DER BETRIEB 25 - page 39

Entscheidungen
Bilanzsteuerrecht
Steuerneutralita¨t der berichtigenden Ausbuchung
einer KSt-Erstattungsforderung (sog. Stornie-
rungsgedanke)
Doppelte Aktivierung einer Forderung – Fehlerhafte Unter-
schiedsbetragsermittlung – Formeller Bilanzenzusammenhang
– Außerbilanzielle Neutralisierung einer Bilanzberichtigung
EStG 1990 § 4 Abs. 2 Satz 1; KStG 1991 § 10 Nr. 2
Die Ausbuchung einer nicht bestehenden KSt-Erstattungs-
forderung durch Bilanzberichtigung in einem spa¨teren Wirt-
schaftsjahr ist auch dann durch außerbilanzielle Hinzurech-
nung auszugleichen, wenn die erstmalige Aktivierung in
dem fru¨heren Wirtschaftsjahr entgegen § 10 Nr. 2 KStG 1991
nicht außerbilanziell neutralisiert worden war (Abgrenzung
zum BFH-Beschluss vom 16. 12. 2009 – I R 43/08, BStBl. II
2012 S. 688 = DB 2010 S. 479).
BFH-Urteil vom 30. 1. 2013 – I R 54/11
u
DB0592045
Die Kla¨gerin, eine GmbH, beschloss im Jahr 1993 eine Gewinnaus-
schu¨ttung fu¨r das Jahr 1991. Hierdurch ergab sich fu¨r 1991 eine KSt-
Minderung i. H. von 593.750 DM. Den hieraus resultierenden KSt-Er-
stattungsanspruch aktivierte die Kla¨gerin erstmals in der Steuerbilanz
zum 31. 12. 1992. Außerbilanziell zog sie einen Betrag in entsprechen-
der Ho¨he bei der Ermittlung ihres Einkommens wieder ab.
Im Rahmen einer die Jahre 1990-1994 betreffenden Außenpru¨fung
korrigierte der Pru¨fer diese bilanzielle Behandlung und aktivierte den
auf der Ausschu¨ttung beruhenden Erstattungsanspruch unter Hinweis
auf § 27 Abs. 3 KStG 1991 bereits zum 31. 12. 1991. Hieraus folgte
eine entsprechende Erho¨hung des Steuerbilanzergebnisses fu¨r das Jahr
1991. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens fu¨r das
Jahr 1991 zog der Pru¨fer dann auf der Grundlage des § 10 Nr. 2 KStG
1991 außerbilanziell einen entsprechenden Betrag wieder ab.
Die von der Kla¨gerin in der Steuerbilanz zum 31. 12. 1992 vorgenom-
mene Aktivierung des KSt-Erstattungsanspruchs von 593.750 DM, die
auf der Grundlage der Bilanz der Kla¨gerin im Jahr 1992 zu einem ent-
sprechenden steuerbilanziellen Ertrag gefu¨hrt hatte, korrigierte der Pru¨-
fer nicht. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens fu¨r das
Jahr 1992 beru¨cksichtigte er abweichend von der Steuererkla¨rung der
Kla¨gerin insoweit auch keinen Korrekturbetrag nach Maßgabe von § 10
Nr. 2 KStG 1991.
Das FA folgte den Ergebnissen des Pru¨fers und setzte auf dieser Grund-
lage die KSt fu¨r 1992 entsprechend fest. Der Bescheid ist – ebenso wie die
KSt-Bescheide fu¨r 1993 und 1994 – bestandskra¨ftig geworden.
Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses fu¨r das Streitjahr kam die Kla¨-
gerin zu der Erkenntnis, ihr Bilanzgewinn fu¨r 1992 sei auf der Grund-
lage der Berechnungen des Pru¨fers um 593.750 DM zu hoch ausgewie-
sen; die KSt-Erstattungsforderung sei in dieser Ho¨he sowohl 1991 als
auch 1992 gewinnerho¨hend beru¨cksichtigt worden. Aufgrund der Be-
standskraft der darauf basierenden Steuerfestsetzungen fu¨r 1992-1994
korrigierte die Kla¨gerin dies in ihrer Steuerbilanz zum 31. 12. 1995
(Streitjahr) in der Weise, dass sie die sich aus der Außenpru¨fung fu¨r
1990-1994 ergebenden Steuererstattungsanspru¨che und Steuerschulden
in die Bilanz einstellte und das Steuerbilanzergebnis durch Ausbuchung
eines KSt-Erstattungsanspruchs per Saldo um den Betrag von
593.750 DM minderte.
Auch nach Auffassung des FA ha¨tte der Erstattungsbetrag in der Bilanz
zum 31. 12. 1992 nicht (nochmals) gewinnerho¨hend angesetzt werden
du¨rfen und sei die von der Kla¨gerin fu¨r das Streitjahr vorgenommene
Bilanzberichtigung nach den Grundsa¨tzen des formellen Bilanzen-
zusammenhangs zula¨ssig. Jedoch sei die den Fehler beseitigende Kor-
rektur des Bilanzergebnisses bei der Ermittlung des zu versteuernden
Einkommens durch eine korrigierende Hinzurechnung nach § 10 Nr. 2
KStG 1991 in gleicher Ho¨he zu neutralisieren.
