Exemplarisch lassen sich zur Verdeutlichung z. B. folgende
Positionen
15
anfu¨hren: die Kosten der Gestellung eines Bu¨ro-
raums fu¨r den Bp mit den anteiligen Raumkosten samt Ab-
schreibungen
16
, allgemeine anteilige Vorhaltekosten von IT-
Anlagen pro Benutzerlizenz und Jahr sowie die Kosten der Ein-
richtung eines eigenen Benutzerzugangs fu¨r den Bp. Personal-
kosten wie Kosten fu¨r eine Betreuung und Begleitung der Pru¨-
fung durch einen Buchhalter etc. sind u¨ber entsprechende
Brutto-Stundensa¨tze abzubilden, in die sa¨mtliche Gemeinkosten
wie Weihnachtsgeld oder Sonderleistungen anteilig einzubezie-
hen sind. Ferner sind als nicht zu unterscha¨tzende Position Kos-
ten fu¨r externe Berater wie StB oder WP mit dem Beratungsauf-
wand fu¨r die laufende Außenpru¨fung ohne die abziehbare Vor-
steuer
17
anzusetzen. Beratungskosten als Folge einer abgeschlos-
senen Außenpru¨fung wie außer- oder gerichtliche Rechtsbehelfe
sind jedoch nicht ru¨ckstellungsfa¨hig. Wie ausgefu¨hrt, sind nach
§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB fu¨r jegliche Positionen zudem die er-
warteten Preis- und Kostensteigerungen wie vornehmlich Lohn-
und Gehaltserho¨hungen zu beru¨cksichtigen
18
.
Der so ermittelte Erfu¨llungsbetrag ist durch das in § 253
Abs. 2 HGB statuierte Abzinsungsgebot fu¨r Ru¨ckstellungen mit
einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Rest-
laufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der
vergangenen sieben Jahre abzuzinsen
19
. Bp sehen – von Fa¨llen
der zeitnahen Bp einmal abgesehen – zumeist einen Pru¨fungs-
zeitraum von mehreren Jahren vor und damit eine mehr als ein-
ja¨hrige Restlaufzeit der entsprechenden Ru¨ckstellung mit der
Folge der handelsrechtlichen Abzinsung mittels eines entspre-
chenden Diskontierungsfaktors.
2. Steuerliche Bewertung
Lt. BMF-Schreiben sind steuerlich entsprechende Ru¨ckstellun-
gen fu¨r die Mitwirkungsverpflichtungen zur Durchfu¨hrung einer
Bp als Sachleistungsverpflichtungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a
Buchst. b EStG mit den Einzelkosten und den angemessenen
Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten und nicht
wie handelsrechtlich mit sa¨mtlichen Gemeinkosten
20
sowie nach
§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG mit einem festen Zinssatz von
5,5% abzuzinsen. Zur Bestimmung der unbestimmten Rechts-
begriffe „angemessen“ und „notwendig“ im Rahmen der Durch-
fu¨hrung einer Bp trifft das BMF-Schreiben keine Aussage.
M. E. du¨rfte zur Bestimmung der unbestimmten Rechtsbegriffe
auf die bereits bestimmten Konstellationen und Positionen des
§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB a. F. abzustellen sein
21
, wobei die
Notwendigkeit besteht, den konkreten und erforderlichen Bezug
zu der Bp herzustellen, und die Angemessenheit vernu¨nftige be-
triebswirtschaftliche Kriterien zur Abgrenzung zum willku¨rli-
chen Kostenansatz voraussetzt.
In die Ru¨ckstellung du¨rfen lt. BMF-Schreiben nur die Auf-
wendungen einbezogen werden, die in direktem Zusammen-
hang mit der Durchfu¨hrung einer zu erwartenden Bp stehen.
Hierzu za¨hlen lt. BMF z. B. die Kosten, die fu¨r die Inan-
spruchnahme rechtlicher und steuerlicher Beratung zur Durch-
fu¨hrung einer Bp entstehen. Demgegenu¨ber nicht einzubezie-
hen seien insbesondere die allgemeinen Verwaltungskosten, die
bei der Verpflichtung zur Aufbewahrung von Gescha¨ftsunterla-
gen nach § 257 HGB und § 147 AO entstu¨nden. Ferner nicht
einzubeziehen in die Ru¨ckstellung sind danach die Kosten der
Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses und der
Verpflichtung zur Anpassung des betrieblichen EDV-Systems
an die Grundsa¨tze zum Datenzugriff und zur Pru¨fbarkeit digi-
taler Unterlagen (GDPdU). Die Ausfu¨hrungen des BMF-
Schreibens weitergedacht, sind ebenso allgemeine Verwaltungs-
kosten, die im Unternehmen auch ohne die konkrete Bp anfal-
len, wie Personalaufwendungen des allgemeinen Verwaltungs-
betriebs, Abschreibungen auf Gegensta¨nde des allgemeinen
Verwaltungsbereichs (insbesondere IT-Anlagen und Geba¨ude-
abschreibung) sowie auch freiwillige Sozialleistungen und Al-
tersversorgungen fu¨r die mit der Durchfu¨hrung betrauten Ar-
beitnehmer und die diesbezu¨glichen Vorsteuerbetra¨ge nicht
ru¨ckstellungsfa¨hig
22
.
