36
I
I. U¨ . fehlt es schon deshalb an einer unzula¨ssigen Benachtei-
ligung von Ehegatten, weil eine unverheiratete Person grds. kei-
ne Mo¨glichkeit zur Teilnahme an der Familienversicherung
nach § 10 SGB V hat und folglich ein Dritter fu¨r sie auch keinen
Beitragszuschuss nach § 257 Abs. 2 Satz 1 SGB V zu leisten
braucht. Soweit negative Folgen aus der Wahl des privaten
Krankenversicherungsschutzes – etwa aufgrund der Versiche-
rungsbeitra¨ge fu¨r Ehegatten – entstehen, sind diese hinzuneh-
men
23
.
Kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht
37
I
d)
Ebenfalls zu Recht geht das FG davon aus, dass sich aus
Art. 3 Abs. 1 GG kein Anspruch der Kla¨ger auf Gleichbehand-
lung mit den nicht erwerbsta¨tigen Ehegatten von beihilfeberech-
tigten Beamten ergibt, denen nach Auffassung der Finanzver-
waltung einiger Bundesla¨nder im Verwaltungswege der
Ho¨chstbetrag gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG a. F. gewa¨hrt
wird
24
.
38
I
Wie vorstehend unter II. 1. d) cc) dargelegt, beruht diese
Verwaltungsauffassung auf einer unzutreffenden Gesetzesaus-
legung. Bei einer solchen Sachlage besteht regelma¨ßig kein An-
spruch auf Gleichbehandlung im Unrecht
25
.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0583832.
23 So zu Recht auch FG Baden-Wu¨rttemberg, Urteil vom 3. 10. 2008 – 4 K
996/08, EFG 2009 S. 22.
24 Vgl. z. B. OFD Frankfurt/M. vom 28. 3. 2008, a.a.O. (Fn. 9).
25 BVerfG-Beschluss vom 17. 1. 1979 – 1 BvL 25/70, BVerfGE 50 S. 142; vom
12. 9. 2007 – 2 BvR 1413/06, BVerfGK 12 S. 132.
Einkommensteuer/Lohnsteuer
Doppelte Haushaltsfu¨hrung
Gemeinsamer Haushalt von Eltern und erwachsenen, wirt-
schaftlich eigensta¨ndigen Kindern
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5
1. Dient die Wohnung am Bescha¨ftigungsort dem Stpfl. ledig-
lich als Schlafsta¨tte, ist regelma¨ßig davon auszugehen, dass
der Mittelpunkt der Lebensfu¨hrung noch am Heimatort zu
verorten ist und dort der Haupthausstand gefu¨hrt wird.
2. Ein eigener Hausstand kann auch dann unterhalten werden,
wenn der Erst- oder Haupthausstand gemeinsam mit den El-
tern oder einem Elternteil gefu¨hrt wird. Einer gleichma¨ßigen
Beteiligung des Kindes an den laufenden Haushalts- und Le-
benshaltungskosten bedarf es hierfu¨r nicht.
3. Bei erwachsenen, berufsta¨tigen Kindern, die zusammen mit
ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen
Haushalt wohnen, ist im Regelfall davon auszugehen, dass
sie die Fu¨hrung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen.
BFH-Urteil vom 16. 1. 2013 – VI R 46/12
u
DB0590064
Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsfu¨hrung
vorliegen. Der im Jahre 1964 geborene Kla¨ger ist alleinstehend und er-
zielte im Streitjahr 2007 als Chemiker Einku¨nfte aus nichtselbststa¨ndi-
ger Arbeit. Er arbeitete im Streitjahr in B. Diese Stelle hatte er im Jahr
2006 angetreten und dort auch seinen Zweitwohnsitz begru¨ndet. Seinen
Hauptwohnsitz behielt er in N bei und wohnte dort zusammen mit sei-
ner Mutter im Einfamilienhaus, das im Streitjahr seiner (im Streitjahr
71 Jahre alten) Mutter zu
3
/
4
und dem Kla¨ger und seiner Schwester zu
jeweils
1
/
8
geho¨rte. Er nutzte nach eigenen Angaben in dem Einfamili-
enhaus ein Schlaf- und Arbeitszimmer sowie ein Badezimmer allein.
