entsprechenden Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzero¨ffnungsverfah-
ren gem. § 21 InsO
9
. Das Zahlungsverbot stelle daher nur ein voru¨ber-
gehendes Hindernis fu¨r die Erfu¨llung der Zahlungspflichten des Kredit-
instituts dar. Verzo¨gerungsscha¨den seien ersatzfa¨hig, sofern das Kredit-
institut den Erlass des Verbotes zu vertreten habe
10
.
Keine Stundungswirkung im Hinblick auf den Wortlaut des
§ 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG a. F. und die Gesetzessystematik
17
I
2.
Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Einer Stundungs-
wirkung steht unter Beru¨cksichtigung der Tatsache, dass eine
durch Verwaltungsakt bewirkte Stundung einen Eingriff in
Gla¨ubigerrechte darstellt, maßgeblich der Wortlaut des § 46a
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG a. F., aber auch die Gesetzessystema-
tik entgegen. Eine Stundungswirkung kann entgegen der Auf-
fassung des Berufungsgerichts weder allein auf die Gesetzes-
materialien zu § 46a KWG a. F. noch auf Sinn und Zweck der
Regelung gestu¨tzt werden.
Erfordernis einer besonderen Legitimation fu¨r eine hoheitlich
angeordnete Stundung
18
I
a)
Eine Stundung bewirkt nach allgemeinem Versta¨ndnis
das Hinausschieben der durch Parteivereinbarung oder durch
Gesetz bestimmten Fa¨lligkeitszeitpunkte
11
. Sie kommt im Re-
gelfall durch Parteivereinbarung zustande, kann aber auch – wie
das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht erkannt hat – durch
Gesetz, durch Richterspruch (§ 1382, § 1613 Abs. 3, § 2331a
BGB) oder durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt an-
geordnet werden
12
. Jedoch bedarf eine hoheitlich angeordnete
Stundung, wie das Berufungsgericht nicht ausreichend beru¨ck-
sichtigt hat, einer besonderen Legitimation, da private Rechts-
verha¨ltnisse „von hoher Hand“ geregelt werden
13
. Dies gilt nach
dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts insbesondere dann,
wenn – wie hier in Rede steht – durch privatrechtsgestaltenden
Verwaltungsakt, der nicht nur beeinflussend fu¨r das Privatrecht
wirkt, final auf bestehende privatrechtliche Vereinbarungen
„durchgegriffen“ wird und vertraglich begru¨ndete Rechte und
Pflichten abgea¨ndert werden
14
.
Die Stundungswirkung als Auswirkung des Zahlungsverbots
mu¨sste in der Eingriffsnorm hinreichend bestimmt sein
19
I
aa)
Die hoheitliche Anordnung einer Stundung verku¨rzt einfachge-
setzliche Gla¨ubigerrechte in schwerwiegenderer Weise als eine bloße zeit-
weilige Undurchsetzbarkeit fa¨lliger Forderungen. Denn sie a¨ndert daru¨ber
hinaus die vereinbarte Leistungszeit ab und schließt die spa¨tere Geltend-
machung vonVerzugsscha¨den aus, obwohl die Kunden des Kreditinstituts
fu¨r dessen Schieflage keine Veranlassung gegeben haben. Sie stellt damit
zugleich einen rechtfertigungsbedu¨rftigen Eingriff in die grundrechtlich
geschu¨tzte Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG), aber auch in die verfas-
sungsrechtlich gewa¨hrleistete Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG) dar
15
. Die Eigentumsgarantie schu¨tzt zwar nicht das Vermo¨gen als
solches. Dem Schutzbereich unterfallen aber Forderungen und ver-
mo¨genswerte Anspru¨che des Privatrechts aller Art
16
.
20
I
bb)
Eine durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt bewirkte
Stundung verlangte daher wie jeder andere Verwaltungsakt im Bereich
der Eingriffsverwaltung eine den Anforderungen des Bestimmtheits-
grundsatzes (Art. 20 Abs. 3 GG) genu¨gende, klare gesetzliche Erma¨ch-
tigungsgrundlage
17
. Dass sich die Kla¨gerin als juristische Person des o¨f-
fentlichen Rechts nach Art. 19 Abs. 3 GG nicht auf den Schutz der in
Rede stehenden Grundrechte berufen kann
18
, ist insoweit ohne Belang.
Denn ob § 46a KWG a. F. eine den Bestimmtheitsanforderungen ge-
nu¨gende Erma¨chtigungsgrundlage fu¨r die Annahme einer durch privat-
rechtsgestaltenden Verwaltungsakt bewirkten Stundung darstellt, kann
nur einheitlich fu¨r sa¨mtliche, private wie o¨ffentlich-rechtliche Gla¨ubiger
beurteilt werden.
21
I
cc)
Voraussetzung fu¨r die Annahme einer Stundung wa¨re danach,
dass § 46a KWG a. F. als erma¨chtigendes Gesetz nicht nur Inhalt, Ge-
genstand und Zweck, sondern – was die Revisionserwiderung verkennt
– auch die Stundungswirkung als Ausmaß des Zahlungsverbots hinrei-
chend bestimmte
19
. Aus der erma¨chtigenden Norm muss sich zwar
nicht ausdru¨cklich ergeben, ob und inwieweit in den Rechtskreis des
Einzelnen eingegriffen wird. Anwendungsbereich und Reichweite der
Norm mu¨ssen aber in zumutbarer Weise erkennbar sein und sich im
Wege der Auslegung mithilfe anerkannter Auslegungsregeln feststellen
lassen
20
. Maßgebend ist dabei der in der Norm zum Ausdruck kom-
mende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem
Wortlaut und dem Sinnzusammenhang, in den diese hineingestellt ist,
unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte ergibt
21
.
