solcher auch wirtschaftlich sinnvoll und bei entsprechender Re-
gelung zula¨ssig sein
48
.
Stundung ist nicht geboten, um die Masse schma¨lernden Auf-
rechnungen einzelner Gla¨ubiger zu verhindern
45
I
(3)
Ebenso wenig ist die Annahme einer Stundung nach
Sinn und Zweck der Regelung geboten, um die Masse schma¨-
lernde Aufrechnungen einzelner Gla¨ubiger zu verhindern. Aller-
dings bedarf die Streitfrage, ob Aufrechnungen wa¨hrend der
Dauer des Zahlungsverbots ausgeschlossen sind, keiner abschlie-
ßenden Entscheidung
49
.
46
I
Jedenfalls stu¨nde weder der Sicherungs- noch der Sanierungszweck
des § 46a KWG a. F. einer Aufrechnung entgegen. Die gegenteilige
Ansicht u¨bersieht, dass eine bevorzugte, den Grundsa¨tzen des Insol-
venzrechts zuwiderlaufende Befriedigung einzelner Gla¨ubiger nicht zu
befu¨rchten ist
50
. Das Insolvenzrecht privilegiert bei Ero¨ffnung des In-
solvenzverfahrens bestehende Aufrechnungslagen (§ 94 InsO) und
schließt die Aufrechnung selbst bei Anordnung eines allgemeinen Ver-
fu¨gungsverbots im Insolvenzero¨ffnungsverfahren nach § 21 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 InsO nicht aus. Etwaige die Masse schma¨lernde Aufrech-
nungen sind allenfalls nach den §§ 129 ff. InsO anfechtbar
51
. Dass
§ 46a KWG a. F. einen weitergehenderen Schutz der Masse bezweckt
als ein spa¨teres Insolvenzverfahren, ist nicht ersichtlich.
47
I
Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung u¨berzeugt auch der
vereinzelt gea¨ußerte Einwand nicht, ein Aufrechnungsverbot sei erfor-
derlich, um Sanierungsbemu¨hungen durch Forderungsverzichte von
Großgla¨ubigern zu fo¨rdern
52
. Gegenforderungen, mit denen spa¨testens
nach Aufhebung des Zahlungsverbots aufgerechnet werden ko¨nnte, sind
bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung ohnehin in Sanierungs-
verhandlungen einzustellen.
Eintritt einer Stundungswirkung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG
erst mit Bekanntgabe an die Gla¨ubiger als Drittbetroffene
48
I
ee)
Rechtsfehlerhaft la¨sst das Berufungsgericht zudem außer
Acht, dass eine zulasten der Gla¨ubiger angeordnete verein-
barungsersetzende beho¨rdliche Stundung die wirksame Bekannt-
gabe des Zahlungsverbots an die Gla¨ubiger nach o¨ffentlich-recht-
lichen Vorschriften voraussetzte, § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.
49
I
Bekanntgabe und Wirksamkeit des Zahlungsverbots beurteilen sich
mangels fu¨r eine wirksame Bekanntgabe relevanter spezialgesetzlicher
Vorschriften im KWG (vgl. § 46d Abs. 2 Satz 3 KWG) gem. § 1
Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nach den allgemeinen Regeln der §§ 41, 43
VwVfG
53
. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG wird ein Verwaltungsakt
einem Betroffenen gegenu¨ber erst in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er
ihm bekannt gegeben wird
54
. Ein Zahlungsverbot nach § 46a KWG
a. F. (§ 46 KWG n. F.) wird jedoch nur demKreditinstitut als Adressaten,
nicht aber den Gla¨ubigern bekannt gegeben
55
. . . . (Wird ausgefu¨hrt.)
