KURS MAGAZIN 08/2013 - page 21

21
8 / 2013
KURS
GEFÖRDERTE VORSORGE
bieter trifft, erleichtert werden. Und Riester-Sparer können
ihr Kapital leichter zur Finanzierung der eigenen Immobilie
einsetzen.
Der Wohn-Riester kann nun auch zur altersgerechten Mo-
dernisierung genutzt werden. Ist die geförderte Immobilie
vermietet, hat der Riester-Sparer nun fünf Jahre Zeit, eine
neue Immobilie zu kaufen, ohne dass er Fördergelder zu-
rückzahlen muss.
Kein Wunder, dass vor allem der Verband der Privaten Bau-
sparkassen frohlockt und von einemweiteren Boom ausgeht.
„Zwei von drei zusätzlichen Riester-Verträgen entfielen 2012
auf die Eigenheimrente“, so der Verband. Deutlich sprö-
der fällt die Reaktion des Gesamtverbandes der Deutschen
Versicherungswirtschaft (GDV) aus. Er rügte nicht nur die
Nichtanhebung der Rürup-Förderung, sondern legte auch
bei Riester gleich einmal den Finger in zwei offene Wunden.
So will der GDV seit langem, dass das Fördervolumen an die
Einkommensentwicklung der Bürger angepasst und auch die
Grundzulage erhöht wird. Bisher können Vorsorgebeiträge
bis zu 2100 Euro jährlich von der Steuer ab gesetzt werden.
Bei einer vierprozentigen Orientierung an der Beitragsbe-
messungsgrenze wäre schon 2013 ein Betrag von 2784 Euro
möglich gewesen.Außerdemmüsse das Problem der Anrech-
nung von freiwilliger Eigenvorsorge bei der Grundsicherung,
z.B. durch Freibeträge, gelöst werden.
Imageproblem für die Riester-Rente
Das ist ein tatsächliches Imageproblem für die Riester-Rente.
Der GDV fordert daher: „Wer vorsorgt, muss imAlter mehr
haben, als derjenige, der dies nicht tut.“ Insgesamt begrüßt
die Branche aber „ausdrücklich“ die Einführung eines Pro-
duktinformationsblatts für zertifizierte Altersvorsorge- und
Basis-Renten-Verträge. „Ein vereinfachtes, einheitliches In-
formationsblatt erleichtert die Entscheidung für das pas-
sende Produkt. Anbieterübergreifende Kennzahlen, die die
Kosten und Leistungen transparent ausweisen, schaffen Ver-
gleichbarkeit zwischen den Produkten“, so der GDV.
Zur erhöhten Transparenz der privaten geförderten Alters-
vorsorge heißt es in den Erläuterungen des Gesetzes: „Zur
besseren Vergleichbarkeit der Angaben für den Verbraucher
werden Aufbau und Inhalte des Produktinformationsblatts
gesetzlich normiert: Dazu zählen insbesondere bestimmte
Kosten- und Renditekennziffern, die über sämtliche Pro-
duktgruppen und -kategorien einheitlich ermittelt werden.
Darüber hinaus sollen die optische Darstellung und die
Reihung der darzustellenden Inhalte vorgegeben werden.“
Die Kosten in Altersvorsorge- und Basis-Renten-Verträgen
werden auf die „gängigsten“ begrenzt. Eine Regelung, die
selbst der Verbraucherzentrale Bundeverband in seiner Stel-
lungnahme zumGesetz „positiv bewertet“. Damit werde der
fortschreitenden Intransparenz bei der Kostenausweisung
Einhalt geboten, heißt es Einbezogen werden müssen künftig
auch Ausgabeaufschläge und Transaktionskosten.
Doch schon jetzt, kaum dass das Gesetz richtig das Licht
der Welt erblickt hat, gibt es ersten Streit. So kritisieren die
Verbraucherschützer, dass ein Vergleich der Produkte nicht
möglich ist, weil die Anbieter ihre Kosten unterschiedlich
angeben können. Demgegenüber verteidigt der GDV das
neue Recht und verweist darauf, dass es sehr wohl eine
Gesamtkostenziffer gibt.
