Mu¨nster mit Verfu¨gung vom 13. 7. 2012
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in der Form klar posi-
tioniert, dass entsprechend demWortlaut des Einleitungssatzes zu
Nr. 3a des § 6 Abs. 1 EStG der handelsrechtliche Ru¨ckstellungs-
betrag fu¨r die steuerrechtliche Bewertung der Ru¨ckstellung nach
§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG auch dann maßgeblich sei, wenn der Aus-
weis der Ru¨ckstellung in der Handelsbilanz niedriger ist als der
sich steuerlich ergebende Wert. Begru¨ndet wird dies seitens der
OFDMu¨nster mit demWortlaut „ho¨chstens“ im Einleitungssatz
zu § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG und dem Hinweis auf die Gesetzes-
begru¨ndung
38
zum StEntlG 1999/2000/2002, wonach der zula¨s-
sigerweise niedrigere Ausweis fu¨r die Ru¨ckstellung in der Han-
delsbilanz fu¨r die Steuerbilanz maßgebend sei
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. Diese Auslegung
des Maßgeblichkeitsgrundsatzes steht im Gegensatz zur Behand-
lung von Pensionsru¨ckstellungen, deren steuerliche Bewertung
gem. dem BMF-Schreiben vom 12. 3. 2010
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nicht auf die han-
delsrechtlichen Werte beschra¨nkt ist, sondern sich ausschließlich
nach § 6a EStG richtet. Es sind dennoch auch in den unausweich-
lichen Konstellationen, in denen es zwingend zu Bewertungs-
unterschieden der Ru¨ckstellungsbildung in den verschiedenen Re-
chenwerken kommt, die niedrigeren handelsrechtlichen Werte
anzusetzen mit der Folge, dass bereits bestehende Ru¨ckstellungen
fu¨r die Kosten zuku¨nftiger Bp auf die handelsrechtlichen Werte
zuru¨ckzufu¨hren sind (Teilauflo¨sung) und der Differenzbetrag
zum steuerlichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung als
Ertrag zu erfassen ist.
Fu¨r das o. g. Beispiel bedeutet dies:
Steuerlicher Ru¨ckstellungsbetrag zum 31. 12. 2011
189.773 €
– handelsrechtlicher Ru¨ckstellungsbetrag zum 31. 12. 2011
175.438 €
Bewertungsdifferenz als Ertrag
14.335 €
Buchung: Ru¨ckstellung Bp an a. o. Ertrag 14.335 €
Diese faktische Bewertungsobergrenze der Ru¨ckstellungsbil-
dung in der Steuerbilanz hat nunmehr in R 6.11. Abs. 3 (neu)
EStA¨ R 2012
41
Einzug gefunden und stellt somit zuku¨nftig die
allgemeine Verwaltungsauffassung dar. Zur Frage der Bewertung
von Ru¨ckstellungen ist in R 6.11 Abs. 3 EStA¨ R 2012 auf-
genommen worden, dass mit Ausnahme der Pensionsru¨ckstel-
lungen die Ho¨he der Ru¨ckstellung in der Steuerbilanz den zula¨s-
sigen Ansatz in der Handelsbilanz nicht u¨berschreiten darf. Die-
se Regelung ist jedoch durch den A¨ nderungsvorschlag des Bun-
desrats vom 14. 12. 2012
42
noch um eine Regelung zur Abfede-
rung der entstehenden Gewinnauswirkungen durch etwaige
Teilauflo¨sungen entsprechender Ru¨ckstellung erga¨nzt worden.
Aufgenommen wurde im neuen Abs. 3 der R 6.11 EStA¨ R
2012 eine Regelung fu¨r Gewinne, die sich aus der erstmaligen
Anwendung des BilMoG durch die Auflo¨sung von Ru¨ckstellun-
gen ergeben, welche bereits vor dem am 1. 1. 2010 endenden
Wirtschaftsjahr passiviert wurden. Eingefu¨hrt wurde die Mo¨g-
lichkeit, fu¨r diese Gewinne eine gewinnmindernde (steuerliche
Gewinn-)Ru¨cklage i. H. von
14
/
15
zu passivieren, welche in
einem Auflo¨sungszeitraum von 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit
1
/
15
gewinnerho¨hend aufzulo¨sen ist. Der Zeitraum von 15 Jahren
fu¨r die Teilauflo¨sung der Ru¨ckstellungen fu¨r Sachleistungsver-
pflichtungen ist an U¨ bergangszeitra¨ume im Zuge der Einfu¨h-
rung des BilMoG angelehnt, wie z. B. Art. 67 Abs. 1 EGHGB
fu¨r Pensionsru¨ckstellungen eine Verteilung des Anpassungs-
betrags u¨ber bis zu 15 Jahre vorsieht. In Fa¨llen, in denen bereits
passivierte Ru¨ckstellungen durch Wegfall der zugrunde liegen-
den Verpflichtung vorzeitig aufzulo¨sen sind oder durch die Re-
duzierung der Verpflichtungsho¨he innerhalb des Auflo¨sungszeit-
raums teilweise aufzulo¨sen sind, ist die noch existente gewinn-
mindernde Ru¨cklage zum Ende des betreffenden Wirtschafts-
jahrs vollsta¨ndig bzw. i. H. des Differenzbetrags gewinn-
erho¨hend aufzulo¨sen. Durch diese Regelung sollen die steuerli-
chen Folgen wahrscheinlicher Teilauflo¨sungen von Ru¨ckstellun-
gen anstatt einer sofortigen Versteuerung in voller Ho¨he u¨ber
einen Zeitraum von15 Jahren ratierlich abgefedert werden.
