DER BETRIEB 25 - page 46

Grundlagen der Auftragspru¨fung
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1.
Außenpru¨fungen werden von den fu¨r die Besteuerung zu-
sta¨ndigen Finanzbeho¨rden durchgefu¨hrt (§ 195 Satz 1 AO). Sie
ko¨nnen andere Finanzbeho¨rden mit der Außenpru¨fung beauf-
tragen (§ 195 Satz 2 AO). Die beauftragte Finanzbeho¨rde darf
anstelle der an sich zusta¨ndigen Finanzbeho¨rde die Außenpru¨-
fung durchfu¨hren; sie ist zum Erlass der Pru¨fungsanordnung be-
fugt, aus der sich die Ermessenserwa¨gungen fu¨r den Auftrag er-
geben mu¨ssen
2
, wozu es auch geho¨rt, u¨ber einen Einspruch zu
entscheiden
3
. Die maßgebenden Erwa¨gungen, die bezogen auf
den Streitfall eine Auftragspru¨fung implizieren, ergeben sich aus
den §§ 13–18 BpO. Danach finden Pru¨fungen zusammenha¨n-
gender Unternehmen unter einheitlichen Gesichtspunkten und
einheitlicher Leitung statt
4
.
Pru¨fungsauftrag lag Ermessensentscheidung zugrunde
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2.
Das im Streitfall fu¨r die Besteuerung der Kla¨gerin nach
Maßgabe des § 19 Abs. 1 AO zusta¨ndige FA war wie unter
den Beteiligten unstreitig ist zuna¨chst das FA W. Durch in-
nerdienstliches Schreiben vom November 2009 hatte das FA
W das beklagte FA mit der Durchfu¨hrung der Außenpru¨fung
bei der Kla¨gerin beauftragt. Dem Auftrag lag eine Ermessens-
entscheidung der beauftragenden Finanzbeho¨rde (FA W) zu-
grunde.
Den rechtlichen Anforderungen an Ermessensentscheidungen
. . .
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a)
Die Rechtma¨ßigkeit einer Ermessensentscheidung setzt
voraus, dass sie mit Gru¨nden versehen ist, die die Ermessens-
erwa¨gungen der Beho¨rde erkennen la¨sst. Diese Erwa¨gungen
mu¨ssen sich aus dem betreffenden Verwaltungsakt ergeben
(§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO). Sie ko¨nnen allerdings unter den Ein-
schra¨nkungen des § 102 Satz 2 FGO bis zum Abschluss der
Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nach-
geholt werden (§ 126 Abs. 2 AO).
. . . wird die angefochtene Pru¨fungsanordnung gerecht
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b)
Nach diesen Grundsa¨tzen ist die angefochtene Pru¨fungs-
anordnung nicht zu beanstanden. Sie entha¨lt die fu¨r die Ermes-
sensausu¨bung auch des beauftragenden FA des FA W maß-
gebenden Erwa¨gungen der einheitlichen Pru¨fung der Kla¨gerin
im Konzernbereich des A-Konzerns. Aus der Pru¨fungsanord-
nung ergeben sich die Stpfl. (die Kla¨gerin), der Pru¨fungsumfang
(ESt und gesonderte Feststellungen 2002–2004) und die tragen-
den Ermessenserwa¨gungen fu¨r die Auftragspru¨fung (einheitliche
Pru¨fung des Konzerns A). Entgegen der Auffassung der Vor-
instanz bedurfte es keiner weiteren Ausfu¨hrungen, „aus welchem
Grund diese unternehmerische Beta¨tigung“ der Kla¨gerin einen
Bezug zum Konzern A aufweist. Dieser Bezug war na¨mlich fu¨r
alle Beteiligten klar und vom beklagten FA u¨berdies nochmals in
seiner Einspruchsentscheidung ausgefu¨hrt: Die Vermietung von
Ra¨umlichkeiten durch die Kla¨gerin an eine gruppenzugeho¨rige
KapGes.
