Den nicht erkla¨rten Erwerbsaufwendungen des Kla¨gers . . .
12
I
aa)
Der Umstand, dass dem FA keine Erwerbsaufwendun-
gen erkla¨rt waren, mag – insoweit ist der Revision beizupflichten
– das FA zwar noch nicht daran hindern, den Steueranspruch
festzustellen. Werden keine Anschaffungskosten erkla¨rt, ko¨nnen
sie ggf. gescha¨tzt werden (§ 162 AO). Besteht dafu¨r keine
Grundlage, muss das FA den Steuertatbestand erfassen, ohne
Erwerbsaufwendungen zu beru¨cksichtigen.
. . . kommt eine die Steuerbarkeit der Einnahmen leitende
Funktion zu
13
I
bb)
Indes haben die Anschaffungskosten, deren Umfang das
FA im Streitfall unstreitig nicht kannte, im Tatbestand des § 17
Abs. 4 Satz 1 EStG eine die Steuerbarkeit der Einnahmen lei-
tende Funktion. Wird eine qualifizierte Beteiligung nach § 17
Abs. 1 EStG vera¨ußert, ist der Vera¨ußerungspreis steuerbar,
auch wenn die Vera¨ußerung deshalb zu einem negativen Ergeb-
nis (Verlust) fu¨hrt, weil der Preis die Anschaffungskosten nicht
u¨bersteigt. Anders verha¨lt es sich bei dem Ersatztatbestand der
Zuru¨ckzahlung von Betra¨gen aus dem steuerlichen Einlagekonto
i. S. des § 27 KStG (§ 17 Abs. 4 Satz 1 EStG). Hier bilden die
Anschaffungskosten Erwerbsaufwendungen nur, soweit die Zu-
ru¨ckzahlung die Anschaffungskosten u¨bersteigt. Der u¨berstei-
gende Teil des Ru¨ckzahlungsbetrags allein ist steuerbare Ein-
nahme und (nach aktueller Rechtslage) zu 60% steuerpflichtiger
Vera¨ußerungsgewinn i. S. von § 17 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 2
i. V. mit § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG.
Zuru¨ckgezahlte Betra¨ge aus dem steuerlichen Einlagekonto
fu¨hren zu einer Minderung der Anschaffungskosten, wenn sie
diese unterschreiten
14
I
c)
Sind die zuru¨ckgezahlten Betra¨ge aus dem steuerlichen
Einlagekonto i. S. des § 27 KStG aber niedriger als die Anschaf-
fungskosten, mindern sie die Anschaffungskosten der Betei-
ligung erfolgsneutral
4
, fu¨hren also per se nicht zu steuerbaren
Einnahmen.
Minderung der Anschaffungskosten wird erst steuerrelevant,
wenn der Stpfl. spa¨ter einen Tatbestand des § 17 EStG erfu¨llt
15
I
Erst dann, wenn der Stpfl. spa¨ter einen Steuertatbestand
i. S. des § 17 EStG (Vera¨ußerung nach § 17 Abs. 1 EStG oder
Ersatztatbestand nach § 17 Abs. 4 EStG) erfu¨llt, erfasst das Ge-
setz die zuru¨ckgezahlte Einlage mit dem wegen geminderter
Anschaffungskosten ho¨heren Vera¨ußerungsgewinn. Liegen die
Voraussetzungen eines Steuertatbestands i. S. des § 17 Abs. 1
oder Abs. 4 EStG aber nicht vor, werden die zuru¨ckgezahlten
Betra¨ge aus dem steuerlichen Einlagekonto steuerneutral mit
den (ho¨heren) Anschaffungskosten verrechnet. Deshalb handelt
es sich bei der Zuru¨ckzahlung von Betra¨gen aus dem steuerli-
chen Einlagekonto i. S. des § 27 KStG nicht um eine steuerbare
Einnahme, sondern um eine Position, welche die Anschaffungs-
kosten der Beteiligung mindert.
Kenntnis des FA um Ru¨ckzahlung aus dem steuerlichen Ein-
lagekonto . . .
