daher außerbilanziell. Diese Auffassung widerspricht jedoch der
Rspr. des BFH, wonach fu¨r ku¨nftigen Aufwand, fu¨r den ein
steuerliches Abzugsverbot besteht, keine Ru¨ckstellung in der
Steuerbilanz gebildet werden darf
10
.
6. Herstellungskosten (R 6.3 EStR)
Mit BMF-Schreiben vom 12. 3. 2010
11
hat die Finanzverwal-
tung ihre bisher in R 6.3 EStR 2008 gea¨ußerte Rechtsauffassung
zum steuerlichen Herstellungskostenbegriff gea¨ndert. Hiernach
sollten abweichend von R 6.3 EStR 2008 neben den Material-
und Fertigungsgemeinkosten auch angemessene Kosten der all-
gemeinen Verwaltung sowie Aufwendungen fu¨r soziale Einrich-
tungen des Betriebs, fu¨r freiwillige soziale Leistungen und fu¨r
die betriebliche Altersversorgung mit in den Herstellungskosten-
begriff einbezogen werden. Begru¨ndet wurde diese Auffassung
mit der Entscheidung des BFH vom 21. 10. 1993
12
.
Die gea¨nderte Verwaltungsauffassung fu¨hrt dazu, dass die
durch das BilMoG
13
angestrebte Angleichung der Herstellungs-
kostenuntergrenzen im Handels- und Steuerrecht wieder ver-
worfen wird. Wurden die Unterschiede der Herstellungskosten-
untergrenzen in Handels- und Steuerbilanz wegen der fehlenden
handelsrechtlichen Verpflichtung zur Einbeziehung von ange-
messenen Teilen der notwendigen Material- und Fertigungs-
gemeinkosten sowie dem Wertverzehr des Anlagevermo¨gens
durch die handelsrechtlichen A¨ nderungen noch ausgeglichen,
klafft nunmehr nach der gea¨nderten Verwaltungsauffassung eine
erneute Lu¨cke bei den Herstellungskostenuntergrenzen in Form
der steuerlich zu aktivierenden angemessenen Kosten der all-
gemeinen Verwaltung sowie Aufwendungen fu¨r soziale Einrich-
tungen des Betriebs, fu¨r freiwillige soziale Leistungen und fu¨r
die betriebliche Altersversorgung.
In der Literatur wird die Erweiterung der Aktivierungspflicht
indes u¨berwiegend abgelehnt
14
. Nicht zuletzt wegen der anders-
lautenden R 6.3 EStR 2008 hat die Finanzverwaltung mit
BMF-Schreiben vom 22. 6. 2010
15
hinsichtlich der Aussagen in
Rdn. 8 des BMF-Schreibens vom 12. 3. 2010
16
erga¨nzend gere-
gelt, dass es nicht beanstandet wird, wenn fu¨r Wirtschaftsjahre,
die vor der Vero¨ffentlichung einer gea¨nderten Richtlinienfassung
enden, noch nach R 6.3 Abs. 4 EStR 2008 verfahren wird. Hier-
durch wurde der erweiterte Herstellungskostenbegriff vorerst
wieder aufgehoben.
In R 6.3 Abs. 1 EStA¨ R 2012 wird nunmehr der erweiterte
Herstellungskostenbegriff festgeschrieben. In R 6.3 Abs. 3
EStA¨ R 2012 (bisher: R 6.3 Abs. 4 EStR 2008) werden diese
Kosten na¨her konkretisiert. Die Neuregelung gilt erstmals fu¨r
Wirtschaftsgu¨ter, mit deren Herstellung nach Vero¨ffentlichung
der EStA¨ R 2012 im BStBl. begonnen wird (R 6.3 Abs. 9
EStA¨ R 2012).
Zu den Kosten fu¨r die
allgemeine Verwaltung
geho¨ren u. a.
Aufwendungen fu¨r Gescha¨ftsleitung, Einkauf und Warenein-
gang, Betriebsrat, Personalbu¨ro, Nachrichtenwesen, Ausbil-
dungswesen, Rechnungswesen (z. B. Buchfu¨hrung, Betriebs-
abrechnung, Statistik und Kalkulation), Feuerwehr, Werkschutz
sowie allgemeine Fu¨rsorge einschließlich Betriebskrankenkasse.
Zu den Aufwendungen fu¨r
soziale Einrichtungen
geho¨ren z. B.
Aufwendungen fu¨r eine Kantine einschließlich der Essens-
zuschu¨sse sowie fu¨r Freizeitgestaltung der Arbeitnehmer.
Frei-
willige soziale Leistungen
sind nur Aufwendungen, die nicht ar-
beitsvertraglich oder tarifvertraglich vereinbart worden sind;
hierzu ko¨nnen z. B. Jubila¨umsgeschenke, Wohnungs- und ande-
re freiwillige Beihilfen, Weihnachtszuwendungen oder Aufwen-
dungen fu¨r die Beteiligung der Arbeitnehmer am Ergebnis des
Unternehmens geho¨ren. Aufwendungen fu¨r die
betriebliche Al-
tersversorgung
sind Beitra¨ge zu Direktversicherungen, Zuwen-
dungen an Pensions- und Unterstu¨tzungskassen, Pensionsfonds
sowie Zufu¨hrungen zu Pensionsru¨ckstellungen.
