Gesellschafterdarlehen die maximal zula¨ssige Quote von 94,9%
zu 5,1% hinsichtlich der Eigenkapitalbeteiligung zu verwa¨ssern.
Kla¨rungsbedarf im Einzelfall besteht ungeachtet dieser Einscha¨t-
zung vor allem bei ausla¨ndischen Rechtsformen, bei denen z. B.
Vorzugsgescha¨ftsanteile (preferred shares) ausgegeben werden.
c) Zeitpunkt der wirtschaftlichen Anteilsvereinigung
Da es nur auf die wirtschaftliche Beteiligung ankommen soll,
kann aus Sicht des Rechtstra¨gers auch nur das wirtschaftliche
Eigentum an den die Beteiligung vermittelnden Anteilen rele-
vant sein. Das rechtliche Eigentum an den Anteilen und damit
die rechtliche U¨ bertragung von Anteilen mu¨ssten dagegen irrele-
vant sein. Dementsprechend mu¨sste ein Erwerbsvorgang durch
wirtschaftliche Anteilsvereinigung erst durch den wirtschaft-
lichen Eigentumsu¨bergang (U¨ bergang von Besitz, Nutzungen,
Lasten und Gefahr) ausgelo¨st werden (Closing, nicht Signing
eines Anteilskaufvertrags).
d) Fiktion einer Anteilsvereinigung
Der beschriebene Rechtsvorgang „
gilt als Rechtsvorgang i. S. des
Abs. 3
“ und damit als Anteilsvereinigung. Wenn demnach durch
die wirtschaftliche Anteilsvereinigung i. S. des § 1 Abs. 3a
GrEStG per Fiktion eine Anteilsvereinigung i. S. des § 1 Abs. 3
GrEStG ausgelo¨st wird, dann wa¨ren eigentlich keine Folge-
a¨nderungen z. B. bei § 1 Abs. 6 GrEStG (Anrechnung) oder bei
§ 6a GrEStG notwendig. Genau diese Folgea¨nderungen sollen
aber erfolgen. Daher stellt sich die Frage, welchen Charakter die
Fiktion einer Anteilsvereinigung i. S. des Abs. 3 haben soll.
U. E. soll u¨ber den Verweis sichergestellt werden, dass ein steuer-
barer Erwerbsvorgang vorliegt. Diese Rechtsfolge ist in Abs. 3a
selbst nicht verankert. Infolge der Fiktion sollte allerdings auch ei-
ne der wirtschaftlichen Anteilsvereinigung nachfolgende recht-
liche Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG nicht nochmals
GrESt auslo¨sen. Das Gleiche gilt auch umgekehrt, d. h. es sollte
keine wirtschaftliche Anteilsvereinigung bei bereits bestehender
rechtlicher Anteilsvereinigung angenommen werden.
Ungeachtet dieser U¨ berlegungen ist zweifelhaft, ob die bishe-
rigen RETT-Blocker-Strukturen infolge der gesetzlichen A¨ nde-
rungen ohne Entstehung von GrESt aufgelo¨st werden ko¨nnen.
So ko¨nnte u. a. die bisherige RETT-Blocker-PersGes. ihre
Anteile an der grundbesitzenden KapGes. auf den Hauptgesell-
schafter u¨bertragen. Einerseits wird hier schon vor der Anteils-
u¨bertragung eine wirtschaftliche Anteilsvereinigung im Verha¨lt-
nis zum Hauptgesellschafter vorliegen, sodass eine abermalige
Anwendung von § 1 Abs. 3a GrEStG gesperrt sein du¨rfte. An-
dererseits wurde § 1 Abs. 3 GrEStG nicht abgeschafft, sodass
eine erstmalige rechtliche Anteilsvereinigung vorliegen ko¨nnte.
Fraglich ist sodann, ob die bestehende wirtschaftliche Anteils-
vereinigung die erstmalige rechtliche Anteilsvereinigung unge-
achtet dessen sperrt, dass in der Vergangenheit kein grund-
erwerbsteuerbarer Vorgang ausgelo¨st wurde
6
.
e) Mehrstufiger Konzern: Keine mehrfache wirtschaftliche Anteils-
vereinigung
In einer mehrstufigen Konzernkette kann ein Rechtsvorgang un-
ter Beteiligung einer in der Kette unten verankerten Gesellschaft
bewirken, dass infolge dieses Rechtsvorgangs nicht nur diese un-
ten verankerte Gesellschaft eine wirtschaftliche Beteiligung von
mindestens 95% innehat, sondern daru¨ber hinaus auch ho¨her in
der Kette verankerte Gesellschaften. Dennoch darf u. E. in Ana-
logie zu § 1 Abs. 3 GrEStG in einem solchen Fall nur einmal
GrESt ausgelo¨st werden (bei derjenigen zu mindestens 95% be-
teiligten Gesellschaft, die der grundbesitzenden Gesellschaft
„am na¨chsten“ ist).
