Entscheidungen
Einkommensteuer
Erma¨ßigter Ho¨chstbetrag bei Leistungen des Ar-
beitgebers fu¨r den Krankenversicherungsschutz
des Arbeitnehmer-Ehegatten
Verfassungsma¨ßigkeit von § 10 Abs. 4 Satz 2 und 3 EStG i. d. F.
vom 5. 7. 2004 – Kein Anspruch auf Gleichbehandlung im
Unrecht
EStG § 3 Nr. 14 und Nr. 62, § 10 Abs. 4 Satz 1, 2 und 3, § 26b;
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; SGB IV § 16; SGB V § 10 Abs. 1
Satz 1 Nr. 5, § 257 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1; BhV § 3, § 5 Abs. 4
Satz 1 Nr. 3
1. Erbringt der Arbeitgeber Leistungen i. S. des § 3 Nr. 62 EStG
auch fu¨r den Ehegatten des Arbeitnehmers, so steht dem
Ehegatten nur der erma¨ßigte Ho¨chstbetrag nach § 10 Abs. 4
Satz 2 EStG zu.
2. Dem beihilfeberechtigten Ehegatten eines Beamten steht
ebenfalls nur der erma¨ßigte Ho¨chstbetrag nach § 10 Abs. 4
Satz 2 EStG zu.
BFH-Urteil vom 23. 1. 2013 – X R 43/09
u
DB0585217
Die Kla¨ger sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr 2006 zusammen zur
ESt veranlagt. Beide waren privat krankenversichert. Der Arbeitgeber
des Kla¨gers zahlte diesem einen Zuschuss zu seinen Krankenversiche-
rungsbeitra¨gen. Bei der Berechnung dieses Zuschusses wurden die Bei-
tra¨ge, die fu¨r Familienangeho¨rige zu leisten waren, einbezogen.
Das FA beru¨cksichtigte in dem angefochtenen ESt-Bescheid fu¨r das
Streitjahr im Rahmen der u¨brigen Vorsorgeaufwendungen der Kla¨ger
i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG i. d. F. des Alterseinku¨nftegesetzes
vom 5. 7. 2004
1
(im Weiteren: EStG a. F.), die auch ihre Krankenver-
sicherungsbeitra¨ge umfassten, nur den Ho¨chstbetrag i. H. von 3.000 €
(2
H
1.500 €) gem. § 10 Abs. 4 Satz 2 und 3 EStG a. F.
Im Einspruchsverfahren beantragten die Kla¨ger, bei der Kla¨gerin den
Ho¨chstbetrag i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG a. F. i. V. mit § 10
Abs. 4 Satz 1 und 3 EStG a. F. von 2.400 € zu beru¨cksichtigen, da diese
fu¨r ihren Krankenversicherungsschutz keinen Anspruch auf den Zu-
schuss eines Arbeitgebers habe. Der Zuschuss, den der Arbeitgeber des
Kla¨gers an diesen leiste, betreffe ihren Krankenversicherungsschutz
nicht. Dies lehnte das FA ab. Die Klage wurde vom FG
2
abgewiesen.
Mit ihrer Revision ru¨gen die Kla¨ger die Verletzung materiellen Rechts.
Aufgrund der getrennten Betrachtung der Stpfl. in § 10 Abs. 4 EStG
a. F. sei auf den Rechtsanspruch des einzelnen Stpfl. abzustellen. Hin-
sichtlich der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V fehle
es bislang an Feststellungen des FG zum sozialversicherungsrechtlich
relevanten Einkommen nach § 16 SGB IV. Es sei lediglich eine abs-
trakte Einbeziehung der Kla¨gerin in einen Familienbeitrag erfolgt. § 10
Abs. 4 EStG a. F. verlange aber die konkrete Einbeziehung der Kla¨ge-
rin in die Leistungen des Arbeitgebers.
Auch mu¨sse eine Ungleichbehandlung gegenu¨ber beihilfeberechtigten
Ehegatten von Beamten vermieden werden, denen die Finanzverwal-
tung den Ho¨chstbetrag nach § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG a. F. gewa¨hre.
Die Regelung fu¨r Ehegatten von Angestellten sei deshalb dahingehend
auszulegen, dass ein Anspruch auf den großen Ho¨chstbetrag nur aus-
geschlossen sei, wenn ein eigener Rechtsanspruch auf Zuschu¨sse zu Bei-
tra¨gen zur Krankenversicherung bestehe.