Hinweis:
Mit BMF-Schreiben vom 25. 3. 2013
17
wurden die
Neuregelungen in R 6.3 Abs. 1 EStA¨ R 2012 postwendend bis
auf Weiteres außer Kraft gesetzt. So wird es nicht beanstandet,
wenn bis zur Verifizierung des mit der Neuregelung der R 6.3
Abs. 1 EStA¨ R 2012 verbundenen Erfu¨llungsaufwands, spa¨tes-
tens aber bis zu einer Neufassung der EStR bei der Ermittlung
der Herstellungskosten weiterhin nach R 6.3. Abs. 4 EStR 2008
verfahren wird.
Das BMF hat damit ein Petitum des Normenkontrollrats
aufgegriffen, wonach vor dem Inkrafttreten der Neuregelung zu-
na¨chst der Erfu¨llungsaufwand fu¨r die betroffenen Unternehmen
abzuscha¨tzen sei
18
. Erstaunlich ist, dass am Ende nur die Fi-
nanzverwaltung den Vorschlag des Normenkontrollrats auf-
gegriffen und R 6.3 Abs. 1 EStA¨ R 2012 im Rahmen eines
„Nichtanwendungserlasses“ außer Kraft gesetzt hat. Sie hat sich
damit ganz klar u¨ber die Entscheidung des Bundesrats hinweg-
gesetzt, da dort ein entsprechender Antrag
19
keine Mehrheit ge-
funden hat
20
. Daher du¨rfte a¨ußerst fraglich sein, welchen recht-
lichen Bestand das BMF-Schreiben vom 25. 3. 2012
21
hat, und
ob die Finanzverwaltung hier nicht die Grenzen der Gewalten-
teilung u¨berschritten hat. Kurioserweise hatte die Finanzverwal-
tung ihre im BMF-Schreiben vom 12. 3. 2010
22
dargestellte
Rechtsauffassung damals gerade wegen der anderslautenden
R 6.3 Abs. 4 EStR 2008 hinten angestellt
23
.
Die von der Neuregelung betroffenen Unternehmen werden
sich mit Kritik freilich bedeckt halten, da die Aussetzung der
R 6.3 Abs. 1 EStA¨ R 2012 doch grds. begu¨nstigenden Charakter
hat. Es bleibt daher abzuwarten, zu welchen Ergebnissen die Ve-
rifizierung des Erfu¨llungsaufwands fu¨hren wird und welche
Konsequenzen sich hieraus fu¨r die Anwendung der R 6.3 Abs. 1
EStA¨ R 2012 ergeben werden. Spa¨testens mit der na¨chsten
U¨ berarbeitung der EStR du¨rfte das Thema erneut auf der Agen-
da stehen.
Weitere A¨ nderungen:
Fu¨r Fremdkapitalzinsen ist das handels-
rechtliche Wahlrecht auch weiterhin fu¨r die Steuerbilanz bin-
dend (R 6.3 Abs. 5 EStA¨ R 2012). Sind diese in der Handels-
bilanz in die Herstellungskosten einbezogen worden, sind sie
gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 EStG auch steuerlich als Herstel-
lungskosten zu behandeln.
Demgegenu¨ber wird bei Anwendung der Lifo-Methode (last
in – first out) die unterschiedliche Wahlrechtsausu¨bung in der
Handels- und Steuerbilanz zugelassen (R 6.9 Abs. 1 EStA¨ R
2012). Dies gilt auch fu¨r außerplanma¨ßige Abschreibungen, die
in der Handelsbilanz vorgenommen werden. Diese mu¨ssen nicht
10 Vgl. BFH-Urteil vom 9. 6. 1999 – I R 64/97, BStBl. II 1999 S. 656 =
DB0039734, betreffend Geldbußen.
11 BMF-Schreiben vom 12. 3. 2010, BStBl. I 2010 S. 239 = DB 2010 S. 642.
12 Vgl. BFH-Urteil vom 21. 10. 1993 – IV R 87/92, BStBl. II 1994 S. 176 = DB
1994 S. 121.
13 BGBl. I 2009 S. 1102.
14 Vgl.
Geberth/Blasius
, FR 2010 S. 408;
Herzig/Briesemeister
, DB 2010 S. 917
und
Gu¨nkel/Teschke
, Ubg 2010 S. 401.
15 BMF-Schreiben vom 22. 6. 2010, BStBl. I 2010 S. 597 = DB 2010 S. 1430.
16 BMF vom 12. 3. 2010, a.a.O. (Fn. 11).
17 BMF vom 25. 3. 2013, a.a.O. (Fn. 2).
18 Vgl. BR-Drucks. 812/12, Anlage.
19 Vgl. BR-Drucks. 681/3/12.
20 Vgl. BR-PlPr. 904 S. 585.
21 BMF vom 25. 3. 2013, a.a.O. (Fn. 2).
22 BMF vom 12. 3. 2010, a.a.O. (Fn. 11).
23 Vgl. BMF vom 22. 6. 2010, a.a.O. (Fn. 15).
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013
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