DER BETRIEB 25 - page 47

Prof. Dr. Axel v. Werder / Jenny Bartz, beide Berlin
Die aktuellen A¨ nderungen des Deutschen
Corporate Governance Kodex
u
DB0596801
I. Einleitung
In ihrer Plenarsitzung am 13. 5. 2013 hat die Regierungskom-
mission Deutscher Corporate Governance Kodex die am 26. 2.
2002 erstmals vero¨ffentlichten Grundsa¨tze guter Unternehmens-
fu¨hrung erneut u¨berarbeitet. Die aktuelle Fassung des Deutschen
Corporate Governance Kodex (DCGK) ist am 10. 6. 2013 im
elektronischen Bundesanzeiger vero¨ffentlicht worden.
Im Mittelpunkt der diesja¨hrigen A¨ nderungen stehen die Vor-
standsvergu¨tung sowie die „Kodexpflege“
1
durch Verschlankung
und Verbesserung der Lesbarkeit des Regelwerks
2
. Im Zuge die-
ser Fortschreibung des Kodex sind auf der einen Seite 15 neue
Empfehlungen
3
aufgenommen worden. Andererseits wurden
neben einer Reihe von fru¨heren Beschreibungen gesetzlicher
Vorschriften fu¨nf bisherige Empfehlungen sowie eine ehemalige
Anregung gestrichen, da deren Regelungsinhalte heute selbstver-
sta¨ndlich sind
4
und daher keiner besonderen Erwa¨hnung im Ko-
dex mehr bedu¨rfen. Daru¨ber hinaus sind eine Empfehlung in ei-
ne Gesetzespra¨zisierung u¨berfu¨hrt, Anpassungen an gesetzliche
Entwicklungen erfolgt, einige Formulierungen konkreter gefasst
und vereinzelt rein redaktionelle U¨ berarbeitungen
5
vorgenom-
men worden.
II. Die A¨ nderungen im Einzelnen
1. Anpassungen in der Pra¨ambel
Neben rein redaktionellen A¨ nderungen wurden in der Pra¨ambel
zwei Anpassungen an gesetzliche Formulierungen vorgenommen,
ein Absatz modifiziert sowie ein Absatz ersatzlos gestrichen.
Im Rahmen der Anpassungen an gesetzliche Vorschriften
wurde zum einen in Abs. 9 eine Formulierung von § 264 Abs. 2
Satz 1 HGB („hat . . . zu vermitteln“ statt „vermittelt“) u¨ber-
nommen. Zum anderen wurde die im Rahmen des Bilanzrechts-
modernisierungsgesetzes eingefu¨hrte Erweiterung des Anwen-
dungsbereiches des § 161 AktG in Abs. 12 der Pra¨ambel auf-
genommen. Demnach richtet sich der Kodex neben bo¨rsenno-
tierten Gesellschaften auch an „Gesellschaften mit Kapital-
marktzugang im Sinne des § 161 Abs. 1 Satz 2 Aktiengesetz“
(Pra¨ambel Abs. 12 Satz 1). Im zweiten Satz dieses Absatzes
wurde dementsprechend „bo¨rsennotierten“ durch „kapitalmarkt-
orientierten“ ersetzt.
Daru¨ber hinaus wird nun in Abs. 10 Satz 7 der Pra¨ambel
klargestellt, dass der Kodex neben Beschreibungen gesetzlicher
Vorschriften sowie den (Soll-)Empfehlungen
6
und (Sollte-)An-
regungen
7
auch „Erla¨uterungen“ entha¨lt. Diese Erla¨uterungen
nehmen Pra¨zisierungen wie z. B. Begriffsbestimmungen vor
8
und ko¨nnen sich prinzipiell auf die Beschreibungen gesetzlicher
Vorschriften sowie die Empfehlungen und Anregungen bezie-
hen. Im Folgenden werden die im Zuge der aktuellen Kodexa¨n-
derungen neu eingefu¨gten oder modifizierten Erla¨uterungen je-
weils im Zusammenhang mit den zugeho¨rigen (gesetzlichen,
Soll- oder Sollte-)Regelungen ero¨rtert.
Schließlich wurde zur Straffung des Kodex der fru¨here Absatz
zum Verha¨ltnis von dualistischem und monistischem Fu¨hrungs-
system (Pra¨ambel Abs. 6 DCGK 2012) ersatzlos gestrichen.
2. Beschreibungen gesetzlicher Vorschriften
Im Jahr 2012 wurde als gesonderte Empfehlung die Bestim-
mung eingefu¨hrt, dass ein eventuell bestehender Ausschuss des
Aufsichtsrats, der die Vorstandsvertra¨ge behandelt, dem Auf-
sichtsratsplenum Vorschla¨ge fu¨r die Festsetzung der Gesamtver-
gu¨tung der einzelnen Vorstandsmitglieder unterbreiten soll (Tz.