50
I
Das Zahlungsverbot selbst ist zwar mit Erlass an das betroffene
Kreditinstitut existent und von diesem zu beachten. Eine daru¨ber hi-
nausgehende etwaige Stundungswirkung kann nach § 43 Abs. 1 Satz 1
VwVfG aber erst mit Bekanntgabe an die Gla¨ubiger als Drittbetroffene
eintreten
56
. Das la¨sst das Berufungsgericht ebenso wie die herrschende
Auffassung in der Literatur unbeachtet
57
.
Haftung des Schuldners fu¨r den Ersatz des Verzo¨gerungs-
schadens anla¨sslich des Zahlungsverbots
51 . . . 52
I
3.
Nach alledem wirkte der Erlass des Zahlungsverbots
mangels einer gesetzlichen Stundungsanordnung lediglich wie
andere beho¨rdliche Verbote von außen auf den Inhalt des
Schuldverha¨ltnisses zwischen der Kla¨gerin und der Schuldnerin
ein. Die Schuldnerin war danach wa¨hrend der Dauer des Zah-
lungsverbots analog § 275 Abs. 1 BGB voru¨bergehend an der
Erfu¨llung der Anspru¨che der Kla¨gerin gehindert. Doch befreite
sie dies wie dargelegt nicht ohne Weiteres von ihrer Pflicht, fu¨r
die nicht rechtzeitige Leistung einzustehen. Hingegen haftet ein
Schuldner, der den Eintritt eines voru¨bergehenden Leistungs-
hindernisses zu vertreten hat, fu¨r den Ersatz des Verzo¨gerungs-
schadens, wobei vorliegend dahingestellt bleiben kann, ob sich
die richtige Anspruchsgrundlage bei zutreffender rechtsdogmati-
scher Begru¨ndung aus den Regeln des Zahlungsverzugs gem.
§ 280 Abs. 2, § 286 BGB ergibt
58
oder aus § 280 BGB wegen
verschuldeter Unmo¨glichkeit
59
.
Zum Verschulden des Kreditinstituts bei Fehlverhalten der ame-
rikanischen Muttergesellschaft
53
I
III.
Die Abweisung der Klage stellt sich entgegen der Revi-
sionserwiderung auch nicht aus anderen Gru¨nden als richtig dar
(§ 561 ZPO). Der geltend gemachte Verzugszinsanspruch
scheitert nicht am fehlenden Verschulden der Schuldnerin gem.
§ 286 Abs. 4, § 280 Abs. 1 Satz 2, § 276 BGB bzw. §§ 280,
276 BGB. Der Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, dass
nicht die Schuldnerin, sondern allein die amerikanische Mutter
Veranlassung zum Erlass des Zahlungsverbots gegeben habe
und sie ohne Erlass des Zahlungsverbots in der Lage gewesen
wa¨re, die vertraglichen Anspru¨che der Kla¨gerin zu erfu¨llen.
54
I
Das Verschulden wird gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet,
ohne dass sich die Schuldnerin vorliegend entlastet hat. Dabei bedarf es
fu¨r die Feststellung des Verschuldens keiner umfassenden Bewertung
des gesamten Verhaltens der Schuldnerin zwischen Vertragsschluss und
dem Erlass des Zahlungsverbots, wie teilweise in der Literatur vertreten
wird
60
. Vielmehr ist entscheidend, dass die Gru¨nde, die zum Erlass des
Zahlungsverbots durch die BaFin gefu¨hrt haben, in den Risikobereich
der Schuldnerin fallen
61
. Zwar hatte das Zahlungsverbot ausweislich der
Begru¨ndung des Bescheids seinen Ursprung nicht in einem konkreten
Fehlverhalten der Schuldnerin, sondern in der Einleitung des Gla¨ubi-
gerschutzverfahrens nach Chapter 11 des Bankruptcy Codes gegen die
amerikanische Muttergesellschaft. Es wurde jedoch verha¨ngt, weil die
Schuldnerin bei Ero¨ffnung des Gla¨ubigerschutzverfahrens oder bei An-
ordnung vergleichbarer Maßnahmen gegen ein sonstiges verbundenes
Unternehmen nicht mehr in der Lage gewesen wa¨re, sich zu refinanzie-
ren und ihr deshalb die Zahlungsunfa¨higkeit drohte. Das stellt die Revi-
sionserwiderung nicht in Abrede.