Die Ku¨che, das Ess- und Wohnzimmer wurden von ihm und seiner
Mutter gemeinsam genutzt. Im Jahr 2010 wurde das Anwesen auf den
Kla¨ger u¨bereignet.
In seiner ESt-Erkla¨rung fu¨r das Streitjahr machte der Kla¨ger erfolglos
Mehraufwendungen fu¨r eine doppelte Haushaltsfu¨hrung i. H. von ins-
gesamt 7.053 € als Werbungskosten bei seinen Einku¨nften aus nicht-
selbststa¨ndiger Arbeit geltend. Einspruch und Klage blieben ebenfalls
ohne Erfolg. Der BFH gab dagegen dem Kla¨ger Recht.
AUS DEN GRU¨ NDEN
Entscheidung
I.
. . .
II.
Die Revision ist begru¨ndet. Sie fu¨hrt zur Aufhebung
des angefochtenen Urteils und zur Zuru¨ckverweisung der Sache
an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
Auch alleinstehender Arbeitnehmer kann doppelten Haushalt
fu¨hren
1.
Gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind notwendige Mehr-
aufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus berufli-
chem Anlass begru¨ndeten doppelten Haushaltsfu¨hrung entste-
hen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsfu¨hrung liegt
nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeit-
nehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand
unterha¨lt, bescha¨ftigt ist und auch am Bescha¨ftigungsort wohnt.
Dies gilt grds. auch fu¨r einen alleinstehenden Arbeitnehmer;
auch er kann einen doppelten Haushalt fu¨hren
1
.
Eigener Hausstand bei gemeinsamem Haushalt mit Eltern mo¨g-
lich
a)
Hausstand i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist
der Haushalt, den der Arbeitnehmer am Lebensmittelpunkt
fu¨hrt, also sein Erst- oder Haupthaushalt. Bei einem alleinste-
henden Arbeitnehmer ist entscheidend, dass er sich in dem
Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits-
und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufha¨lt; denn allein das Vor-
halten einer Wohnung fu¨r gelegentliche Besuche oder fu¨r Feri-
enaufenthalte ist noch nicht als Unterhalten eines Hausstands
zu bewerten. Ebenfalls wird ein eigener Hausstand nicht unter-
halten, wenn der nicht verheiratete Arbeitnehmer als nicht die
Haushaltsfu¨hrung wesentlich bestimmender bzw. mitbestim-
mender Teil in einen Hausstand eingegliedert ist, wie es regel-
ma¨ßig bei jungen Arbeitnehmern der Fall ist, die nach Beendi-
gung der Ausbildung weiterhin – wenn auch gegen Kostenbe-
teiligung – im elterlichen Haushalt ihr Zimmer bewohnen. Die
elterliche Wohnung kann in einem dieser ha¨ufigen Fa¨lle zwar,
auch wenn das Kind am Bescha¨ftigungsort eine Unterkunft be-
zogen hat, wie bisher der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen
sein, sie ist aber nicht ein von dem Kind unterhaltener eigener
Hausstand
2
. Bei a¨lteren, wirtschaftlich selbststa¨ndigen, berufs-
ta¨tigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in
einem gemeinsamen Haushalt leben, ist hingegen davon aus-
zugehen, dass sie die Fu¨hrung des Haushalts maßgeblich mit-
bestimmen, sodass ihnen dieser Hausstand als „eigener“ zuge-
1 St. Rspr., zuletzt BFH-Urteil vom 21. 4. 2010 – VI R 26/09, BStBl. II 2012
S. 618 = DB 2010 S. 1801, m. w. N.
2 BFH-Urteil vom 5. 10. 1994 – VI R 62/90, BStBl. II 1995 S. 180 = DB 1994
S. 2594.
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013
Steuerrecht
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