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8 / 2013
KURS
GEFÖRDERTE VORSORGE
Erdland verweist dagegen auf die Kraft der kapitalgedeckten
Vorsorge, die er angesichts des demographischen Wandels
für unverzichtbar hält. Nur mit allen drei Säulen (gesetzliche
Rente, betriebliche Altersvorsorge und private Altersvorsor-
ge) könne das Alterssicherungssystem insgesamt stabil blei-
ben, so sein Plädoyer. Für ihn stellt dabei die Riester-Rente
die für viele Menschen mit Abstand attraktivste Vorsorge-
variante dar, denn auch deren Kritiker „sind regelmäßig
nicht in der Lage, realistische Alternativen aufzuzeigen, die
höhere Leistungen bieten“.
Um dem hinkenden Pferd wieder auf die Hufe zu helfen,
schlägt der GDV vor, bei der Riester-Rente das Fördervo-
lumen zu dynamisieren und die Grundzulage zu erhöhen.
Zudemmüsse das Problem der Anrechnung von freiwilliger
Eigenvorsorge bei der Grundsicherung zum Beispiel durch
Freibeträge gelöst werden.
Debatte kommt zur Unzeit
Für die politischen Verantwortungsträger kommen die
schlechten Nachrichten von der „Vorsorgefront“ angesichts
des heißen Wahlkampfthemas „Altersarmut“ zur Unzeit.
Schließlich haben ihre zahlreichen Initiativen, mit dem Al-
tersvermögensgesetz aus 2002 und dem Alterseinkünftege-
setz aus 2005, nicht nur dazu beigetragen, dass ein jahr-
zehntelang bewährtes und beliebtes Vorsorgeprodukt, die
Kapitallebensversicherung, quasi zu Grabe getragen wurde
und sich die private Altersvorsorge seither mehr oder we-
niger im Experimentierstadium befindet. Vielmehr scheint
nun auch das einst so hoffnungsvoll gestartete „Rentener-
satzprogramm“ Riester knieweich zu werden.
Mit dem jüngst beschlossenen Altersvorsorge-Verbesse-
rungsgesetz wurde deshalb ein neuer Aufschlag gemacht,
um die Vorsorgementalität der Bundesdeutschen wieder
stärker zu beleben. Gleichzeitig wächst die Sorge, dass sich
angesichts der in absehbarer Zeit in Rente gehenden gebur-
tenstarken Jahrgänge aus den sechziger Jahren das Gespenst
der Altersarmut doch als bittere Realität erweisen könnte.
Zumal die Politik selber durch die stillschweigende Akzep-
tanz der schleichenden privaten Vermögensenteignung im
Zuge der finanziellen Repression kräftig dazu beiträgt, dieses
Zukunftsproblem zu verschärfen.
Schon holen Experten und hinter vorgehaltener Hand auch
wirtschaftsnahe Politiker in der wachsenden Not mit der
Keule einer nochmaligen Heraufsetzung des Rentenalters
aus. So argumentiert der ehemaligeWirtschaftsweise Profes-
sor Dr. Bert Rürup damit, dass ein Baby, das heute geboren
wird, im Durchschnitt drei Monate länger lebe als eines, das
vor einem Jahr auf dieWelt gekommen sei.Angesichts dieser
spürbar steigenden Lebenserwartung hält Rürup, der selber
allerdings einer Generation entstammt, deren Vertreter im
Vergleich zum heutigen, weniger zahlreichen Nachwuchs
ungleich länger studieren und dafür jünger in die Frührente
gehen konnten, ein höheres Renteneintrittsalter für eine der
Stellschrauben, um dem Problem der Altersarmut wirksam
begegnen zu können.
George Clegg
„Ein Baby, das heute geboren
wird, lebt imDurchschnitt
drei Monate länger als eines,
das vor einem Jahr auf die
Welt gekommen ist.“
Prof. Dr. Bert Rürup
Demographische Entwicklung
Heute die Alten – morgen die Jungen?
Mit dem Renteneintrittsalter von 67 soll noch nicht das obere Ende
der Skala erreicht sein. Das fordert nach einem Bericht des „Spiegel“
die Mehrheit von CDU/CSU und FDP in der Projektgruppe„Wachstum,
Wohlstand, Lebensqualität“ einer Enquete-Kommission des Bundes-
tags. Danach plädieren diese Abgeordneten für die Erhöhung des
gesetzlichen Rentenalters auf 69 Jahre bis 2060. Grund: Das Finan-
zierungsproblem der Sozialversicherungen sei noch ungelöst. Nach
Ansicht des Chefs vom Ifo-Institut, Hans-Werner Sinn, nutzt das alles
aber wenig. Die demographische Krise sei nicht mehr aufzuhalten
und die Politik machtlos, prophezeit er in der Tageszeitung„Die Welt“.
Wenn in 15 bis 20 Jahren die Babyboomer in Rente gehen, bekämen
die Bürger die Auswirkungen der geringerenGeburtenratenmit einem
Schlag zu spüren. Sinn sagt einen sinkenden Lebensstandard und bis
zu 50 Prozent höhere Rentenbeiträge voraus, um die Renten der Babyboomer finanzieren zu können. Der Verlust von internationaler Wett-
bewerbsfähigkeit werde dann zu einem spürbaren Absinken des Lebensstandard führen. Aktuell allerdings macht sich der Wandel noch
nicht bemerkbar. So berichtet die Saarbrücker Zeitung unter Berufung auf eine Datenübersicht der Bundesagentur für Arbeit, dass die Ar-
beitslosigkeit unter den über 55-Jährigen in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen habe. Danach waren 2012 durchschnittlich
544.484Menschen der Generation über 55 arbeitslos gemeldet, gut 27 Prozent mehr als imJahr 2008. Die Aussichten, dass die nachfolgende
Generationmöglicherweise noch schlechtere Chancen vorfindet, dürfte für die heute von derWirtschaft zum„alten Eisen“ geworfenen noch
jungen, alten Arbeitslosen deshalb kaum tröstlich sein.
G.C.
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