Fu¨r das obige Beispiel bedeutet dies:
Obergrenze der steuerlichen Ru¨ckstellung
175.438 €
(steuerliche Gewinn-) Ru¨cklage zum 31. 12. 2011
14.335 €
Zu versteuernder (Teil-)Auflo¨sungsgewinn zum 31. 12. 2011
1
/
15
von 14.335 €
955,66 €
V. Zusammenfassung und Fazit
Das BMF erkla¨rt die vom BFH
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aufgestellten Grundsa¨tze der
Ru¨ckstellungsbildung fu¨r Aufwendungen zuku¨nftiger Bp bei
Großbetrieben i. S. des § 3 BpO u¨ber den entschiedenen Ein-
zelfall hinaus fu¨r allgemein anwendbar, ohne eine Differenzie-
rung innerhalb der Großbetriebe nach den Gro¨ßenklassen
G1-G3 vorzunehmen. Im Ergebnis schließt sich das BMF den
Feststellungen des BFH Urteils vom 6. 6. 2012 insoweit an, dass
bereits der Betriebsgro¨ßenklassen-Status Großbetrieb nach § 3
BpO eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnah-
me aus der o¨ffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Mitwirkung
bei der Durchfu¨hrung einer Bp begru¨ndet. Hierdurch beendet
das BMF die Diskussion zur Abha¨ngigkeit der Ru¨ckstellungsbil-
dung von einer zuvor ergangenen Pru¨fungsordnung fu¨r die Fa¨lle
der Großbetriebe und schafft gleichsam fu¨r den Stpfl. und die
Finanzverwaltung bezu¨glich der Voraussetzungen der Zula¨ssig-
keit der Ru¨ckstellungsbildung Rechtssicherheit. Gleichfalls stellt
das BMF ausdru¨cklich klar, dass eine generelle Ru¨ckstellungsbil-
dung ohne eine zuvor ergangene Pru¨fungsanordnung fu¨r Betrie-
be unterhalb der Gro¨ßenklasse Großbetrieb nicht in Betracht
kommt, da es an der Wahrscheinlichkeit einer Anschlusspru¨fung
nach § 4 Abs. 2 BpO fehle. Diese eindeutigen Ausfu¨hrungen
des BMF sind gerade aus praktischen Erwa¨gungen besonders
geeignet, um etwaig aufkommende Zweifel an den – nach wie
vor – bestehenden Voraussetzungen zur Ru¨ckstellungsbildung in
den Betriebsgro¨ßenbereichen unterhalb der Schwelle Groß-
betrieb auszura¨umen und vorhandene Regelungen der Ru¨ckstel-
lungsbildung nicht weiter aufzuweichen. Zur Frage des Umfangs
und der Bewertung entsprechender Ru¨ckstellungen wa¨ren je-
doch seitens des BMF weitergehende Ausfu¨hrungen wu¨n-
schenswert. Denn mangels Entscheidungserheblichkeit blieb in
der Entscheidung des BFH vom 6. 6. 2012 offen, welche Kosten
bei der Bewertung der Ru¨ckstellungen zu beru¨cksichtigen sind,
wodurch auch weiterhin Kontroversen bezu¨glich der ru¨ckstel-
lungsfa¨higen Positionen zu erwarten sein du¨rften. Ein weiteres
Konfliktfeld steht durch die nunmehr ausdru¨cklich in R 6.11
Abs. 3 (neu) EStA¨ R statuierte Begrenzung entsprechender
Ru¨ckstellungsbetra¨ge auf die handelsrechtlichen Werte zu be-
fu¨rchten. Gerade durch die u¨ber den Maßgeblichkeitsgrundsatz
eintretenden Bewertungsobergrenzen bereits bestehender Ru¨ck-
stellungen du¨rften nicht unerhebliche Teilauflo¨sungsgewinne im
Bereich der Großbetriebe zu erwarten sein, deren steuerliche
Auswirkungen durch die vom Bundesrat in den EStA¨ R 2012
vorgeschlagene Einfu¨hrung einer (steuerlichen) Gewinnru¨cklage
mit ratierlicher Auflo¨sung zumindest abgefedert werden ko¨nn-
ten.
37 OFD Mu¨nster, Verfu¨gung vom 13. 7. 2012 – S 2170a – 234 – St 12 – 33, DB
2012 S. 1779; OFD Rheinland, Verfu¨gung vom 13. 7. 2012 – S 2133 –
2011/0003 – St 141, DB 2012 S. 1779.
38 BT-Drucks. 14/443 S. 23.
39 A. A.
Buchholz
, Ubg 2012 S. 777, m. w. N.
40 BMF vom 12. 3. 2010, a.a.O. (Fn. 35).
41 EStA¨ R 2012 BStBl. I 2012 S. 276 (vom 28. 3. 2013).
42 BT-Drucks. 681/12 (Beschluss), DB0573933.
43 A.a.O. (Fn. 3).
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013
Steuerrecht
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