48 Vgl.
Fiebig
, in: HambKomm, 4. Aufl., § 270b InsO Rdn. 18.
49 Dafu¨r:
Kokemoor
, a.a.O. (Fn. 2), § 46a Rdn. 28;
Haß/Herweg
, a.a.O. (Fn. 2),
§ 46a Rdn. 22;
Pannen
, a.a.O. (Fn. 2), Kap. 1 Rdn. 144;
Schwenk
, jurisPR-
BKR 6/2008 Anm. 6;
Haug
, a.a.O. (Fn. 2), § 46a Rdn. 4a;
Willemsen
, a.a.O.
(Fn. 2), § 46a Rdn. 11;
Zietsch
, WM 2007 S. 954 (956 f.);
Canaris
, Bankver-
tragsrecht I, 4. Aufl., Rdn. 518a, a. E.; dagegen:
Binder
, a.a.O. (Fn. 8),
S. 315 f.;
ders.
, EWiR 2012 S. 295 (296);
Beck
, WM 2013 S. 301 (302 f.).
50
Binder
, a.a.O. (Fn. 8), S. 315 f.;
Beck
, WM 2013 S. 301 (303); vgl. auch
Zietsch
, WM 1997 S. 954 (956).
51 BGH-Urteil vom 29. 6. 2004 – IX ZR 195/03, DB 2004 S. 2043 = NJW 2004
S. 3118 (3119).
52
Zietsch
, WM 1997 S. 954 (956 f.).
53
Neef
, a.a.O. (Fn. 8), S. 149; vgl. auch
Kokemoor
, a.a.O. (Fn. 2), § 46d
Rdn. 10.
54 Allg.
Stelkens
, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 41 Rdn. 229;
Sachs
, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 43 Rdn. 174 f.
55
Geier
, BKR 2010 S. 144 (146);
ders.
, ZBB 2010 S. 289 (290), Fn. 6;
Neef
,
a.a.O. (Fn. 8), S. 145 (149).
56
Geier
, ZBB 2010 S. 289 (290); kritisch auch
Binder
, a.a.O. (Fn. 8), S. 213 fu¨r
§ 45 KWG.
57 Ebenso
Geier
, BKR 2010 S. 144 (146), Fn. 29.
58 Fu¨r § 46a KWG a. F.:
Neef
, a.a.O. (Fn. 8), S. 202; allg.
Gru¨neberg
, a.a.O.
(Fn. 12), § 275 Rdn. 10, § 286 Rdn. 12;
Canaris
, a.a.O. (Fn. 26), S. 143
(162 f.);
Arnold
, JZ 2002 S. 866 (869);
Medicus
, a.a.O. (Fn. 26), S. 347
(353);
Lo¨wisch/Caspers
, a.a.O. (Fn. 26), § 275 Rdn. 46, 48;
Unberath
, a.a.O.
(Fn. 26), § 275 Rdn. 39.
59 Fu¨r § 46a KWG a. F.:
Huber
, a.a.O. (Fn. 8), S. 138 i. V. mit S. 76, 94;
Linde-
mann
, a.a.O. (Fn. 8), § 46 Rdn. 90, 92; allg.
Ernst
, a.a.O. (Fn. 26), § 275
Rdn. 134, 146.
60
Huber
, a.a.O. (Fn. 8), S. 95;
Lindemann
, a.a.O. (Fn. 8), § 46 Rdn. 90, 92.
61 BGH-Urteil vom 5. 3. 2008 – VIII ZR 31/07, DB0287724 = WM 2008 S. 923,
Rdn. 17.
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013
Wirtschaftsrecht
927
1...,45,46,47,48,49,50,51,52,53,54 56,57,58,59,60,61,62,63,64,65,...84