das Abzugsverbot einschla¨giger Geldleistungen, wobei un-
ter den Ausnahmevoraussetzungen des Satz 4 aufzuteilen ist
(vgl. unter III. 2.). Die nicht abzugsfa¨higen Geldbußen, Ord-
nungs- und Verwarnungsgelder, die als Aufwand verbucht wur-
den, sind bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermo¨gens-
vergleich außerhalb der Bilanz dem Gewinn hinzuzurechnen
104
.
Bei der U¨ berschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG du¨rfen nur
die abzugsfa¨higen Geldleistungen als Betriebsausgaben angesetzt
werden
105
.
Im Fall der Ru¨ckzahlung von Geldbußen, Ordnungs- und
Verwarnungsgelder bestimmt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 3
EStG, dass die entsprechenden Geldleistungen den Gewinn
nicht erho¨hen du¨rfen. Insbesondere nach einem erfolgreichen
Rechtsmittelverfahren gegen die Sanktion soll dadurch verhin-
dert werden, dass sich das Bußgeld bei Zahlung nicht gewinn-
mindernd auswirkt, die Ru¨ckzahlung aber als gewinnerho¨hende
Betriebseinnahme zu erfassen wa¨re
106
. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8
Satz 3 EStG ist eine gesetzliche Ausnahmevorschrift, weil es ab-
gesehen von dieser Norm keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz
gibt, dass Ru¨ckzahlungen nicht zu Betriebseinnahmen fu¨hren
du¨rfen, wenn die Aufwendungen bei Zahlung nicht zu einer Ge-
winnminderung gefu¨hrt haben
107
. Die Folgen der allgemein „ge-
sto¨rten“ Symmetrie der Besteuerung auf der Einnahmeseite trotz
des Abzugsverbots auf der Ausgabenseite vermeidet das
„Gewinnerho¨hungsverbot“
108
des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 3
EStG fu¨r Fa¨lle der Ru¨ckzahlung von Geldbußen, Ordnungs-
und Verwarnungsgeldern
109
. Ru¨ckzahlung i. S. dieser Aus-
nahmevorschrift ist allein die Ru¨ckzahlung durch den Sanktions-
gla¨ubiger, also die o¨ffentliche Kasse, der die Sanktion zugeflos-
sen ist, nach h. M. nicht dagegen ihre Erstattung durch Drit-
te
110
.
2. Aufteilung von Geldbußen in einen Sanktions- und
Abscho¨pfungsteil
Als Reaktion auf die Entscheidung des BVerfG vom 23. 1.
1990
111
hat der Gesetzgeber nach dessen Maßgaben im Jahre
1992 § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG eingefu¨gt (vgl. II. 4.),
wonach das Abzugsverbot fu¨r Geldbußen nicht gilt, soweit der
wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt
wurde, abgescho¨pft worden ist, wenn die Steuern vom Einkom-
men und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen,
nicht abgezogen worden sind. Dahinter steht die verfassungs-
gerichtliche Einsicht, dass ein unter Verstoß gegen die Gesetze
erzielter Gewinn nicht zugleich durch das Straf- und Ordnungs-
widrigkeitenrecht abgescho¨pft und besteuert werden darf
112
. Der
dahinterstehende Gedanke ist bereits a¨lter. So hatte schon
Do¨llerer
wegen des inneren Zusammenhangs zwischen der Be-
messung der Sanktion und der Folge der steuerlichen
(Nicht-)Abziehbarkeit erwogen, die Geldbuße als abzugsfa¨hige
Betriebsausgabe zu behandeln, soweit sie der Gewinnabscho¨p-
fung dient
113
. Die gesetzliche Regelung vermeidet, den Stpfl. im
Fall der Bruttoabscho¨pfung in den Rechtsweg gegen das Buß-
geld zu zwingen, dem bei der Erfolglosigkeit ein Billigkeitsver-
fahren der Finanzverwaltung nachfolgen mu¨sste
114
. Die einge-
fu¨gte Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4
EStG hat zwei Voraussetzungen
115
: Zum einen muss durch die
festgesetzte Geldbuße der durch den Gesetzesverstoß erzielte
wirtschaftliche Vorteil abgescho¨pft worden sein; zum anderen
muss bei der Bemessung der festgesetzten Geldbuße ihre steuer-
liche Nichtabziehbarkeit unberu¨cksichtigt geblieben sein. Liegen
im Einzelfall beide Voraussetzungen vor, so kann ein Betriebs-
ausgabenabzug i. H. des abgescho¨pften wirtschaftlichen Vorteils
erfolgen
116
.
