Monate zu erwarten. Diese Frist soll jedoch nicht vollsta¨ndig aus-
gescho¨pft werden; die EU-Kommission deutet vielmehr an, dass
sehr bald nach Zulassung/Anerkennung der ersten CCPs auch
die Clearingpflichten festgelegt werden
115
. Potenziell betroffene
Unternehmen haben also genau zu beobachten, wie der Umset-
zungsprozess auf EU-Ebene voranschreitet.
d) Einschalten von Wirtschaftspru¨fern
Nichtfinanzielle Gegenparteien haben neben den Pflichten unter
der EMIR zusa¨tzlich die durch das EMIR-Ausfu¨hrungsgesetz
eingefu¨hrten A¨ nderungen im Wertpapierhandelsgesetz zu be-
achten
116
. Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl.
§ 267 HGB) sowie Personengesellschaften i. S. des § 264a
HGB (vgl. § 20 Abs. 5 WpHG), die keine finanziellen Gegen-
parteien gem. Art. 2 Nr. 8 EMIR sind, werden gem. § 20
WpHG verpflichtet, durch einen geeigneten
117
Pru¨fer bescheini-
gen zu lassen, dass sie u¨ber geeignete Systeme verfu¨gen, um die
Einhaltung der in § 20 WpHG genau spezifizierten EMIR-
Compliance-Pflichten sicherzustellen. Die Pflicht besteht nur,
wenn die genannten Gesellschaften im abgelaufenen Gescha¨fts-
jahr entweder OTC-Derivate i. S. des Art. 2 Nr. 7 EMIR mit
einem Gesamtnominalvolumen von mehr als 100 Mio. € oder
mehr als 100 OTC-Derivatekontrakte eingegangen sind. Dabei
sollen jedoch gruppeninterne Gescha¨fte nicht zu beru¨cksichtigen
sein (§ 20 Abs. 1 Satz 2 WpHG). Das Pru¨fungsergebnis soll
grundsa¨tzlich der Gescha¨ftsleitung und ggf. dem Aufsichtsrat
und nur bei Ma¨ngelfeststellungen der BaFin vorgelegt werden
(vgl. § 20 Abs. 3 WpHG).
IV. Hinweise zur Vertragsgestaltung bei clearingpflich-
tigen Unternehmen
1. Anbindungsmo¨glichkeiten an die CCP bei Clearingpflicht
Steht die Clearingpflicht fu¨r ein Unternehmen fest, stellt sich
die Frage, wie diese konkret umzusetzen ist. Erforderlich ist die
Anbindung der Betroffenen an die CCP. Der Gesetzgeber hat
in Art. 4 Abs. 3 EMIR im Wesentlichen drei verschiedene An-
bindungsvarianten vorgepra¨gt, fu¨r die sich eine clearingpflichtige
Gegenpartei entscheiden muss.
a) Die clearingpflichtige Partei schließt als Clearingmitglied
eine Clearingvereinbarung mit einer CCP. Soweit ersichtlich,
hat sich nur eine u¨berschaubare Anzahl durchweg gro¨ßerer
Banken in Deutschland dafu¨r entschieden, Clearingmitglied
bei einer CCP zu werden. Selbst nichtfinanzielle Gegenpar-
teien, die nicht unwesentlich im Derivategescha¨ft engagiert
sind, werden diesen Weg nur ausnahmsweise beschreiten, da
die Infrastruktur komplex und teuer ist.
b) Die clearingpflichtige Partei schließt als Nicht-Clearingmit-
glied (Kunde) eine Clearingvereinbarung mit einem Clearing-
mitglied. Dieses (hier stark vereinfacht dargestellte) Modell
du¨rfte fu¨r die Mehrheit der in Deutschland zugelassenen
finanziellen Gegenparteien sowie fu¨r eine Vielzahl nicht-
finanzieller Gegenparteien in Betracht kommen.
c) Insbesondere fu¨r kleinere finanzielle Gegenparteien und auch
fu¨r clearingpflichtige Unternehmen kann der Abschluss einer
sog. indirekten Clearingvereinbarung mit dem Kunden eines
Clearingmitglieds eine sinnvolle Alternative darstellen. Nach
den einschla¨gigen RTS sind indirekte Clearingvereinbarun-
gen die Gesamtheit der Vertragsbeziehungen zwischen der
CCP, dem Clearingmitglied, dem Kunden eines Clearing-
mitglieds und (als letztes Glied in der Kette) dem indirekten
Kunden, die es dem Kunden eines Clearingmitglieds ermo¨g-
lichen, Clearingdienste fu¨r einen indirekten Kunden zu er-
bringen
118
. Voraussetzung ist, dass es sich bei dem Kunden
des Clearingmitglieds um ein zugelassenes Kreditinstitut, eine
zugelassene Wertpapierfirma oder eine vergleichbare Dritt-
staateneinrichtung handelt
119
. Alle der genannten Institute
mu¨ssen als Teilnehmer i. S. der Finalita¨tsrichtlinie 98/26/EG
qualifiziert sein
120
. Nichtfinanzielle Unternehmen als indirek-
te Kunden ko¨nnen daher keine indirekten Clearingverein-
barungen mit anderen nichtfinanziellen Unternehmen schlie-
ßen, die sich einer CCP als Kunde angeschlossen haben.