Die Kla¨ger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die
ESt-Festsetzung 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. 1.
2008 dahingehend zu a¨ndern, dass weitere Aufwendungen von 900 €
fu¨r die Krankenversicherung der Kla¨gerin als Sonderausgaben beru¨ck-
sichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision zuru¨ckzuweisen.
AUS DEN GRU¨ NDEN
1 . . . 8
I
I.
. . .
II.
Die Revision ist unbegru¨ndet und deshalb zu-
ru¨ckzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Abzug nur des erma¨ßigten Ho¨chstbetrags
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I
Zu Recht hat das FG entschieden, dass auch fu¨r die im
Streitjahr entrichteten Beitra¨ge zur Krankenversicherung der
Kla¨gerin nur der erma¨ßigte Ho¨chstbetrag gem. § 10 Abs. 4
Satz 2 EStG a. F. zum Tragen kommt, da der Arbeitgeber des
Kla¨gers Leistungen gem. § 3 Nr. 62 EStG erbracht hatte (dazu
unten 1.). Die Regelungen des § 10 Abs. 4 Satz 2 und 3 EStG
a. F. sind verfassungsgema¨ß (unten 2.).
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I
1.
Zu Recht hat das FG entschieden, dass auch fu¨r die Kla¨-
gerin lediglich der Ho¨chstbetrag i. H. von 1.500 € gem. § 10
Abs. 4 Satz 2 EStG a. F. zu beru¨cksichtigen ist.
Gesetzliche Regelung
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I
a)
Gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG a. F. ko¨nnen Vorsorgeauf-
wendungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG a. F. je Kalender-
jahr bis 2.400 € abgezogen werden (seit Vz. 2010: 2.800 €).
Nach Satz 2 der genannten Vorschrift betra¨gt der Ho¨chstbetrag
lediglich 1.500 € (seit Vz. 2010: 1.900 €) bei Stpfl., die ganz
oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf
vollsta¨ndige oder teilweise Erstattung oder U¨ bernahme von
Krankheitskosten haben oder – dies ist hier der Fall – fu¨r deren
Krankenversicherung Leistungen i. S. des § 3 Nr. 62 oder § 3
Nr. 14 EStG erbracht werden. Bei zusammen veranlagten Ehe-
gatten – wie hier – bestimmt sich der gemeinsame Ho¨chstbetrag
aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen
von Satz 1 und 2 zustehenden Ho¨chstbetra¨ge (§ 10 Abs. 4
Satz 3 EStG a. F.).
Eigener Krankenversicherungsschutz der Kla¨gerin war . . .
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I
b)
Die Kla¨gerin genoss eigenen Krankenversicherungsschutz
i. S. des § 10 Abs. 1Nr. 3 EStG a. F., wobei es aufgrund der Unter-
haltspflicht des Kla¨gers gegenu¨ber der Kla¨gerin und der hier vor-
liegenden Zusammenveranlagung der Eheleute gem. § 26b EStG
unerheblich ist, ob sie den Aufwand fu¨r diesen Krankenversiche-
rungsschutz aus eigenen Mitteln bestritt oder nicht
3
.
. . . Teil der Berechnung des steuerfreien Zuschusses des Ar-
beitgebers
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I
c)
Dieser Krankenversicherungsschutz war, dies steht auf-
grund der Feststellungen des FG fest, auch Bestandteil der Be-
rechnung des gem. § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Zuschusses des
Arbeitgebers.
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I
aa)
§ 3 Nr. 62 EStG stellt die Ausgaben des Arbeitgebers
fu¨r die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit
der Arbeitgeber dazu (u. a.) nach sozialversicherungsrechtlichen
Vorschriften verpflichtet ist. Diese Zukunftssicherungsleistun-
gen sind Ausgaben, die der Arbeitgeber leistet, um einen Arbeit-
nehmer oder diesem nahestehende Personen fu¨r den Fall u. a.
1 BGBl. I 2004 S. 1427 = BStBl. I 2004 S. 554.
2 FG Du¨sseldorf, Urteil vom 27. 8. 2009 – 14 K 61/08 E, DStRE 2010 S. 220.
3 Vgl. bereits BFH-Urteil vom 24. 1. 1958 – VI 9/56 S, BStBl. III 1958 S. 77 =
DB 1958 S. 213;
Kulosa
, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rdn. 36,
m. w. N.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013
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