Das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG er-
streckt sich folglich nicht auf die Abscho¨pfung des wirtschaftli-
chen Vorteils vor Steuern
117
. Kommt der Geldbuße eine ahnden-
de und zugleich abscho¨pfende Doppelfunktion zu, so ist sie be-
zogen auf den abscho¨pfenden Teil „nur der Form nach Sankti-
on“
118
. Das Gericht oder die Beho¨rde kann bei der Bemessung
der Geldbuße deren steuerrechtliche Nichtabziehbarkeit ignorie-
ren (Bruttoabscho¨pfung) oder aber den Abscho¨pfungsteil unter
Beru¨cksichtigung der ertragsteuerlichen Belastung ermitteln
(Nettoabscho¨pfung)
119
. Die Geldbuße ist dann in einen Sankti-
ons- und Abscho¨pfungsteil aufzuteilen
120
. Der BFH hat bereits
vor der Aufgabe des allgemeinen Aufteilungs- und Abzugsver-
bots durch den Großen Senat
121
ein einheitliches Bußgeld als
aufteilbar angesehen, sofern sich einerseits der ahndende Teil
und andererseits der abscho¨pfende Teil, ggf. auch nur scha¨tzwei-
se, nachweisen lassen
122
. Dem folgt die Literatur
123
und im All-
gemeinen auch die Finanzverwaltung
124
. Im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren spricht aus Sicht des I. Senats angesichts
des Wortlauts des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG („soweit
der wirtschaftliche Vorteil . . . abgescho¨pft worden ist“) bei sum-
marischer Pru¨fung viel dafu¨r, „dass jede betragsma¨ßige Korres-
pondenz zwischen der Ho¨he der Strafe oder Buße einerseits und
dem wirtschaftlichen Vorteil andererseits zur Abziehbarkeit fu¨h-
103
So¨hn
, a.a.O. (Fn. 9), § 4 Rdn. N 52 (Mai 1995), m. w. N.
104
So¨hn
, a.a.O. (Fn. 9), § 4 Rdn. N 86 (Mai 1995).
105 Fu¨r eine Hinzurechnung bei den Betriebseinnahmen (so
Kruschke
, a.a.O.
[Fn. 23], § 4 EStG Anm. 1735 [Okt. 2011]; zuvor
So¨hn
, a.a.O. [Fn. 9], § 4
Rdn. N 86 [Mai 1995]) fehlt dagegen sowohl das Bedu¨rfnis als auch die
Rechtsgrundlage.
106
So¨hn
, a.a.O. (Fn. 9), § 4 Rdn. N 88 (Mai 1995), m. w. N.
107 Zuletzt BFH vom 20. 11. 2007 – I R 54/05, GmbHR 2008 S. 329, Rdn. 13,
m. w. N.
108
Kruschke
, a.a.O. (Fn. 23), § 4 EStG Anm. 1725 (Okt. 2011).
109 Der Ausschluss des Satzes 3 durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 Hs. 2 EStG
fu¨hrt dazu, dass Ru¨ckzahlungen des nach Satz 4 abzugsfa¨higen Abscho¨p-
fungsteiles insoweit zur Gewinnerho¨hung fu¨hren.
110
Kruschke
, a.a.O. (Fn. 23), § 4 EStG Anm. 1725 (Okt. 2011), m. w. N.;
So¨hn
,
a.a.O. (Fn. 9), § 4 Rdn. N 89 (Mai 1995).
111 BVerfG vom 23. 1. 1990, a.a.O. (Fn. 76), BVerfGE 81 S. 228 (239).
112 Ebenso
Tipke
, a.a.O. (Fn. 32), S. 58.
113
Do¨llerer
, BB 1984 S. 545 (547).
114
So¨hn
, a.a.O. (Fn. 9), § 4 Rdn. N 76 (Mai 1995), m. w. N.
115 Lehrbuchhaft bereits BFH vom 24. 3. 2004 – I B 203/03, BFH/NV 2004
S. 959.
116 So insgesamt auch FG Mu¨nster vom 5. 10. 2010 – 13 K 3807/06 F, EFG 2011
S. 421, Rdn. 27.
117
Hey
, a.a.O. (Fn. 7), § 8 Rdn. 296;
Meurer
, BB 1998 S. 1236 (1238).
118 BFH vom 21. 10. 1986, a.a.O. (Fn. 77), BFH/NV 1987 S. 152 (154); vom 9. 6.
1999, a.a.O. (Fn. 37), Rdn. 18.
119 Bemessungsbeispiele bei
Meurer
, in: Lademann, EStG, § 4 Rdn. 746 ff. (Mai
2011);
Kruschke
, a.a.O. (Fn. 23), § 4 EStG Anm. 1725 (Okt. 2011).
120
Hey
, a.a.O. (Fn. 7), § 8 Rdn. 296.
121 BFH vom 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010 S. 672 = DB 2010 S. 143.
122 BFH vom 9. 6. 1999, a.a.O. (Fn. 37), Rdn. 18; ebenso vom 24. 3. 2004 – I B
203/03, BFH/NV 2004 S. 959 (960).
123 Vgl. nur
Wied
, a.a.O. (Fn. 88), § 4 EStG Rdn. 889 f. (Okt. 2010) sowie
Dru¨en
,
a.a.O. (Fn. 8), § 40 AO Rdn. 22 (Juni 2012), m. w. N.
124 R 4.13 (3) EStR 2008. A. A. aber zu Kartellbußen ju¨ngst Bayerisches Landes-
amt fu¨r Steuern vom 5. 11. 2010 – S 2145. 1.1-5/4 St32, DB 2010 S. 2700 =
DStR 2011 S. 221, wonach die Darlegung oder der Nachweis eines Abscho¨p-
fungsanteils durch den Stpfl. bereits dem Grund nach nicht mo¨glich sein soll
(dazu noch sub III. 3.).
1138
Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013