DER BETRIEB 25 - page 44

Zwar unrichtige Angaben zur Person des Leistungsempfa¨ngers,
. . .
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I
aa)
Die Person des Abnehmers und damit des Leistungs-
empfa¨ngers bestimmt sich nach st. Rspr. des BFH nach dem der
Lieferung oder sonstigen Leistung zugrunde liegenden Rechts-
verha¨ltnis
7
. Dieses Rechtsverha¨ltnis kann vertraglicher oder ge-
setzlicher Art sein (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Im Fall
einer Vertretung ohne Vertretungsmacht, die auch im Fall einer
Identita¨tsta¨uschung vorliegen kann und zur entsprechenden An-
wendung von §§ 177, 179 BGB fu¨hrt
8
, bestimmt sich die Per-
son des Abnehmers nach dem Rechtsverha¨ltnis, das gem. § 179
BGB zum vollmachtlosen Vertreter besteht. Abnehmer war da-
her die Person, die sich als KP ausgab.
. . . auf denen die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit beruhte,
. . .
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I
Somit liegen unrichtige Angaben des Abnehmers vor, auf
denen die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit durch die Kla¨ge-
rin beruhte, da die Person, die sich als KP ausgab, eine Lieferung
an die GmbH unter der dieser Gesellschaft in Luxemburg erteil-
ten USt-Identifikationsnummer vorta¨uschte.
. . . aber Kla¨gerin handelte nicht mit der erforderlichen Sorgfalt
28
I
bb)
Die Kla¨gerin hat nicht mit der erforderlichen Sorgfalt
gehandelt.
Nach EuGH-Urteil Mecsek-Gabona . . .
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(1)
Nach dem EuGH-Urteil vom 6. 9. 2012
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muss der Lie-
ferer in gutem Glauben handeln und alle Maßnahmen ergreifen,
die vernu¨nftigerweise verlangt werden ko¨nnen, um sicherzustel-
len, dass der von ihm geta¨tigte Umsatz nicht zu seiner Betei-
ligung an einer Steuerhinterziehung fu¨hrt (Rdn. 48), ist es, wenn
eine Steuerhinterziehung der Erwerberin vorliegt, gerechtfertigt,
das Recht der Verka¨uferin auf MwSt-Befreiung von ihrer Gut-
gla¨ubigkeit abha¨ngig zu machen (Rdn. 50) und sind alle Ge-
sichtspunkte und tatsa¨chlichen Umsta¨nde der Rechtssache um-
fassend zu beurteilen, um festzustellen, ob der Lieferer in gutem
Glauben gehandelt und alle Maßnahmen ergriffen hat, die von
ihm vernu¨nftigerweise verlangt werden konnten, um sicher-
zustellen, dass er sich aufgrund des geta¨tigten Umsatzes nicht an
einer Steuerhinterziehung beteiligt hat (Rdn. 53). Nichts anderes
ergibt sich aus der BFH-Rspr., soweit diese darauf abstellt, dass
der Unternehmer „Nachforschungen bis zur Grenze der Zumut-
barkeit“ durchfu¨hrt
10
, da das nationale Recht richtlinienkonform
und dabei die EuGH-Rspr. beachtend auszulegen ist.
. . . kann sich Bo¨sgla¨ubigkeit auch aus anderen Umsta¨nden als
dem Beleg- und Buchnachweis ergeben
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Danach kann sich die zur Steuerpflicht fu¨hrende Bo¨sgla¨u-
bigkeit auch aus Umsta¨nden ergeben, die nicht mit den Beleg-
und Buchangaben zusammenha¨ngen. Dementsprechend hat der
Senat bereits entschieden, dass ungewo¨hnliche Umsta¨nde wie
z. B. ein Barverkauf hochwertiger Wirtschaftsgu¨ter mit „Beauf-
tragten“ ohne U¨ berpru¨fung der Vertretungsmacht nicht bereits
fu¨r sich allein die Anwendung von § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG aus-
schließen, sondern bei der Wu¨rdigung zu beru¨cksichtigen sind,
ob der Unternehmer mit der erforderlichen kaufma¨nnischen
Sorgfalt gehandelt hat
11
.
