tensteigerung abzubilden
27
. Demgegenu¨ber du¨rfen steuerlich le-
diglich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG die Einzelkosten
und die angemessenen Teile der notwendigen Gemeinkosten
beru¨cksichtigt werden, und zwar ohne ku¨nftige Preis- und Kos-
tensteigerung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG. Daher
sind steuerlich z. B. die Geba¨udeabschreibung, die Vorhaltekos-
ten von IT-Anlagen, allgemeine Personalkosten wie freiwillige
Sozialleistungen sowie Preis- und Kostensteigerungen wie
Lohn- und Gehaltskosten nicht zu beru¨cksichtigen, wodurch
sich nicht unerhebliche Unterschiede der Wertansa¨tze in der
Handels- und Steuerbilanz ergeben.
Die entscheidenden Faktoren der Bewertungsunterschiede in
der Handels- und Steuerbilanz im praktischen Umgang mit der
Ru¨ckstellungsbildung fu¨r zuku¨nftige Bp du¨rfte die Ho¨he des
Abzinsungssatzes und des Abzinsungszeitraums ausmachen.
Wa¨hrend steuerlich in Rede stehende Ru¨ckstellungsbetra¨ge starr
mit 5,5% abzuzinsen sind, ist handelsrechtlich der durchschnitt-
liche Marktzinssatz der vergangenen sieben Gescha¨ftsjahre an-
zulegen. Fu¨r den steuerlichen Abzinsungszeitraum fu¨r Sachleis-
tungsverpflichtungen wie die Mitwirkungsverpflichtungen an-
la¨sslich einer Bp ist der Zeitraum bis zum Beginn der Erfu¨llung
entsprechender Mitwirkungsverpflichtungen gem. § 6 Abs. 1
Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG maßgebend. Dies gilt gleichfalls
fu¨r Mitwirkungsverpflichtungen, welche sich u¨ber den la¨ngeren
Zeitraum der gesamten Bp erstrecken
28
. Da nunmehr bei Groß-
betrieben die Voraussetzung einer zuvor ergangenen Pru¨fungs-
anordnung zur Ru¨ckstellungsbildung aufgegeben wurde, ist
m. E. nun in Fa¨llen, in denen der Beginn der Bp dem Stpfl.
noch nicht bekannt ist, zur Bestimmung des Zeitpunkts der Er-
fu¨llung auf verla¨ssliche Anhaltspunkte abzustellen bzw. im Fall
fehlender verla¨sslicher Anhaltspunkte ist der Erfu¨llungszeit-
punkt im Scha¨tzungswege zu bestimmen
29
. Demgegenu¨ber er-
streckt sich handelsrechtlich der Abzinsungszeitraum u¨ber den
Zeitpunkt des Beginns der Erfu¨llung der Verpflichtung hinaus,
wodurch eine Abzinsung fu¨r die gesamte Restlaufzeit der Ver-
pflichtung (Zeitraum der Bp) zu erfolgen hat
30
. Aus Verein-
fachungsgru¨nden ist es jedoch zula¨ssig, solche Verpflichtungen,
die nicht zu einem Zeitpunkt, sondern in einem Zeitraum, d. h.
u¨ber mehrere Gescha¨ftsjahre zu erfu¨llen sind, einer durch-
schnittlichen Restlaufzeit zu unterwerfen
31
. Gerade die unter-
schiedlichen Abzinsungssa¨tze und Abzinsungszeitra¨ume du¨rften
(fast) zwingend zu nicht zu unterscha¨tzenden Bewertungsunter-
schieden fu¨hren und eine Einheitsbilanz in noch weitere Ferne
ru¨cken.
Die praktischen Folgen der unausweichlichen handelsrecht-
lichen und steuerrechtlichen Bewertungsunterschiede von Ru¨ck-
stellungen fu¨r zuku¨nftige Außenpru¨fungen sollen anhand der
unterschiedlichen Abzinsungsgebote und -zeitra¨ume am folgen-
den Beispiel verdeutlicht werden:
>
Beispiel
32
:
Die A-GmbH hat zum 31. 12. 2011 fu¨r die Erfu¨llung von
Mitwirkungsverpflichtungen einer zuku¨nftigen Bp einen Er-
fu¨llungsbetrag i. H. von 200.000 € kalkuliert. Die Bp soll am
1. 1. 2013 beginnen und prognostiziert zwei Kalenderjahre in
Anspruch nehmen und somit zum 31. 12. 2014 enden.
Ru¨ckstellung in der Handelsbilanz
Erfu¨llungsbetrag zum 31. 12. 2011
200.000 €
Abzinsungszeitraum 3 Jahre
Durchschnittlicher Marktzinssatz der letzten 7 Jahre: 4,5%
200.000 € : 1,045
3
= 175.438 €
Ru¨ckstellungsbetrag zum 31. 12. 2011
175.438 €
Ru¨ckstellung in der Steuerbilanz
Erfu¨llungsbetrag zum 31. 12. 2011
200.000 €
Abzinsungszeitraum 1 Jahr
Fixer Abzinsungssatz: 5,5%
200.000 € : 1,055 = 189.573 €
Ru¨ckstellungsbetrag zum 31. 12. 2011
189.573 €
Am vorgenannten Beispiel treten die zwingenden Bewertungs-
differenzen deutlich zutage. Ohne die noch unter IV. genannte
Bewertungsobergrenze des Handelsbilanzansatzes fu¨r die Steu-
erbilanz entstu¨nden nunmehr nach § 274 HGB auszuweisende
aktive Steuerlatenzen in der Handelsbilanz.