Und weiterer Hader ist vorprogrammiert: So müssen die
Produkte künftig nach Chancen-Risiko-Klassen eingeordnet
werden. Die Einordnung soll durch Berechnungen anhand
von Kapitalmarktsimulationen erfolgen. Dafür wird extra
eine staatliche Zertifizierungsstelle eingerichtet. Die Behörde
oder ihre Ausführungsorgane dürften von Anbieter gehörig
unter Beschuss genommen werden, wenn das Ergebnis für die
eigenen Produkte nicht so ausfällt wie erwartet.Ansatzpunkt
dürfte die Basisparameter der Kapitalmarktsimulation sein.
Das könnte zu einem lang anhaltendenWissenschaftlerstreit
führen.
Immerhin: Die Riester- und Rürup-Rente dürften mit der
Einführung des Gesetzes wieder etwas positiver dargestellt
werden. Denn praktisch werden z.B. nun auf einen Schlag
Risikoprofile salonfähig. Sie werden bereits von Morgen &
Morgen (M&M) imRahmen des Projektes Volatium erstellt.
Auch das Berliner Institut für Transparenz in der Altersvor-
sorge (ITA) und der Versicherungsmakler Mark Ortmann
stellen Vermittlern solche Risikoprofile für Altersvorsorge-
produkte zur Verfügung. Riester-Policen dürften hier wegen
des garantierten Beitragerhaltes immer eine sehr gute Figur
machen.
Angesichts des neuen Rechts, das der geförderten Altersvor-
sorge einen Schub geben sollte, erscheint es logisch, dass die
beiden wichtigsten Player in diesemMarkt eine Kooperation
vereinbarten. M&M beteiligt sich mit 50 Prozent am ITA.
„Wir werden auch künftig Produktanbieter dabei unterstüt-
zen, ihre Produkte (Produktinformationsblätter, Angebots-
unterlagen; Bedingungen, Kundenkorrespondenz) verständ-
licher zu gestalten. Mit M&M haben wir einen besseren
Marktzugang“, erläutert ITA-Geschäftsführer Ortmann die
neue Kooperation.
Mailing-Konzept für geförderte Vorsorge
In der Vergangenheit hatte M&M-Inhaber und Vorsitzen-
der der Geschäftsführung, Joachim Geiberger, sein Interesse
daran geäußert die Funktion der „Produktinformationsstel-
le Altersvorsorge“ zu übernehmen. Dieser Plan wurde von
der Pressesprecherin von M&M nicht dementiert. Laut dem
neuen Recht kann das Bundesministerium der Finanzen
einer juristischen Person des Privatrechts die Aufgaben der
Produktinformationsstelle Altersvorsorge übertragen. Diese
Institution muss u.a. dafür sorgen, dass Vorsorgeprodukte
hinsichtlich ihrer Chancen-Risiko-Profile in die richtigen
Klassen eingeordneten werden.
Ortmann bestätigt, dass man sich auch künftig „um öffent-
liche Ausschreibungen, die thematisch zum ITA passen“,
bewerben wird. Eine gewisse Konkurrenzsituation könnte
aufgrund der M&M-Beteiligung zum Ulmer Institut für
Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) entstehen. Auch
dessen Leiter, Professor Jochen Ruß, werden Ambitionen
nachgesagt, bei der staatlichen Risikoanalyse von Vorsor-
geprodukten tätig zu werden.
Nach Meinung von Ruß ist die Riester-Rente in der letzten
Zeit schlecht geredet worden. Explizit hat der Wissenschaft-
ler in einer Diskussionsrunde an der Universität Frankfurt
1...,11,12,13,14,15,16,17,18,19,20 22,23,24,25,26,27,28,29,30,31,...52
Powered by FlippingBook