DER BETRIEB 23 - page 23

en oder der Neugestaltung von bereits bestehenden Rechnungs-
legungsinformationssystemen aus Unabha¨ngigkeitsgesichtspunk-
ten unkritisch
43
. Schließlich ist die projektbegleitende Pru¨fung
„weder eine Beratung, noch eine Mischform zwischen Pru¨fung
und Beratung“
44
. IDW PS 850 als einschla¨gige berufssta¨ndische
Verlautbarung, regelt projektbegleitende Pru¨fungen
45
. Der WP
muss hiernach bei projektbegleitenden Pru¨fungen eigenverant-
wortlich handeln und hat entsprechend den allgemeinen Berufs-
grundsa¨tzen unabha¨ngig
46
und unparteilich
47
zu agieren.
Die nachfolgenden Phasen fu¨r ein Einfu¨hrungsprojekt eines
Accounting-Tools orientiert sich an Phasen einer „u¨blichen“
Softwareentwicklung und Implementierung:
Phase 1: Entwicklung des Projektplans, Projektinitiierung und
Projektkickoff
In dieser Phase wird der Projektplan in sachlicher, zeitlicher
und personeller Hinsicht vorbereitet. Das Projekt startet mit der
Projektinitiierung, die darin besteht, dass der Projektplan mit
den Projektbeteiligten abgestimmt wird (einschließlich der Be-
stimmung eines Lenkungskreises, der Projektleitung und des
Teams usw.), die Rollen der Projektbeteiligten sowie die Art der
Kommunikation bestimmt werden (z. B. Format der Bericht-
erstattung, Jour Fixes). Zusammenfassend wird ein Projektkick-
off veranstaltet, in dem alle Projektbeteiligte die gemeinsamen
Ziele des Projekts besta¨tigen.
In dem Fall, dass der projektbegleitende Pru¨fer auch Ab-
schlusspru¨fer des Unternehmen ist, darf er nicht in Projektent-
scheidungen eingebunden werden
48
. Um diesem Erfordernis
nachkommen zu ko¨nnen, wa¨re es zwingend, „dass der projekt-
begleitende Pru¨fer nicht Teil des Projektteams oder eines Ent-
scheidungsgremiums zur Einfu¨hrung ist“
49
. Gleichermaßen kann
er bei der Anfertigung des Projektplans lediglich mit Hinweisen
und Ratschla¨gen auf Basis seiner Erfahrung zur Seite stehen
50
,
aber nicht selbst den Projektplan erstellen. Pru¨fungsbegleitend
darf die WPG nach Fertigstellung des Projektplans dem Team,
der Projektleitung und dem Lenkungskreis beratend zur Seite
stehen. Zweifelsfrei sichergestellt sein muss allerdings hierbei,
dass die letztliche Entscheidungskompetenz beim Management
des Unternehmens verbleibt
51
.
Phase 2: Entwicklung Fachkonzept
Die Entwicklung des Fachkonzepts umfasst in Abha¨ngigkeit
der Anforderungen der Unternehmen die Beschreibung aller
Funktionen der Accounting-Tools sowie die Beschreibung der
individuellen Schnittstellen zwischen den Tools und den Syste-
men des Unternehmens (i. d. R. Buchfu¨hrungs- und Konsolidie-
rungssysteme). Das Fachkonzept wird fu¨r den Anwender ge-
schrieben, es dient ha¨ufig als Dokumentation und Nachschlage-
werk bei der Suche nach den funktionalen Zusammenha¨ngen in
den Tools.
In den Beschreibungen erfolgt eine fachlich generische Erla¨u-
terung der Thematik (z. B. fu¨r Leasing die Kriterien zur Klassifi-
zierung in Finance und Operating Lease) und in welcher Weise
dies in dem Accounting-Tool umgesetzt ist (z. B. bei welcher
Art von Leasingvertra¨gen sollte eine Abstimmung mit der Zen-
trale erfolgen, welche Logiken zur individuellen Klassifizierung
im Unternehmen entha¨lt das Tool fu¨r das Unternehmen) sowie
in welcher Weise die Ausgabe erfolgt (z. B. in Form eines Bu-
chungssatzes).
Ob das Fachkonzept auch Beschreibung der Prozesse bein-
haltet, ist unterschiedlich. Unter Beru¨cksichtigung der Doku-
mentation von internen Kontrollen, die in Prozessschritte inte-
griert sind, erscheint dies sinnvoll. Allerdings sollte beachtet
werden, dass die Erstellung eines Fachkonzepts mit einem er-
heblichen Aufwand verbunden ist, der bei der Erga¨nzung um
die Dokumentation der Prozessschritte noch ausgeweitet wird.