4.2.2 Abs. 1 Satz 2)
9
. Diese Empfehlung ist nun in eine Erla¨ute-
rung des Gesetzes u¨berfu¨hrt worden. Zur Begru¨ndung dieser
Umformulierung fu¨hrt die Regierungskommission an, dass „die-
se Empfehlung durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vor-
standsvergu¨tung und die danach geltende Zusta¨ndigkeit des
Aufsichtsratsplenums hinfa¨llig geworden ist“
10
.
Mit dem Ziel einer Kodexverschlankung sind ferner ins-
gesamt sieben Beschreibungen und eine Pra¨zisierung gesetzli-
cher Vorschriften ersatzlos gestrichen worden. Es handelt sich
im Einzelnen um Tz. 4.2.3 Abs. 3 Satz 1 DCGK 2012 (Beispie-
le fu¨r variable Vergu¨tungskomponenten) und Tz. 4.2.3 Abs. 3
Satz 4 DCGK 2012 (Cap bei der Vorstandsvergu¨tung fu¨r außer-
ordentliche Entwicklungen), um Tz. 5.3.4 Satz 1 DCGK 2012
(Verweis weiterer Sachthemen in Ausschu¨sse), Tz. 5.3.4 Satz 2
Prof. Dr. Axel v. Werder
ist Inhaber des Lehrstuhls fu¨r Betriebswirt-
schaftslehre – Organisation und Unternehmensfu¨hrung an der Tech-
nischen Universita¨t Berlin. Dipl.-Kffr.
Jenny Bartz
(geb. Bo¨hme) ist
wissenschaftliche Mitarbeiterin an diesem Lehrstuhl.
1
Regierungskommission
, Medienpra¨sentation vom 14. 5. 2013, S. 5.
2 Siehe
Regierungskommission
, Pressemitteilung vom 5. 2. 2013 und vom 14.
5. 2013.
3 Bei der Abgrenzung neuer Empfehlungen und Anregungen des Kodex ist ge-
legentlich zu entscheiden, ob verschiedene Regelungsaspekte eines Kodex-
satzes als eigensta¨ndige Soll- bzw. Sollte-Bestimmungen angesprochen wer-
den oder aber als Teile einer einzigen (und dann komplexeren) Empfehlung
bzw. Anregung. Diese Abgrenzungsentscheidungen werden hier danach ge-
troffen, inwieweit die Einzelaspekte sinnvoll voneinander unterschieden
werden ko¨nnen und zugleich ausreichend bedeutsam sind, um als eigen-
sta¨ndige Empfehlung bzw. Anregung gelten zu ko¨nnen. Fu¨r die Abfassung
der Entsprechenserkla¨rung nach § 161 AktG haben die getroffenen Abgren-
zungen im U¨ brigen keine materiellen Implikationen, da bei einer eher sum-
marischen Abgrenzung entsprechend mehr Aspekte befolgt werden mu¨ssen,
um eine uneingeschra¨nkte Entsprechung mit der (kompakteren) Empfehlung
erkla¨ren zu ko¨nnen. Unter Transparenzgesichtspunkten bietet eine differen-
ziertere Abgrenzung allerdings den Vorteil, dass ggf. nur spezifischere (De-
tail-)Abweichungen erkla¨rt werden mu¨ssen (und damit offen gelegt wer-
den), wenn lediglich einzelne von mehreren Aspekten eines Regelungskom-
plexes nicht befolgt werden.
4 Ein Beispiel bildet die Nutzung des Internets fu¨r die Corporate Governance-
Kommunikation, s. hierzu na¨her Abschn. II. 3. b).
5 Dazu za¨hlen die geringfu¨gigen Formulierungsa¨nderungen in Abs. 1 Satz 1
und 2 der Pra¨ambel, die sprachliche Anpassung in Tz. 4.2.3 Abs. 2 Satz 7 an
die Streichung des vorangegangenen Satzes sowie A¨ nderungen in der Inter-
punktion in Tz. 6.3 Satz 1. Alle Angaben zum Deutschen Corporate Gover-
nance Kodex beziehen sich hier und im Folgenden – sofern nichts anderes
gesagt ist – auf die (nach ihrer Vero¨ffentlichung im elektronischen Bundes-
anzeiger jetzt) gu¨ltige Fassung vom 13. 5. 2013 (DCGK 2013).
6 Siehe Abs. 10 Satz 1-5 der Pra¨ambel.
7 Siehe Abs. 10 Satz 6 der Pra¨ambel.
8 Ein Beispiel bildet die Umschreibung fehlender Unabha¨ngigkeit von Auf-
sichtsratsmitgliedern in Tz. 5.4.2 Satz 2.
9 Vgl. zur damaligen A¨ nderung
Ringleb et al.
, NZG 2012 S. 1081 (1085).
10
Regierungskommission
, Erla¨uterungen der A¨ nderungsvorschla¨ge aus den Ple-
narsitzungen vom 9. und 31. 1. 2013, S. 3.
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
Wirtschaftsrecht
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