16
I
d)
Mithin wusste das FA mit seiner bloßen Erkenntnis des
Ru¨ckzahlungsbetrags ohne Kenntnis der Anschaffungskosten
nichts von einer steuerbaren Einnahme gem. § 17 Abs. 4 Satz 1
und 2 EStG. DiesesWissen ha¨tte ihm erst der entsprechende Ein-
trag in der Anlage GSE oder eine Gewinnermittlung durch den
Kla¨ger vermittelt. Auch aus den weiteren Akten des FA ergaben
sich nach den Feststellungen des FG, die den Senat nach § 118
Abs. 2 FGO binden, entgegen der Revision keinerlei Anhalts-
punkte u¨ber die Ho¨he der Anschaffungskosten. In der Tat wurde
der notarielle Vertrag u¨ber die U¨ bertragung erst nach Abschluss
der Veranlagung, Anfang Ma¨rz 2008, Bestandteil der Akten.
. . . ist nicht mit der Kenntnis um steuerbare Einnahmen
gleichzusetzen
17
I
In Verbindung mit den fehlenden Angaben in der Steuer-
erkla¨rung konnte das FA deshalb – wie das FG zutreffend ent-
schieden hat – davon ausgehen, dass sich die Ru¨ckzahlung ledig-
lich steuerneutral auswirke. Ihm ist die steuererho¨hende Tatsa-
che steuerbarer Einnahmen als der positiven Differenz der
Ru¨ckgewa¨hr von Einlagen gegenu¨ber den Anschaffungskosten
nachtra¨glich durch die Außenpru¨fung bekannt geworden.
Kla¨ger kann sich nicht auf Treu und Glauben berufen
18
I
2.
Das FA war auch nicht nach Treu und Glauben daran ge-
hindert, die Berichtigung durchzufu¨hren. Der Kla¨ger kann sich
nicht auf Treu und Glauben berufen, weil er seiner Mitwir-
kungspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen ist
5
. Er
hat den steuerlich bedeutsamen Sachverhalt nicht richtig, voll-
sta¨ndig und deutlich dargestellt und insbesondere weder einen
Vera¨ußerungstatbestand (im Rahmen der Anlage GSE) erkla¨rt
noch eine Gewinnermittlung vorgelegt. So hat er, indem er al-
lein die Steuerbescheinigung vorlegte, den steuerrechtlich be-
deutsamen Sachverhalt in der Schwebe gehalten und bei dem
FA den Eindruck erweckt, es handele sich bei der Ru¨ckzahlung
aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. des § 27 KStG um einen
steuerneutralen Vorgang.
4 Einhellige Auffassung, vgl.
Ott
, in: FS Korn, 2005 S. 105 (113);
Eilers/
R. Schmidt
, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 17 EStG Rdn. 325;
Blu¨mich/
Ebling
, § 17 EStG Rdn. 889;
Schmidt/Weber-Grellet
, EStG, 31. Aufl., § 17
Rdn. 238;
Gosch
, in: Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 17 Rdn. 136; OFD Frank-
furt/M., Verfu¨gung vom 17. 4. 2000 – S 2143 A – 36 – St II 20, DStR 2000
S. 1093; zur alten Rechtslage vgl. auch BFH-Urteil vom 20. 4. 1999 – VIII R
44/96, BStBl. II 1999 S. 698 = DB 1999 S. 1432.
5 Vgl. zu den Voraussetzungen eingehend
Loose
, a.a.O. (Fn. 2), Rdn. 68,
m. w. N.
Umsatzsteuer
Eine fu¨r einen steuerfreien Umsatz in Rechnung
gestellte Steuer ist dem Rechnungsaussteller zu
erstatten, wenn dem Leistungsempfa¨nger der Vor-
steuerabzug hierfu¨r versagt wurde
Keine Berichtigung der urspru¨nglichen Rechnung insoweit
erforderlich
MwStSystRL Art. 203
1. Der Grundsatz der Neutralita¨t der MwSt in seiner durch die
Rspr. zu Art. 203 MwStSystRL konkretisierten Form ist dahin
auszulegen, dass er es der Finanzverwaltung verbietet, dem
Erbringer einer steuerfreien Leistung auf der Grundlage
einer nationalen Rechtsvorschrift zur Umsetzung von
Art. 203 MwStSystRL die Erstattung der einem Kunden
fa¨lschlich in Rechnung gestellten MwSt mit der Begru¨ndung
zu versagen, dass er die fehlerhafte Rechnung nicht berich-
tigt habe, obwohl dem Kunden das Recht auf Abzug dieser
Steuer von der Finanzverwaltung endgu¨ltig versagt wurde
und dies zur Folge hat, dass die im nationalen Recht vor-
gesehene Berichtigungsregelung nicht mehr anwendbar ist.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013
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