die Freistellungsmethode. Ju¨ngste Beispiele sind Großbritannien
und Japan, die im Jahr 2009 die Anrechnungsmethode abgeschafft
haben. Im Zusammenhang mit den EU-Erweiterungsrunden der
Jahre 2004 und 2007 wechselten neun Beitrittsstaaten von der An-
rechnungs- auf die Freistellungsmethode. Heute sieht in der EU
nur noch Irland das Anrechnungsverfahren vor. Die restlichen
Mitgliedstaaten befreien (Schachtel)Dividenden dagegen zu
100%bzw. 95% von der Ko¨rperschaftsteuer. Innerhalb der OECD
finden sich nur noch acht von 34 Mitgliedstaaten, welche die An-
rechnungsmethode anwenden. Sogar im traditionellen Anrech-
nungsstaat USA wird immer wieder u¨ber einen Wechsel von der
Anrechnungs- auf die Freistellungsmethode diskutiert.
6. Steueroptimaler Finanzierungsweg
Der nochmalige Blick auf Tab. 2 (auf S. 899) la¨sst auch erkennen,
dass die EATR auf grenzu¨berschreitende Investitionen bei Be-
trachtung des steueroptimalen Finanzierungswegs im Durch-
schnitt u¨ber alle betrachteten La¨nder mit 21,9% leicht oberhalb
der Belastung inla¨ndischer Investitionen liegen (Durchschnitt
21,6%). Rechnet manNicht-EU-Staaten wie Japan, Kanada, Tu¨r-
kei und USA heraus, die allesamt vergleichsweise hohe Quellen-
steuern auf Zinsen bzw. Dividenden erheben, so liegt die durch-
schnittliche grenzu¨berschreitende EATR dagegen deutlich unter
ihrem inla¨ndischen Pendant. Dies war indes nicht immer so. Viel-
mehr lag der Mittelwert der grenzu¨berschreitenden Investitionen
im Jahr 1998 mit einem Wert von 31,5% noch um 2,0 Prozent-
punkte u¨ber dem Durchschnittswert fu¨r nationale Investitionen
i. H. von 29,5%. Die Anna¨herung der grenzu¨berschreitenden
EATR an die inla¨ndische Steuerbelastung und, bei einer Fokus-
sierung auf die EU, sogar deren Unterschreitung, ist u. a. ein Re-
sultat der Mutter-Tochter-Richtlinie
11
i. V. mit der vorherrschen-
den Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Divi-
denden. Die Mutter-Tochter-Richtlinie verbietet die Quellen-
besteuerung von Dividendenzahlungen zwischen Konzerngesell-
schaften innerhalb der EU. Bis zum Beitritt der EU+10 (+2) Staa-
ten im Jahr 2004 (2007) galt diese nur fu¨r die EU15 (25)-Mitglied-
staaten. Folglich fu¨hrte bei Investitionsbeziehungen zwischen
EU- und (Noch-)Nicht-EU-Mitgliedstaaten eine etwaige Quel-
lenbesteuerung im Investitionsland insbesondere dann zu einer
ho¨heren Effektivbelastung, wenn der Sitzstaat der Muttergesell-
schaft Dividendenzahlungen von der Besteuerung freistellte, wie
dies im Zeitablauf zum Regelfall wurde.
Daru¨ber hinaus zeigt sich im Absinken der grenzu¨berschrei-
tenden Steuerbelastung auf bzw. sogar unter das inla¨ndische
Steuerniveau das Steuerplanungspotenzial grenzu¨berschreitend
ta¨tiger Unternehmen, welche durch Finanzierungsoptimierung
niedrigere Steuerbelastungen als rein national ta¨tige Unterneh-
men erreichen ko¨nnen. Hierfu¨r sind im Wesentlichen zwei Zu-
sammenha¨nge ausschlaggebend: Erstens kann das Steuergefa¨lle
genutzt werden. Unterliegt die Muttergesellschaft einem nied-
rigeren Steuerniveau als die Tochtergesellschaft, kann die Effek-
tivbelastung durch Fremdfinanzierung der Tochtergesellschaft
gesenkt werden. Da das Wohnsitzprinzip bei der Besteuerung
von Zinsen und anderen Faktorentgelten dominiert und inner-
halb der EU durch die Zins- und Lizenzgebu¨hrenrichtlinie ge-
sta¨rkt wurde, besteht Raum zur Finanzierungsgestaltung. Zwei-
tens sind Refinanzierungszinsen der Muttergesellschaft trotz
Freistellung der Dividenden in 30 von 33 „Freistellungsla¨ndern“
im Sitzstaat der Muttergesellschaft in gewissem Umfang abzugs-
fa¨hig. Damit ero¨ffnet eine mit Eigenkapital finanzierte Investiti-
on einer Tochtergesellschaft in einem niedriger besteuernden
Mitgliedstaat, welche eine in einem ho¨her besteuernden Mit-
gliedstaat ansa¨ssige Muttergesellschaft mit Fremdkapital refi-
nanziert, zusa¨tzliches Steuersenkungspotenzial.
V. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen
(1)
Die effektive Steuerbelastung nationaler und grenzu¨ber-
schreitender Investitionen ist in den vergangenen 14 Jahren
deutlich gesunken.
(2)
In den EU-Mitgliedstaaten war die Erweiterungsrunde im
Jahr 2004 wesentlicher Treiber dieser Dynamik.
(3)
Der Trend zu niedrigeren Steuerbelastungen ist mit Aus-
bruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 deutlich
erlahmt. Auch in Deutschland hat sich die effektive Steuerbelas-
tung seit 2008 nicht weiter reduziert, sodass im Ranking der
EU-Staaten nur Position 24 von 27 verbleibt.
(4)
Die Steuerbelastung auf grenzu¨berschreitende Investitionen
wird unabha¨ngig von nationalen Steuersenkungen ebenfalls von
der Abschaffung der Quellenbesteuerung auf Dividenden inner-
halb der EU sowie einer zunehmenden Bedeutung der Freistel-
lungsmethode beeinflusst.
(5)
Infolge der zunehmenden Verbreitung der Freistellungs-
methode und des weiterhin betra¨chtlichen internationalen Steu-
ergefa¨lles bestehen bei grenzu¨berschreitenden Investitionen
Steuerplanungspotenziale, wie am Beispiel von Finanzierungs-
entscheidungen demonstriert wurde. Eine Harmonisierung der
Steuergesetzgebung als probates Gegenmittel ist Aufgabe und
Herausforderung der Steuerpolitik.
11 RL 90/435/EWG des Rates vom 23. 7. 1990, AblEG 1990 Nr. L 225 S. 6.
RR Kim-Patrick Eckert, Bielefeld
Bewertungsobergrenzen der Ru¨ckstellungs-
bildung fu¨r zuku¨nftige Bp bei Großbetrieben
– Anm. zum BMF-Schreiben vom 7. 3. 2013 – IV C 6 – S 2137/12/10001, DB 2013 S. 608 –
u
DB0588153
I. Einleitung
Mit BMF-Schreiben vom 7. 3. 2013
1
hat das BMF zur Ru¨ck-
stellungsbildung fu¨r absehbare Aufwendungen zuku¨nftiger Be-
Kim-Patrick Eckert
ist als Sachgebietsleiter in der Finanzverwaltung
des Landes NRW ta¨tig. Seine Ausfu¨hrungen sind nicht im dienst-
lichen Auftrag verfasst und geben ausschließlich die perso¨nliche
Auffassung wieder.
1 BMF-Schreiben vom 7. 3. 2013 – IV C 6 – S 2137/12/10001, DB 2013 S. 608.
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013
Steuerrecht
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