Als besonderer Punkt
23
anzufu¨hren ist, unter welchen Vo-
raussetzungen erwartete Steuernachzahlungen als Folge einer Bp
durch Ru¨ckstellungen abzubilden sind, welche als ungewisse
Verbindlichkeiten nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB ebenfalls dem
Gebot der hinreichenden Konkretisierung und der wahrscheinli-
chen Inanspruchnahme unterliegen. Demnach scheiden all-
gemeine Erfahrungssa¨tze, wonach Bp zumeist mit einer Steuer-
nachforderung abschließen, aus, eine Konkretisierung und wahr-
scheinliche Inanspruchnahme zu begru¨nden
24
. Vielmehr ist er-
forderlich, dass der Stpfl. am Bilanzstichtag auf der Grundlage
begru¨ndeter Tatsachen und einer eigenen sorgfa¨ltigen Pru¨fung
von einer Steuernachzahlung auszugehen hat, wie insbesondere
in Fa¨llen einer laufenden Bp und bereits erfolgten konkreten Be-
anstandungen seitens des Betriebspru¨fers
25
.
3. Systemimmanente Bewertungsunterschiede zwischen
handelsrechtlichen und steuerlichen Ru¨ckstellungsbetra¨gen
Am Beispiel der Ru¨ckstellungsbildung werden unvermeidliche
systemimmanente Bewertungsunterschiede in der Handels- und
Steuerbilanz besonders deutlich. In Bezug auf den Ansatz und
die Bewertungsregeln von Ru¨ckstellungen hat sich auf den ersten
Blick – insbesondere in den §§ 5 Abs. 2a-4b, 6 Abs. 1 Nr. 3a
EStG – ein nahezu eigensta¨ndiges Ru¨ckstellungsrecht in der
Handels- und Steuerbilanz etabliert
26
. Wie bereits ausgefu¨hrt,
findet handelsrechtlich nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB bei den
vorliegenden Sachleistungsverpflichtungen wa¨hrend der Durch-
fu¨hrung der Bp im Ergebnis die Vollkostenmethode Anwen-
dung; somit sind Ru¨ckstellungen i. H. des nach vernu¨nftiger
kaufma¨nnischer Beurteilung notwendigen Erfu¨llungsbetrags
inkl. einer nach dem Bilanzstichtag liegenden Preis- und Kos-
15 Zu ausfu¨hrlichen Berechnungsbeispielen und Positionen s.
Happe
, BBK 2011
S. 479;
Werner
, BC 2008 S. 225;
Kleine/Werner
, DStR 2006 S. 1945;
Eckert
,
DB 2012 S. 2012.
16
Kulosa
, a.a.O. (Fn. 10), § 6 Rdn. 481.
17
Falterbaum/Bolk/Reiß/Kirchner
, a.a.O. (Fn. 10), S. 989, 20. 1. 7. 2.
18
Falterbaum/Bolk/Reiß/Kirchner
, a.a.O. (Fn. 10), S. 986, 20. 1. 7.1;
Werndl
,
a.a.O. (Fn. 10), § 6 Rdn. 1, m. w. N.;
Merkt
, a.a.O. (Fn. 14), § 253 Rdn. 3;
Morck
, a.a.O. (Fn. 14), § 253 Rdn. 4.
19 Anm.: Der anzuwendende Abzinsungssatz wird von der Deutschen Bundes-
bank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich be-
kannt gegeben.
20 So bereits
Falterbaum/Bolk/Reiß/Kirchner
, a.a.O. (Fn. 10), S. 988, 20. 1. 7.2;
BMF-Schreiben vom 6. 12. 2005 – IV B 2 – S 2134a – 42/05, BStBl. I 2005
S. 1047 = DB 2005 S. 2717, Rdn. 22.
21
Prinz
, a.a.O. (Fn. 12), § 6 Rdn. 504c;
Littmann/Bitz/Pust
, EStG, Bd. 2, § 6
Rdn. 251 u. 665.
22
Falterbaum/Bolk/Reiß/Kirchner
, a.a.O. (Fn. 10), S. 988, 20. 1. 7.2;
Prinz
,
a.a.O. (Fn. 12), § 6 Rdn. 504c;
Merkt
, a.a.O. (Fn. 14), § 255 Rdn. 10;
Morck
,
a.a.O. (Fn. 14), § 255 Rdn. 10.
23
Eckert
, DB 2012 S. 2019, m. w. N.
24
Weber-Grellet
, a.a.O. (Fn. 4), § 5 Rdn. 550;
Lambrecht
, in: Kirchhof/So¨hn/
Mellinghof, EStG, Bd. 6, § 5 Rdn. D 307;
Falterbaum/Bolk/Reiß/Kirchner
,
a.a.O. (Fn. 10), S. 996, 20. 2.2.1; BFH-Urteil vom 13. 1. 1966 – IV 51/62,
BStBl. III 1966 S. 189 = DB 1966 S. 605; vom 18. 7. 1973 – I R 117/73,
BStBl. II 1973 S. 860; vom 1. 8. 1984 – I R 138/80, BStBl. II 1985 S. 350.
25
Lambrecht
, a.a.O. (Fn. 24), § 5 Rdn. D 307;
Weber-Grellet
, a.a.O. (Fn. 4), § 5
Rdn. 550; BFH-Urteil vom 27. 11. 2001 – VIII R 36/00, BStBl. II 2002 S. 731
= DB 2002 S. 767;
Schro¨der/Muuss
, Handbuch der steuerlichen Betriebspru¨-
fung, Bd. I, Ru¨ckstellungen 2725.
26 Instruktiv:
Kozikowski/Schubert
, in: Beck‘scher Bilanzkommentar, § 249 HGB
Rdn. 14.
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013
Steuerrecht
903