(. . .) Die deswegen erhobene Klage hatte Erfolg
1
. Die Revision fu¨hrte
zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage.
(. . .)
AUS DEN GRU¨ NDEN
Entscheidung
1 . . . 12
I
Das FA hat der von der Kla¨gerin in ihrer Bilanz zum
31. 12. 1995 vorgenommenen Forderungsausbuchung zu Recht
keine steuermindernde Wirkung beigemessen.
Es ist nicht eindeutig, ob es sich bei der Ausbuchung um eine
zula¨ssige Bilanzberichtigung gehandelt hat, . . .
13
I
1.
Aus den tatsa¨chlichen Feststellungen der Vorinstanz er-
gibt sich nicht mit letzter Sicherheit, dass die Ausbuchung der
KSt-Erstattungsforderung in der Schlussbilanz zum 31. 12. des
Streitjahres eine nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 zula¨ssige Bi-
lanzberichtigung gewesen ist.
14
I
a)
Gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 darf der Stpfl. die Bi-
lanz auch nach Einreichung beim FA a¨ndern, soweit sie den
GoB unter Befolgung der Vorschriften jenes Gesetzes nicht ent-
spricht. Nach der Rspr. des BFH ist, wenn ein fehlerhafter Bi-
lanzansatz in einem bestandskra¨ftig gewordenen Steuerbescheid
beru¨cksichtigt worden ist und jener Bescheid aus verfahrens-
rechtlichen Gru¨nden nicht gea¨ndert werden kann, bei der Steu-
erfestsetzung fu¨r ein nachfolgendes Jahr als „Betriebsvermo¨gen
zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres“ i. S. des
§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 das der fru¨heren Veranlagung zu-
grunde gelegte Betriebsvermo¨gen zu beru¨cksichtigen
2
. Die Kor-
rektur ist in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in
dem dies mit steuerlicher Wirkung mo¨glich ist (Prinzip des for-
mellen Bilanzenzusammenhangs
3
).
15
I
b)
Auf den Grundsatz des formellen Bilanzenzusammen-
hangs stu¨tzt die Kla¨gerin die Ausbuchung der Forderung auf
Steuererstattung in der Bilanz zum 31. 12. 1995. Sie mo¨chte da-
mit den Fehler korrigieren, der dadurch entstanden ist, dass bei
der Steuerfestsetzung des Vz. 1992 aufgrund eines Versehens
des Pru¨fers die aus der Gewinnausschu¨ttung fu¨r 1991 resultie-
rende KSt-Erstattungsforderung gewinnerho¨hend beru¨cksichtigt
worden ist, obwohl sie bereits in der der Besteuerung des Vor-
jahres zugrunde gelegten (Pru¨fer-)Bilanz zum 31. 12. 1991 akti-
viert worden war.
. . . denn mo¨glicherweise lag 1992 keine zweifache Aktivierung
des gleichen Anspruchs, sondern eine fehlerhafte Berechnung
des Unterschiedsbetrags vor, . . .
16
I
c)
Aufgrund der Bestandskraft der Steuerveranlagungen fu¨r
1992-1994 ist der Vz. 1995 im Streitfall zwar der erste verfah-
rensrechtlich noch „offene“ Vz., in dem eine Bilanzberichtigung
erfolgen ko¨nnte. Ob eine Fehlerkorrektur nach § 4 Abs. 2 Satz 1
1 FG Hessen, Urteil vom 6. 7. 2011 – 4 K 1358/10, DB0466130 = Der Konzern
2012 S. 83.
2 BFH-Beschluss vom 29. 11. 1965 – GrS 1/65 S, BStBl. III 1966 S. 142 = DB
1966 S. 445; Urteil vom 7. 6. 1988 – VIII R 296/82, BStBl. II 1988 S. 886 =
DB 1988 S. 1828; vom 28. 4. 1998 – VIII R 46/96, BStBl. II 1998 S. 443 =
DB 1998 S. 1377.
3 Vgl. z. B. BFH-Urteil vom 13. 2. 2008 – I R 44/07, BStBl. II 2008 S. 673 =
DB 2008 S. 1352, m. w. N.
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
Steuerrecht
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