DER BETRIEB 25 - page 52

Personengesellschaftsrecht
Auswirkung der Einlagenru¨ckgewa¨hr im Innenver-
ha¨ltnis des Kommanditisten zur Gesellschaft
Pflicht des Kommanditisten zur Ru¨ckzahlung von gewinn-
unabha¨ngigen Ausschu¨ttungen muss sich klar aus dem Gesell-
schaftsvertrag ergeben – Zur Auslegung gesellschaftsvertragli-
cher Regelungen u¨ber Gesellschafterkonten
HGB § 169 Abs. 1
a) Wird an einen Kommanditisten auf der Grundlage einer Er-
ma¨chtigung im Gesellschaftsvertrag eine Auszahlung geleis-
tet, obwohl sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf
die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert
ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herab-
gemindert wird, ist der Kommanditist nur dann zur Ru¨ckzah-
lung an die Gesellschaft verpflichtet, wenn der Gesell-
schaftsvertrag dies vorsieht.
b) Allein der Bestimmung im Gesellschaftsvertrag einer Publi-
kumspersonengesellschaft, dass eine solche Ausschu¨ttung
„auf Darlehenskonto gebucht wird“ und bei einem Verzicht
des Gesellschafters auf diese Entnahmen „die Bildung einer
Darlehensverbindlichkeit“ entfa¨llt, la¨sst sich nicht mit der
aus der Sicht eines beitretenden Gesellschafters erforderli-
chen Klarheit entnehmen, dass die Ausschu¨ttung unter dem
Vorbehalt der Ru¨ckforderung steht.
BGH-Urteil vom 12. 3. 2013 – II ZR 73/11
u
DB0596868
Der Ehemann der Beklagten beteiligte sich mit Beitrittserkla¨rung vom
8. 8. 1994 mit einer Einlage i. H. von 400.000 DM als Kommanditist
an der Kla¨gerin, einer Fondsgesellschaft, deren Gegenstand der Erwerb
und der Betrieb des Containerschiffes MS C. war. Der Gesellschafts-
vertrag entha¨lt u. a. folgende Regelungen: . . . (Wird ausgefu¨hrt.) Der
Volltext ist abrufbar unter DB0581699.
Der Ehemann der Beklagten u¨bertrug dieser mit Zustimmung der Kla¨-
gerin seinen Kommanditanteil zum 1. 1. 2006. Auf den Kommandit-
anteil wurden seit 1995 Ausschu¨ttungen nach § 11 Ziff. 3 des Gesell-
schaftsvertrags i. H. von 61.355,03 € gezahlt. Die Jahresabschlu¨sse der
Kla¨gerin wiesen diese Ausschu¨ttungen auf der Passivseite der Bilanz in
der Position „Entnahmen“ und auf der Aktivseite in der Position „Nicht
durch Vermo¨genseinlagen gedeckte Verlustanteile und Entnahmen der
Kommanditisten“ in einer Gesamtsumme aus. Nachdem sich die Liqui-
dita¨tslage der Kla¨gerin im Zuge der Wirtschaftskrise am Ende des Jah-
res 2008 verschlechtert hatte, beschloss die Gesellschafterversammlung
am 25. 6. 2009 ein Restrukturierungskonzept, das auch die Anweisung
an die Gescha¨ftsfu¨hrung zum Inhalt hatte, Ausschu¨ttungen an Kom-
manditisten i. H. von 2.687.142,46 € zuru¨ckzufordern. Die Beklagte
wurde daraufhin erfolglos zur Ru¨ckzahlung der an sie bzw. ihren Ehe-
mann gewa¨hrten Ausschu¨ttungen aufgefordert. Die MS C. wurde in
der Folgezeit vera¨ußert.
Das LG Dortmund hatte der auf Ru¨ckzahlung der Ausschu¨ttungen ge-
richteten Klage stattgegeben. Das OLG Hamm hatte die Berufung der
Beklagten zuru¨ckgewiesen. Die Revision der Beklagten war erfolgreich
und fu¨hrte zur Abweisung der Klage.
AUS DEN GRU¨ NDEN
1 . . . 7
I
I.
. . .
II.
Das angefochtene Urteil ha¨lt den Angriffen der
Revision in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Beru-
fungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass sich aus
dem Gesellschaftsvertrag ein Anspruch der Kla¨gerin auf Ru¨ck-
zahlung der gewinnunabha¨ngigen Ausschu¨ttungen ergibt.
Kommanditist schuldet Ru¨ckzahlung von gewinnunabha¨ngigen
Auszahlungen zulasten seines Kapitalanteils nur, wenn der Ge-
sellschaftsvertrag dies vorsieht
8
I
1.
Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend er-
kannt, dass ein Ru¨ckzahlungsanspruch nicht schon dann entsteht,
wenn an einenKommanditisten auf der Grundlage von § 11 Ziff. 3
Satz 1 des Gesellschaftsvertrags von § 169 Abs. 1 HGB nicht ge-
deckte Auszahlungen zulasten seines Kapitalanteils geleistet wer-
den. Der Gesellschafter schuldet vielmehr die Ru¨ckzahlung nur
dann, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht.
Ausschu¨ttungen ko¨nnen in der Weise vereinbart werden, dass
sie dem Kommanditisten auch insoweit zu gewa¨hren und zu be-
lassen sind, als sie nicht durch Gewinne gedeckt sind
9
I
a)
Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB hat der Kommanditist nur
einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Ge-
winns. Er kann auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern,
solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die be-
dungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder
durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert wu¨r-
de. Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch u¨ber die Regelung
des § 169 Abs. 1 HGB hinaus Ausschu¨ttungen an die Kom-
manditisten zula¨ssig sind, wenn der Gesellschaftsvertrag dies wie
hier in § 11 Ziff. 3 vorsieht oder die Ausschu¨ttung durch das
Einversta¨ndnis aller Gesellschafter gedeckt ist
1
. Solche Aus-
schu¨ttungen ko¨nnen in der Weise vereinbart werden, dass sie
auch insoweit zu gewa¨hren und zu belassen sind, als sie nicht
durch Gewinne gedeckt sind, also letztlich in Form einer festen
Kapitalverzinsung oder garantierten Mindesttantieme zulasten
des Kapitals gehen
2
.
Eine gewinnunabha¨ngige Ausschu¨ttung fu¨hrt selbst dann nicht
zur Ru¨ckzahlungspflicht, wenn sie den Kapitalanteil unter die
bedungene Einlage herabmindert und dadurch die Außenhaf-
tung nach § 172 Abs. 4 HGB wiederauflebt
10
I
b)
Wird eine Auszahlung an den Kommanditisten entgegen
§ 169 Abs. 1 HGB auf der Grundlage einer Erma¨chtigung imGe-
sellschaftsvertrag geleistet, fu¨hrt dies selbst dann nicht zu einer
Ru¨ckzahlungspflicht, wenn die Auszahlung dessen Kapitalanteil
unter die bedungene Einlage herabmindert oder eine bereits beste-
hende Belastung vertieft. Solche Zahlungen ko¨nnen zwar zu einer
Haftung nach § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1HGB fu¨hren. Diese Vor-
schriften betreffen aber ausschließlich die Haftung des Komman-
ditisten gegenu¨ber den Gesellschaftsgla¨ubigern im Außenverha¨lt-
nis und nicht dessen Verha¨ltnis zur Gesellschaft
3
.
Bei einer (teilweisen) Ru¨ckzahlung der Einlage entsteht im In-
nenverha¨ltnis nicht automatisch ein Ru¨ckgewa¨hranspruch der
Gesellschaft
11
I
Der Kommanditist ist im Innenverha¨ltnis zur Kommandit-
gesellschaft verpflichtet, die vereinbarte Einlage zu erbringen.
1 BGH-Urteil vom 7. 11. 1977 – II ZR 43/76, DB 1978 S. 247 = WM 1977
S. 1446 (1447); vom 5. 4. 1979 – II ZR 98/76, WM 1979 S. 803 (804);
Gum-
mert
, in: Henssler/Strohn, GesR, § 169 HGB Rdn. 14;
von Gerkan/Haas
, in:
Ro¨hricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 169 Rdn. 20;
Grunewald
, in:
Mu¨nchKomm-HGB, 3. Aufl., § 169 Rdn. 9;
Hopt
, in: Baumbach/Hopt, HGB,
35. Aufl., § 169 Rdn. 7;
Oetker
, in: Oetker, HGB, 2. Aufl., § 169 Rdn. 15;
Geh-
ling
, BB 2011 S. 73 (75 f.);
Wagner
, DStR 2008 S. 563 (564).
2 Vgl. BGH vom 7. 11. 1977, a.a.O. (Fn. 1).
3 Vgl. BGH vom 7. 11. 1977, a.a.O. (Fn. 1); vom 3. 7. 1978 – II ZR 110/77, WM
1978 S. 1228 (1229 f.); vom 20. 6. 2005 – II ZR 252/03, DB 2005 S. 1900 =
ZIP 2005 S. 1552 (1553);
von Gerkan/Haas
, a.a.O. (Fn. 1), § 172 Rdn. 18;
Karsten Schmidt
, in: Mu¨nchKomm-HGB, 3. Aufl., § 172 Rdn. 62.
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Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
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