Rechtliche Bedenken gegen eine Stundungswirkung bei einem
Zahlungsverbot nach § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG a. F.
22
I
b)
Gemessen hieran begegnet die Annahme des Berufungs-
gerichts, dem Zahlungsverbot nach § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
KWG a. F. komme privatrechtsgestaltende Stundungswirkung
zu, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Keine Grundlage fu¨r Stundungswirkung im Wortlaut des § 46a
KWG a. F.
23
I
aa)
Eine durch das Zahlungsverbot bewirkte Stundung
sa¨mtlicher gegen die Schuldnerin gerichteter Forderungen findet
im Wortlaut des § 46a KWG a. F. keine Stu¨tze
22
.
Erma¨chtigung zum Verbot von Zahlungen, aber nicht zur Leis-
tungszeitbestimmung
24
I
(1)
§ 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG a. F. erma¨chtigt die BaFin, wie
bereits ausgefu¨hrt, lediglich dazu, dem in Schieflage geratenen Kredit-
institut bei bestehender Insolvenzgefahr voru¨bergehend die Vornahme
von Zahlungen zu verbieten, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden.
Demgegenu¨ber ist von der Rechtsfolge einer Stundung als Ausmaß des
9
Binder
, a.a.O. (Fn. 8), S. 315 f.;
ders.
, EWiR 2012 S. 295 (296);
Beck
, WM
2013 S. 301 (302 f.).
10
Huber
, a.a.O. (Fn. 8), S. 138;
Neef
, a.a.O. (Fn. 8), S. 202 f.;
Binder
, EWiR
2012 S. 295 (296); ebenso zu § 69 VAG a. F. LG Stettin, VerAfP 23 S. 121
(123).
11 Vgl. BGH-Urteil vom 6. 4. 2000 – IX ZR 2/98, DB 2000 S. 1401 = NJW 2000
S. 2580 (2582), m. w. N.
12 Vgl.
Gru¨neberg
, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 271 Rdn. 12;
Kru¨ger
, in:
Mu¨nchKomm-BGB, 6. Aufl., § 271 Rdn. 21;
Bittner
, in: Staudinger, BGB,
Neubearb. 2009, § 271 Rdn. 10.
13
Gernhuber
, HdbSchR, Die Erfu¨llung und ihre Surrogate, 2. Aufl., S. 76; vgl.
Huber
, a.a.O. (Fn. 8), S. 132 f.
14 Zum Begriff VGH Kassel, Urteil vom 20. 5. 2009 – 6 A 1040/08, WM 2009
S. 1889 (1895);
Manssen
, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, 1994,
S. 7, 22, 24 f., 32, 125, 285.
15 Vgl.
Lindemann
, a.a.O. (Fn. 8), § 46 Rdn. 144; allg.
Manssen
, a.a.O. (Fn. 14),
S. 125, 229.
16 Vgl. BVerfG vom 9. 1. 1991 – 1 BvR 929/90, BVerfGE 83 S. 201 (208 f.); Be-
schluss vom 5. 2. 2002 – 2 BvR 305/93, 348/93, BVerfGE 105 S. 17 (30, 32);
vom 7. 12. 2004 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112 S. 93 (107 f.);
Jarass/
Pieroth
, GG, 12. Aufl., Art. 14 Rdn. 8, m. w. N.
17 Allg. Landessozialgericht NRW, Urteil vom 29. 3. 2004 – L 3 P 65/02, juris,
Rdn. 22;
Manssen
, a.a.O. (Fn. 14), S. 282 (285); vgl. auch
Neef
, a.a.O.
(Fn. 8), S. 202;
Huber
, a.a.O. (Fn. 8), S. 132; a. A.
Fischer
, EWiR 2012 S. 709
(710).
18 Vgl. BVerfG-Beschluss vom 8. 7. 1982 – 2 BvR 1187/80, BVerfGE 61 S. 82
(105).
19 Allg. BVerfG-Beschluss vom 12. 11. 1958 – 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57,
BVerfGE 8 S. 274 (325 f.) = DB 1959 S. 197.
20 Vgl. BVerfG vom 12. 11. 1958, a.a.O. (Fn. 19), BVerfGE 8 S. 274 (307); vom
3. 2. 1959 – 2 BvL 10/56, BVerfGE 9 S. 137 (147) = DB 1959 S. 372; Urteil
vom 24. 5. 2006 – 2 BvR 669/04, BVerfGE 116 S. 24 (54); Beschluss vom
19. 6. 2007 – 1 BvR 1290/05, NVwZ 2007 S. 1172 (1173).
21 BVerfG vom 12. 11. 1958, a.a.O. (Fn. 19), BVerfGE 8 S. 274 (307); BGH-Urteil
vom 30. 6. 1966 – KZR 5/65, BGHZ 46 S. 74 (76) = DB 1966 S. 1765; Be-
schluss vom 19. 4. 2012 – I ZB 80/11, DB0485127 = GRUR 2012 S. 1026,
Rdn. 30, m. w. N.
22
Geier
, ZBB 2010 S. 289 (290);
Binder
, EWiR 2012 S. 295 (296).
924
Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013