Der Abschlusspru¨fer kann bei den Arbeiten an dem generi-
schen Teil des Fachkonzepts mitwirken. Die Erla¨uterungen zu
den grundlegenden Berechnungen nach dem Accounting-Stan-
dard (z. B. zur Berechnung latenter Steuern ist ein Bilanzver-
gleich notwendig oder fu¨r ein Impairment-Test sind die Trig-
gering Events einzusammeln) sind in dem generischen Bereich
anzusiedeln. Soweit die WPG fu¨r die Umsetzung von einzelnen
Themen Alternativen aufzeigt, wa¨re dies außerdem zula¨ssig. Der
individuelle, unternehmensspezifische Teil des Fachkonzepts ist
dagegen von dem Mandanten vorzubereiten. Die Beschreibung
von Schnittstellen fa¨llt i. d. R. in den individuellen Bereich und
kann nicht durch den Abschlusspru¨fer gestaltet sein.
Phase 3: Entwicklung IT-Konzept
Das IT-Konzept umfasst die technischen Details in der Soft-
ware und stellt die Umsetzung des Fachkonzepts in einer Soft-
ware dar. Es beschreibt die relevanten Daten und ihre Verarbei-
tung und ha¨lt sich an das EVA-Prinzip. Das heißt, es ist zu er-
la¨utern, welches Thema betroffen ist, dann folgen Ausfu¨hrungen
zu Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe. Das Programm und das
Datenmodell wird in allen Facetten beschrieben, sowie tech-
nische Anforderungen an Hard- und Software dargelegt. Ha¨ufig
wird das IT-Konzept in das Fachkonzept integriert.
Die pru¨ferische Einbindung des Abschlusspru¨fers in dieser
Phase ist insbesondere im Hinblick auf die Beurteilung der Be-
achtung der bestehenden Ordnungsma¨ßigkeitsanforderungen
sinnvoll. Gestalterische Ta¨tigkeiten sind dem Abschlusspru¨fer
versagt.
Phase 4: Umsetzung und Testing
Die Umsetzung beinhaltet die Programmierung der Anforde-
rungen aus dem Fachkonzept. Sobald die Konzepte in der Soft-
ware umgesetzt sind, startet die erste Testphase. Das System
wird auf Basis von Musterfa¨llen generisch getestet. Dabei han-
delt es sich um fiktive Fa¨lle, die mo¨glichst alle Situationen ab-
decken.
Danach wird die Software an die Gesellschaft u¨bergeben, auf-
gespielt und zur Nutzung bereitgestellt. Eine zweite Testphase
erfolgt mit den realen Fa¨llen des Unternehmens. Ha¨ufig werden
alte Abschlu¨sse zur Hilfe genommen und ein Vergleich zwischen
alter Systematik und neuem Ermittlungssystem gezogen. Die
Schnittstellen werden zeitgleich realisiert und getestet.
Der Abschlusspru¨fer kann insbesondere bei der Auswertung
und Beurteilung generischer Testfa¨lle pru¨ferisch unterstu¨tzen.
Die unternehmensspezifischen Tests sind von der der betroffe-
nen Gesellschaft durchzufu¨hren. Wenn allerdings, wie oben be-
schrieben, Fa¨lle genutzt werden, die ein Vorjahr betreffen, kann
die WPG auch hier wieder pru¨ferisch unterstu¨tzend ta¨tig wer-
den.
43 Vgl. IDW PS 850; dazu
Fo¨rschle/Schmidt
, a.a.O. (Fn. 4), § 319a Rdn. 27. Vgl.
dazu ferner § 23a Abs. 8 BS WP.
44
Heese
, WPg 2009 S. 762.
45 Vgl. dazu
Heese
, WPg 2009 S. 759-768. IDW PS 850 lo¨st St. HFA 4/19997 ab.
46 Vgl. § 43 WPO; § 2 BS WP.
47 Vgl. § 49 WPO.
48 Vgl. IDW PS 850, Tz. 32 ff.;
Petersen/Zwirner
, WPg 2009 S. 773;
Heese
, WPg
2009 S. 762.
49
Heese
, WPg 2009 S. 762.
50 Vgl.
Heese
, WPg 2009 S. 762.
51 Vgl. IDW PS 850, Tz. 35;
Heese
, WPg 2009 S. 762.
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013
Betriebswirtschaft
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