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KURS
8 / 2013
GEFÖRDERTE VORSORGE
Kein Freifahrtschein
zum Eigenheimglück
Max Herbst ist anerkannter und viel gefragter Baufinanzierungsexperte und Inhaber der Frankfurter FMH-
Finanzberatung, die als Pionier für Zinsvergleiche im deutschsprachigen Raum gilt und seit vielen Jahrzehn-
ten auf Basis komplexer Datenbanken und eigener Analysen und Recherchen umfassende und individuelle
Vergleichsmöglichkeiten für Profis und Verbraucher ermöglicht. Mit ihm sprach KURS über die von Baufinan-
zierungsanbietern oftmals hoch gelobte Eigenheimrente. Ein staatliches Förderinstrument, das man seiner
Ansicht nach mit der gebotenen Sorgfalt nutzen sollte. Denn der
Wohn-Riester
hat so seine Ecken und Kanten.
KURS: Herr Herbst, die Eigenheimrente, der so genannte
Wohn-Riester, ist nach Ansicht der Bausparkassen ein Ver-
kaufsschlager. Zwei von drei abgeschlossenen Riester-Verträ-
gen seien 2012 Eigenheimrenten-Verträge gewesen. Offenbar
finden viele potenzielle Bauherren die Förderung gut. Sie
selber sehen das differenzierter. Warum dieses Skepsis?
Herbst:
Wenn in den Medien die geringe Rendite von Riester-
Verträgen bei Lebensversicherungen oder Fondsangeboten
angeprangert wird und gleichzeitig die hohen Provisionen of-
fengelegt werden, dann ist es natürlich für die Bausparkassen
leicht,Wohn-Riester Verträge zu verkaufen.Weitere und nach-
vollziehbareVerkaufshilfen sind leicht auszumachen: Staatliche
Förderung und schneller schuldenfrei sein. Für alle, die vom
eigenenHäuschen träumen, zwei fast unschlagbareArgumente.
KURS: Ist die staatliche Förderung des Eigenheimbaus denn
nicht ein probates Mittel zur Vorbeugung gegenAltersarmut?
Was kann dagegen eingewendet werden?
Herbst:
Da gebe ich Ihnen ja Recht. Aber das heißt ja noch
nicht, dass jeder, der sich ein eigenes Haus wünscht, dies
auch finanzieren kann. Und ich glaube nicht, dass es allen
Wohn-Riester-Kunden bewusst ist, dass sie sich den Traum
vom Eigenheim nie erfüllen können. Da hilft auch kein
Bausparvertrag mit sehr geringen Zinsen in der Spar- und
Darlehensphase.Wenn man die Abschlusskosten bei anderen
Vorsorgeformen ansieht, dann ist die Abschlussprovision der
Bausparverträge echt vertretbar. Wer aber ohne Erbe oder
Lottogewinn nicht bauen kann, der wäre mit einem Bank-
sparplan mit der Riester-Förderung auf der rentableren Seite.
KURS: Sie werfen vielen Anbietern der Eigenheimrente ein
„erschreckendes Informations-Desaster“ vor. Auf welcher
Grundlage kommen Sie zu dieser Aussage?
Herbst:
Die Verkäufer sprechen gerne von den Riester-Zu-
lagen und steuerlichen Vorteilen und erwähnen oft nur im
Nebensatz, dass die Förderung ab Eintritt ins Rentenalter
versteuert werden muss. Das Wohnförderkonto, wie dieses
Ungetüm heißt, kann schnell sechsstellige Beträge auswei-
sen. Denn dort summieren sich ja nicht die ausgezahlten
Riester-Zulagen sondern der förderungsfähige Betrag, der in
vielen Fällen eben jährlich 2100 bzw. 4200 Euro betragen
wird. Und darüber wird von den Vertretern sehr ungern
gesprochen – aus Angst vor der negativen Auswirkung oder
fehlender eigener Fachkenntnis.
KURS: Was bedeutet ein solches Informationsdefizit für den
Kunden?
Herbst:
Wenn man demKunden bei Vertragsabschluss gleich
über die anfallenden Beträge im Rentenalter informieren
würde, würde vermutlich manch einer auf den Riester-
Vertrag verzichten. Im Vergleich zum Riester-Vertrag mit
Versicherung oder Fonds hat der Eigenheimbesitzer Geld und
Förderung schon erhalten und muss jetzt für etwas Steuern
bezahlen, das keine Erträge sondern nur Mietvorteil erwirt-
schaftet. Und diese Diskrepanz ist nicht ganz so leicht zu
vermitteln und mit vielen Fragezeichen versehen.
KURS: Wer sind denn die größten „Informations-Sünder“
– und wer hebt sich hier im Gegensatz positiv ab?
Herbst:
Wir hatten im April und Mai für das Handelsblatt
eine Umfrage bei den Bausparkassen mit Riester-Angeboten
durchgeführt. Wir hatten den Bausparkassen auch vorweg
gesagt, dass wir uns die Informationen bei Vertretern be-
sorgen, wenn die Zentrale keine Angaben machen will. Wir
hatten dann von jeweils drei unterschiedlichen Vertretern
Bausparangebote eingeholt. Negativ aufgefallen sind uns
dabei die Vertreter von drei namhaften Bausparkassen,
weil sie nicht immer Aussagen zum Wohnförderkonto und
Vertragsverlauf mitgeliefert hatten. Ich spreche lieber über
die professionellen Angebote der großen Bausparkassen wie
Schwäbisch Hall, BHW oder Deutsche Bank. Bei den LBS-
Bausparkassen ist nur die LBS Nord positiv aufgefallen.
KURS: Für wen lohnt überhaupt der Abschluss eines Wohn-
Riester? Und was wären die Grundvoraussetzungen, um von
dieser Förderung zu profitieren?
Herbst:
EinWohn-Riester-Vertrag rechnet sich nach unseren
Berechnungen für alle, die entweder sehr wenig oder eben
sehr viel, ab einem Familienbrutto von 80.000 Euro, verdie-
nen. Im ersten Fall überwiegt der Vorteil der Zulagen und im
zweiten Fall die Höhe der zusätzlichen Steuerersparnis. Das
sind die Vorgaben, die mathematisch betrachtet, im Vorfeld
gelten. Da aber die Eigenheimförderung mit Riester bezogen
auf möglichen Verkauf und eventuellem späteren erneutem