2. Vertragsstrukturen
Praktisch wird eine CCP-Anbindung nicht nur bei indirekten
Clearingvereinbarungen, wo dieser Fall ausdru¨cklich im Gesetz
anerkannt ist
121
, sondern auch bei den beiden anderen Anbin-
dungsmo¨glichkeiten (als Kunde oder als Clearingmitglied) durch
den Abschluss einer Reihe von ggf. mehrseitigen Vertra¨gen her-
gestellt. Die Vertragsinhalte, die einer Anbindung an eine CCP
zugrunde liegen, werden u¨blicherweise von der CCP festgelegt
bzw. vorgeschlagen. Je nach CCP unterscheiden sich die Ver-
tragsbedingungen ganz erheblich voneinander. Typologisch
scheinen sich einerseits Muster-Rahmenvertra¨ge, die zwischen
Kunde und Clearingmitglied geschlossen werden, und anderer-
seits dreiseitige Vertra¨ge, die teilweise auf die Clearingbedingun-
gen verweisen, herauszubilden
122
. Beide Anbindungsformen
werden in der Praxis zuweilen auch vermischt
123
.
Nichtfinanzielle Gegenparteien, die sich aufgrund der Clea-
ringpflicht fu¨r ihre standardisierten OTC-Gescha¨fte an eine
CCP anbinden mu¨ssen, werden dies ha¨ufig u¨ber ein sog. Clea-
ringmitglied – ein Kreditinstitut – tun. Das entspricht der oben
unter Ziff. IV. 1. b) genannten Variante. Es sind also zwei Ver-
tragsbeziehungen zu betrachten, einmal zwischen nichtfinanziel-
ler Gegenpartei und Clearingmitglied und einmal zwischen
Clearingmitglied und CCP. Der notwendige (Rahmen-)Vertrag
zwischen nichtfinanzieller Gegenpartei und Clearingmitglied
muss dabei an die Vertragsbedingungen, die zwischen CCP und
dem Clearingmitglied bestehen, angeglichen bzw. mit diesem
abgestimmt werden. Durch eine „Kunden-Clearing-Verein-
barung“ wird zwischen Clearingmitglied und Kunde ein neuer
Rahmenvertrag geschaffen, der nur fu¨r die clearingpflichtigen
OTC-Gescha¨fte gilt und der den Bedingungen, unter denen die
CCP Gescha¨fte abschließt, entspricht. Rechtstechnisch wird
dies u. a. dadurch erreicht, dass bestehende (alte) Rahmenvertra¨-
ge
124
in die „Kunden-Clearing-Vereinbarung“ einbezogen wer-
den und mit diesen zusammen als neuer „Clearing“-Rahmenver-
trag gelten. Fu¨r den neuen „Clearing“-Rahmenvertrag sollen
115 Vgl. EU-Kommission, a.a.O. (Fn. 97), Ziff. I. 3.
116 Vgl. Ausfu¨hrungsgesetz zur Verordnung (EU) Nr. 648/2012 u¨ber OTC-Deri-
vate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (EMIR-Ausfu¨hrungs-
gesetz) vom 13.2.2013, BGBl. I 2013 S. 174, Art. 2.
117 Beachte § 20 Abs. 2 WpHG, der vom Pru¨fer „ausreichende Kenntnisse“ hin-
sichtlich des Pru¨fungsgegenstandes verlangt.
118 Art. 1 b) VO (EU) Nr. 149/2013.
119 Art. 2 Abs. 1 VO (EU) Nr. 149/2013.
120 Vgl. Erwa¨gungsgrund 5 VO (EU) Nr. 149/2013.
121 Art. 1 b) VO (EU) Nr. 149/2013.
122 Die Interessenverba¨nde erarbeiten derzeit eigene Anha¨nge fu¨r clearing-
pflichtige OTC-Derivate (z. B. ISDA Client Cleared OTC Derivatives Addendum;
auch von Seiten des BdB ist fu¨r den DRV ebenfalls mit einer „Clearing-Rah-
menvereinbarung“ zu rechnen).
123 So verweisen die Muster-Rahmenvertra¨ge von LCH.Clearnet an zahlreichen
Stellen auf deren Clearingbedingungen (LCH-Rules).
124 Unter dem Rahmenvertrag werden sa¨mtliche individuellen Derivatetrans-
aktionen zwischen zwei Gegenparteien zusammengefasst und bei Insolvenz
oder einem anderen wichtigen Beendigungsgrund einheitlich beendet und
miteinander verrechnet (Close-Out-Netting). Dadurch reduziert sich das
Ausfallrisiko auf die nach Close-Out verbleibende Nettoposition. Vgl. dazu
Zerey
, Finanzderivate, 3. Aufl., 2013, § 6 Rdn. 3.
920
Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013