z. B. der Entwicklung von Excel-Vorlagen, die bei den anwen-
denden Unternehmen auf eine SAP-/Web-Basis gehoben wer-
den. Entscheidend fu¨r die Beurteilung der Unabha¨ngigkeit ist
nicht die Technik, sondern die Logik, die in Form einer Vorlage
von der WPG an das Unternehmen, das gepru¨ft wird, weiter-
gegeben wird. Auch die Frage, ob dies entgeltlich oder unent-
geltlich, im Rahmen eines anderen Auftrags oder nicht erfolgt,
a¨ndert hieran nichts.
Die Entwicklung, bzw. Anpassung, d. h. die Programmie-
rung und Vermarktung der Accounting-Tools muss von den
Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einfu¨hrung der
Software getrennt werden. Wa¨hrend in der Software Logiken
fixiert sind und diese durch die Unternehmen selbst i. d. R. nicht
angepasst werden, handelt es sich bei der Einfu¨hrung der Ac-
counting-Tools vielfach um Organisationsprojekte, in denen das
Tool zwar meist in den Mittelpunkt gestellt wird, ha¨ufig aber
Organisationsabla¨ufe zu a¨ndern sind, Mitarbeiter werden fu¨r
neue Verantwortungsbereiche trainiert, usw.
Daru¨ber hinaus wird im Vorfeld jeder Abschlusspru¨fung die
Risikobeurteilung des Unternehmens durchgefu¨hrt. In Abha¨n-
gigkeit von der Risikobeurteilung werden Art, Zeit und Umfang
der aussagebezogenen Pru¨fungshandlungen durchgefu¨hrt. Hat
die WPG ein Accounting-Tool entwickelt und eingefu¨hrt, kann
sich die Risikobeurteilung a¨ndern und die Dienstleistungen der
WPG haben u¨ber diesen Weg Einfluss auf die Abschlusspru¨-
fung. Zu guter Letzt werden ein Accounting-Tool, bzw. die Er-
gebnisse hieraus, mit dem Managementinformationssystem ver-
bunden sein. Die Informationen des Managementinformations-
systems sind Ausgangspunkt fu¨r die Bestimmung der analyti-
schen Pru¨fungshandlungen
5
. Auch in diesem Fall ko¨nnte eine
Beeintra¨chtigung der Unabha¨ngigkeit des Abschlusspru¨fers ge-
geben sein.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Erbringung von
Dienstleistungen im Zusammenhang mit Accounting-Tools
durch den Abschlusspru¨fer dadurch belastet ist, dass a) Accoun-
ting-Tools mittelbar und unmittelbar Pru¨fungsgegenstand sind,
b) Einfluss auf die Risikobeurteilung des Abschlusspru¨fers und
der daraus generierten aussagebezogenen Pru¨fungshandlung und
c) Einfluss auf analytische Pru¨fungshandlungen haben ko¨nnten.
Diese U¨ berlegungen mu¨ssten zu dem Schluss fu¨hren, dass
Dienstleistungen um Accounting-Tools grds. fu¨r WPGs aus-
geschlossen sind. Die Thematik ist allerdings erheblich viel-
schichtiger als diese einfache Schlussfolgerung. Dies soll in der
nachfolgenden Analyse
dargestellt werden, die vor
allem auf die folgenden
Fragen eine Antwort geben
sollen:
1. Welche Tools fallen in
die Kategorie von
Accounting-Tools und
wa¨ren damit Rechnungs-
legungsinformationssys-
teme (im Folgenden
kurz: „RIS“) oder damit
vergleichbare in den in-
ternationalen Indepen-
dence Standards ge-
nannte Anwendungen?
2. Du¨rfen die Abschluss-
pru¨fer Leistungen im
Zusammenhang mit Accounting-Tools erbringen und wenn
ja, in welchem Rahmen du¨rfen sich diese Leistungen bewe-
gen?
3. In welcher Weise darf eine WPG mit einer IT-Gesellschaft
zusammenarbeiten, die Accounting-Tools entwickelt?
4. Was folgt aus einem Wechsel des Abschlusspru¨fers auf die/
den WPG/WP, der ein Accounting-Tool in der Vergangen-
heit eingefu¨hrt hat?
5. Wie kann eine WPG ihre Compliance zu einem Gescha¨ft
um Accounting-Tools sicherstellen?
Die Abb. 1 zeigt, dass in den Finanzberichterstattungssystemen
der Unternehmen nicht mehr nur die klassischen Nebenbu¨cher,
wie z. B. die Anlagen- und Lohnbuchhaltungen von Unterneh-
men erforderlich sind. U¨ ber Schnittstellen wird inzwischen eine
Vielzahl von Systemen zu komplexen Themen der Finanzbericht-
erstattung mit den „Kernsystemen“ der Finanzbuchhaltung ver-
bunden.
Dafu¨r sind vor allem zwei Entwicklungen verantwortlich. Die
Anforderungen einzelner Rechnungslegungsstandards sind er-
heblich gestiegen und bedu¨rfen i. d. R. mehr Zeit. Die Zeitra¨u-
me zur Erstellung von Abschlu¨ssen haben sich dagegen noch
verku¨rzt. Accounting-Tools sind der Versuch, komplexe Ac-
counting-Themen in einer schnelleren Zeit abzuarbeiten. Inner-
halb der Standard-Finanzbuchhaltungssysteme ließen sich die
komplexen Themen nur sehr umsta¨ndlich und aufwendig abbil-
den. Eine weitere Entwicklung besteht darin, dass sich die
Technologie von web-basierten Instrumenten in rasender Ge-
schwindigkeit fortentwickelt und aufgrund immer geringer wer-
dender Entwicklungszeiten und der Mo¨glichkeit, diese vollsta¨n-
dig u¨ber Schnittstellen in die bestehenden Systeme zu integrie-
ren, immer o¨fter in Anspruch genommen wird.
2. Das Selbstpru¨fungsverbot des HGB
Ziel des Selbstpru¨fungsverbots ist es grds., zu vermeiden, dass
der Abschlusspru¨fer Sachverhalte zu beurteilen hat, an deren
Entstehung er selbst unmittelbar beteiligt war
6
. Wenngleich die
Unabha¨ngigkeit des Abschlusspru¨fers im Allgemeinen und das
Selbstpru¨fungsverbot im Speziellen Gegenstand umfangreicherer
5 Vgl. ferner
Fo¨rschle/Schmidt
, a.a.O. (Fn. 4), § 319a Rdn. 25.
6 Vgl.
Ebke
, in: Schmidt, Mu¨nchener Komm. z. HGB, 2. Aufl. 2008, § 319a
Tz. 15.
1250
Betriebswirtschaft
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013