Losgelo¨st davon sollten die Anteile dann auch bei den
Rechtstra¨gern weiter oben in der Beteiligungskette als vereinigt
gelten, sodass eine Verku¨rzung der Beteiligungskette in Analogie
zu § 1 Abs. 3 GrEStG nicht steuerbar sein du¨rfte
7
.
f) Analoge Anwendung von Grundsa¨tzen zu § 1 Abs. 3 GrEStG
Auch u¨ber die Verku¨rzung der Beteiligungskette hinaus sollten
die Grundsa¨tze zu § 1 Abs. 3 GrEStG entsprechend fu¨r § 1
Abs. 3a GrEStG gelten. Dies gilt z. B. im Hinblick auf die ent-
sprechende Anwendbarkeit der §§ 5, 6 GrEStG bei der Vereini-
gung von PersGes.-Anteilen
8
.
Zu erwa¨gen ist, ob in entsprechender Anwendung der Rspr.
zu § 13 Nr. 5 Buchst. a GrEStG
9
auch fu¨r den neu eingefu¨hrten
§ 13 Nr. 7 GrEStG im Fall der „en bloc“-U¨ bertragung von 95%
der Anteile auf einen Rechtstra¨ger – entgegen dem eindeutigen
Gesetzeswortlaut – neben dem Erwerber auch der Vera¨ußerer
Steuerschuldner ist. Gegen die entsprechende Anwendbarkeit
spricht, dass § 1 Abs. 3a GrEStG anders als § 1 Abs. 3 GrEStG
nicht zwischen Fa¨llen der erstmaligen Anteilsvereinigung und
der Weiteru¨bertragung bereits vereinigter Anteile unterscheidet.
Letztlich du¨rfte diese Frage jedoch nur bei grundbesitzenden
PersGes. relevant sein, bei denen ein Alt-Gesellschafter „en bloc“
95% der Vermo¨gensanteile hinzuerwirbt (ohne alle Anteile zu
erwerben). In allen anderen Fa¨llen mu¨ssten vorrangig entweder
§ 1 Abs. 2a GrEStG oder § 1 Abs. 3 GrEStG eingreifen.
g) Subsidiarita¨t
§ 1 Abs. 3a GrEStG greift nur, „
soweit eine Besteuerung nach
Abs. 2a und Abs. 3 nicht in Betracht kommt
“. U. E. kommt es da-
bei nur auf die (abstrakte) Steuerbarkeit des Erwerbsvorgangs
gem. § 1 Abs. 2a oder Abs. 3 GrEStG an. Eine eventuelle
Steuerbefreiung ist irrelevant
10
. Zudem kann es nicht darauf an-
kommen, ob der Steuerschuldner derjenige Rechtstra¨ger ist, der
die Steuer fu¨r den Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3a GrEStG
schulden wu¨rde. Bei Gesellschafterwechseln bei grundbesitzenden
PersGes. i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG ist der Steuerschuldner je-
weils die PersGes. und nicht der Neugesellschafter. Bei Anteils-
vereinigungen im grunderwerbsteuerlichen Organkreis sind die
Steuerschuldner die Mitglieder des Organkreises (und nicht ein
einzelner Erwerber). Auch diese Erwerbsvorga¨nge im Rahmen
einer grunderwerbsteuerlichen Organschaft sperren nach unserer
Auffassung die Anwendbarkeit von § 1 Abs. 3a GrEStG
11
.
h) Anzeige und Ru¨ckga¨ngigmachung
Die Einfu¨hrung von § 1 Abs. 3a GrEStG wird durch entspre-
chende Folgea¨nderungen in den §§ 16 und 19 GrEStG erga¨nzt.
Die wirtschaftliche Anteilsvereinigung ist demnach ebenso wie an-
dere grunderwerbsteuerbare Vorga¨nge einer Ru¨ckga¨ngigmachung
6 Vgl. hierzu auch
Schaflitzl/Schrade
, BB 2013 S. 348. Diese sehen fu¨r den Fall
der U¨ bertragung der Anteile des Dritten an der RETT-Blocker-PersGes. auf den
Hauptgesellschafter einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang gem. § 1 Abs. 3
GrEStG.
7 Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Beispiel von
Blumenberg
, in: Arbeits-
buch der FAfStR, 64. Steuerrechtliche Jahresarbeitstagung Unternehmen
2013, S. 462 ff., bei dem es infolge der Verku¨rzung der Beteiligungskette zu
einer erstmaligen wirtschaftlichen Anteilsvereinigung bei der Konzernmutter
kommt. Im Ergebnis kommt er dennoch zu dem u. E. richtigen Ergebnis,
dass die Verku¨rzung der Beteiligungskette hier nicht steuerbar sein kann.
Vgl. hierzu auch
Schaflitzl/Schrade
, BB 2013 S. 346.
8 Vgl. hierzu gleichlautender La¨ndererlass vom 2. 12. 1999, a.a.O. (Fn. 4),
Rdn. 3; gleichlautender La¨ndererlass vom 28. 4. 2005, DB0111341 = DStR
2005 S. 1012;
Hofmann
, a.a.O. (Fn. 2), § 1 GrEStG Rdn. 186.
9 Vgl. BFH-Urteil vom 3. 4. 1974 – II 186/65, BStBl. II 1974 S. 643.
10 So zutreffend auch
Blumenberg
, a.a.O. (Fn. 7), S. 460.
11
Schaflitzl/Schrade
, BB 2013 S. 346, gehen dagegen davon aus, dass die wirt-
schaftliche Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3a GrEStG die rechtliche An-
teilsvereinigung im Organkreis sperrt.
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
Steuerrecht
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