Gesamtumsta¨nde sprechen gegen Beachtung der erforderlichen
Sorgfalt
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(2)
Im Streitfall wurde der Kontakt zum Abschluss der Kauf-
vertra¨ge, die den beiden Lieferungen zugrunde lagen, nicht u¨ber
den Gescha¨ftssitz der GmbH angebahnt. Insoweit lag auch kein
sonstiger Bezug zu demMitgliedstaat der Ansa¨ssigkeit der GmbH
vor. Der Kontakt zum Abnehmer erfolgte vielmehr auf der Ab-
nehmerseite ausschließlich u¨ber einMobiltelefon und ein Telefax-
gera¨t mit jeweils deutscher Vorwahl. Bei Beachtung der erforder-
lichen Sorgfalt ha¨tte die Kla¨gerin aufgrund dieser Umsta¨nde am
Vorliegen einer Gescha¨ftsbeziehung zu einer in Luxemburg ansa¨s-
sigen Gesellschaft zweifeln mu¨ssen. Ohne dass im Streitfall daru¨-
ber zu entscheiden ist, welche Anforderungen hieran imEinzelnen
zu stellen sind, ha¨tte die Kla¨gerin nur dann mit der erforderlichen
Sorgfalt gehandelt, wenn sie bei Anbahnung einer erstmaligen
Gescha¨ftsbeziehung zur GmbHzumindest auch denKontakt u¨ber
deren Gescha¨ftssitz in Luxemburg gesucht ha¨tte. Hierfu¨r bestand
auch imHinblick auf das Vorliegen von Bargescha¨ften u¨ber hoch-
wertige Wirtschaftsgu¨ter Veranlassung. Da die GmbH aufgrund
ihrer Liquidation keinen Gescha¨ftsbetrieb unterhielt, ha¨tte die
Kla¨gerin feststellen ko¨nnen, dass keine Bestellungen der GmbH
vorlagen. Auf die Frage, ob die Kla¨gerin die Fa¨lschung der beiden
Personalausweise und von Unterschriften erkennen konnte, kam
es somit nicht mehr an.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0597024.
7 Vgl. z. B. BFH-Urteil vom 18. 2. 2009 – V R 82/07, BStBl. II 2009 S. 876 =
DB 2009 S. 2136, unter II. 2. a) aa); Beschluss vom 22. 12. 2011 – V R
29/10, BStBl. II 2012 S. 441 = DB 2012 S. 666, unter II. 3. b).
8 Vgl. z. B. BGH-Urteil vom 3. 3. 1966 – II ZR 18/64, BGHZ 45 S. 193 = DB
1966 S. 619, unter I.; vom 11. 5. 2011 – VIII ZR 289/09, BGHZ 189 S. 346 =
DB0422682, unter II. 1. a).
9 EuGH-Urteil vom 6. 9. 2012 – Rs. C-273/11, Mecsek-Gabona, DB 2012
S. 2315 = UStR 2012 S. 796, Rdn. 48 ff.
10 BFH-Urteil vom 14. 11. 2012 – XI R 17/12, DB 2013 S. 1213 = DStR 2013
S. 753, unter II. 3. c) bb).
11 BFH vom 12. 5. 2009, a.a.O. (Fn. 4), Rdn. 69.
Ein Unternehmer ist auch insoweit als solcher an-
zusehen, wenn er neben seiner eigentlichen un-
ternehmerischen Ta¨tigkeit noch weitere wirt-
schaftliche Ta¨tigkeiten gelegentlich ausu¨bt
MwStSystRL Art. 9 Abs. 1
Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass eine na-
tu¨rliche Person, die bereits fu¨r ihre Ta¨tigkeit als selbststa¨ndiger
Gerichtsvollzieher mehrwertsteuerpflichtig ist, fu¨r jede weitere,
gelegentlich ausgeu¨bte wirtschaftliche Ta¨tigkeit als „Steuer-
pflichtiger“ anzusehen ist, sofern diese Ta¨tigkeit eine Ta¨tigkeit
i. S. von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL darstellt.
EuGH-Urteil vom 13. 6. 2013 – Rs. C-62/12, Galin Kostov
u
DB0596867
Erma¨ßigter Steuersatz in Irland fu¨r Lieferungen
von Windhunden und Pferden, die nicht als
Lebensmittel verwendet werden, die Vermietung
von Pferden und auf Besamungsdienstleistungen
entspricht nicht dem Unionsrecht
MwStSystRL Art. 96, 98 i. V. mit Anh. III, Art. 110
Irland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 96,
98 i. V. mit Anh. III und Art. 110 MwStSystRL verstoßen, dass
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
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