Formulierung der Bitte um Erteilung des Pru¨fungsauftrags
nicht erheblich
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Es kommt entgegen der Vorentscheidung nicht auf die For-
mulierung der Bitte des beklagten FA um Erteilung des Pru¨-
fungsauftrags an. Abgesehen davon suggeriert dieses beho¨rden-
interne Schreiben, anders als die Vorinstanz meint, kein gemein-
sames Unternehmen der Kla¨gerin zusammen mit ihrem Ehe-
mann. Die Ausfu¨hrungen in diesem Schreiben sind im Kontext
der Akten und der Vorpru¨fungen so zu verstehen, wie sie
schließlich in der Pru¨fungsanordnung in Gestalt der Ein-
spruchsentscheidung umgesetzt wurden. Ferner nimmt auch der
entscheidende Akt des Pru¨fungsauftrags keinen Bezug auf ein
gemeinsames Unternehmen der Eheleute, sondern u¨bertra¨gt die
Befugnis zur Pru¨fung beider Stpfl. der Eheleute (der Kla¨gerin
und ihres Ehemannes) auf das beklagte FA.
Urspru¨ngliche Pru¨fungsanordnung ist nach § 130 AO teilweise
zuru¨ckgenommen worden
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3.
Da die Vorentscheidung diesen Maßsta¨ben nicht ent-
spricht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif und die Kla-
ge abzuweisen. Auch wenn das FG darauf nicht na¨her eingegan-
gen ist, scheidet eine Nichtigkeit der Pru¨fungsanordnung, wie
sie von der Kla¨gerin vorgetragen wird, ersichtlich aus: Die hier
streitige Pru¨fungsanordnung ist die alleinige Erma¨chtigung zur
Pru¨fung der Kla¨gerin durch das beklagte FA. Sie tritt mit ihrem
Erlass an die Stelle der Pru¨fungsanordnung aus dem Jahr 2006,
die zuna¨chst vom FG mangels Zusta¨ndigkeit des beklagten FA
aufgehoben und schließlich vom beklagten FA nach § 132 AO
i. V. mit § 130 Abs. 1 AO zugunsten der nunmehr erlassenen,
hier streitigen Pru¨fungsanordnung jedenfalls teilweise, soweit sie
die Kla¨gerin betraf, zuru¨ckgenommen worden war. Dies gilt, ob-
schon die hier streitige Pru¨fungsanordnung „neben die Pru¨-
fungsanordnung an die Eheleute“ A treten soll. Das ist so zu ver-
stehen, dass die Pru¨fung der Kla¨gerin mit der streitigen Pru¨-
fungsanordnung auf eine neue Grundlage gestellt werden sollte.
Die A¨ nderung betrifft den Pru¨fungsgegenstand, den Pru¨fungs-
zeitraum und den Pru¨fungsbeginn.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0597025.
2 Vgl. die st. Rspr. des BFH z. B. Urteil vom 10. 12. 1987 – IV R 77/86, BStBl.
II 1988 S. 322 = DB 1988 S. 1100; vom 27. 11. 2003 – I B 119/03, I S 11/03,
BFH/NV 2004 S. 756;
Schallmoser
, in: Hu¨bschmann/Hepp/Spitaler, § 195 AO
Rdn. 34;
Klein/Ru¨sken
, AO, 11. Aufl., § 195 Rdn. 14;
Seer
, in: Tipke/Kruse,
AO, FGO, § 195 AO Rdn. 11.
3 St. Rspr., vgl. BFH-Urteil vom 18. 11. 2008 – VIII R 16/07, BStBl. II 2009
S. 507 = DB 2009 S. 436.
4 Eingehend dazu
Schallmoser
, a.a.O. (Fn. 2), Rdn. 44.
Kindergeld
Absenkung der Altersgrenze fu¨r die Beru¨cksichti-
gung von Kindern
EStG 2008 § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2; EStG § 52 Abs. 40 Satz 7
Die Absenkung der Altersgrenze fu¨r die Beru¨cksichtigung von
Kindern in der Berufsausbildung, einer U¨ bergangs- oder Warte-
zeit oder einem Freiwilligendienst durch das StA¨ ndG 2007 war
ebenso wie die dazu getroffene U¨ bergangsregelung mit dem GG
vereinbar (Besta¨tigung des BFH-Urteils vom 17. 6. 2010 – III R
35/09, DB 2010 S. 2599 nach Nichtannahme der dagegen ge-
richteten Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 22. 10.
2012 – 2 BvR 2875/10).
BFH-Urteil vom 11. 4. 2013 – III R 83/09
u
DB0595955
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0595894.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
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