IV. Maßgeblichkeitsgrundsatz als Bewertungsober-
grenze
Bei Stpfl., die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind,
Bu¨cher zu fu¨hren und regelma¨ßig Abschlu¨sse zu machen, oder die
ohne eine solche Verpflichtung Bu¨cher fu¨hren und regelma¨ßig
Abschlu¨sse machen, ist fu¨r den Schluss des Wirtschaftsjahres
das Betriebsvermo¨gen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG anzusetzen,
das nach den handelsrechtlichen GoB auszuweisen ist, sog. in
§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG statuierter Maßgeblichkeitsgrundsatz
33
.
Hiernach schla¨gt sich die handelsrechtliche Passivierungspflicht
nach § 249 Abs. 1 HGB von Ru¨ckstellungen fu¨r die Kosten zu-
ku¨nftiger Bp in der Handelsbilanz grds. auch in der Steuerbilanz
nieder
34
. Ein von der Handelsbilanz abweichender Bewertungs-
ansatz ist nach § 5 Abs. 1 Hs. 2, Abs. 6 EStG in der Steuerbilanz
lediglich in den Fa¨llen mo¨glich, in denen steuerrechtliche Ansatz-
und Bewertungsvorbehalte bestehen und im Rahmen der Aus-
u¨bung eines steuerlichen Wahlrechts ein anderer Bewertungs-
ansatz gewa¨hlt wird oder wurde
35
. Wie die obigen Ausfu¨hrungen
deutlich zeigen, kommt es insbesondere durch die im Zuge des
BilMoG
36
erlassenen Neuregelungen zu teils erheblichen Bewer-
tungsunterschieden der Ru¨ckstellungsbetra¨ge in der Handels-
und Steuerbilanz. Fraglich erscheint es daher in diesem Zusam-
menhang, ob in den §§ 5 Abs. 2a-4b, 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG in Be-
zug auf den steuerlichen Ansatz und die Bewertung tatsa¨chlich ein
eigensta¨ndiges steuerbilanzielles Ru¨ckstellungsrecht errichtet
worden ist oder ob fu¨r die steuerliche Gewinnermittlung aufgrund
des Maßgeblichkeitsgrundsatzes fu¨r die Ru¨ckstellungsbewertung
die handelsrechtlichen Bewertungsansa¨tze eine Bewertungsober-
grenze bilden. Als Folge hiervon wa¨re im obigen Beispiel in der
Steuerbilanz der niedrigere handelsrechtliche Ru¨ckstellungsbetrag
anzusetzen mit den entsprechenden Auswirkungen auf die steuer-
liche Gewinnermittlung. Zu dieser Frage trifft das besprochene
BMF-Schreiben keine Aussage, jedoch hat sich hierzu die OFD
27 Siehe Fn. 11.
28 BMF-Schreiben vom 26. 5. 2005 – IV B2 – S-2175 – 7/05, BStBl. I 2005
S. 699 = DB 2005 S. 1244, Rdn. 26.
29
Kulosa
, a.a.O. (Fn. 10), § 6 R. 481;
Ehmcke
, a.a.O. (Fn. 10), § 6 Rdn. 979;
Werndl
, a.a.O. (Fn. 10), § 6 Rdn. 42;
Prinz
, a.a.O. (Fn. 12), § 6 Rdn. 504n;
BMF vom 26. 5. 2005, a.a.O. (Fn. 28), Rdn. 24.
30 IDW RH HFA 1 009 vom 23. 6. 2010, Rdn. 9, IDW-Fn. 2010 S. 354.
31 Einzelfragen zur handelsrechtlichen Bilanzierung von Verbindlichkeitsru¨ck-
stellungen: IDW RS HFA 34, Rdn. 39/40, IDW-Fn. 2013 S. 53.
32 Zur Vereinfachung unterstellte Daten und Werte unter Vernachla¨ssigung et-
waiger Preis- und Kostensteigerungen.
33 Das Maßgeblichkeitsprinzip findet auch nach den Neuregelungen des
BilMoG Anwendung.
34 BFH-Urteil vom 3. 2. 1969 – GrS 2/68, BStBl. II 1969 S. 291 = DB 1969
S. 730;
Kozikowski/Schubert
, a.a.O. (Fn. 26), § 249 HGB Rdn. 14;
Weber-
Grellet
, a.a.O. (Fn. 4), § 5 Rdn. 31;
Starke/Spies
, GmbHR 2005 S. 1042;
Merkt
, a.a.O. (Fn. 14), § 249 Rdn. 4.
35 Vgl. BMF-Schreiben vom 12. 3. 2010 – IV C 6 – S 2133/09/10001, BStBl. I
2010 S. 239 = DB 2010 S. 642; vom 22. 6. 2010 – IV C 6 – S 2133/09/10001,
BStBl. I 2010 S. 597 = DB 2010 S. 1430.
36 Siehe Fn. 14.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013