DER BETRIEB 21 - page 41

Grundstu¨ckshandel einbezogen hat, braucht der Senat nicht zu
entscheiden.
Keine Widerlegung des Anscheinsbeweises
b)
Die durch die Verka¨ufe indizierte Annahme, dass K bereits
beim Erwerb der Grundstu¨cke mit bedingter Vera¨ußerungs-
absicht handelte, ist entgegen der Ansicht des FG nicht wider-
legt.
aa)
Nach st. Rspr. des BFH steht der Annahme einer bedingten
Vera¨ußerungsabsicht grds. nicht entgegen, dass die urspru¨ng-
liche Vermietungsabsicht aufgegeben und das Objekt aufgrund
wichtiger und ungewollter Gru¨nde verkauft wird. Denn die kon-
kreten Anla¨sse und Beweggru¨nde fu¨r den Verkauf – z. B. Ehe-
scheidung, Finanzierungsschwierigkeiten, Krankheit, Gefa¨llig-
keit gegenu¨ber Mandanten, ein unerwartet hohes Kaufangebot –
sagen im Allgemeinen nichts daru¨ber aus, ob der Stpfl. nicht
auch aus anderen Gru¨nden zum Verkauf bereit gewesen wa¨re
und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Vera¨uße-
rungsabsicht gehabt hatte
2
. Nichts anderes gilt fu¨r den sich im
Streitfall aus der Anku¨ndigung der Zwangsversteigerung durch
das FA L ergebenden Druck.
Kein atypischer Sachverhaltsverlauf bei wirtschaftlichem
Zwang
bb)
Die Drei-Objekt-Grenze hat die Bedeutung eines An-
scheinsbeweises, der – ohne dass es dafu¨r weiterer Indizien be-
darf – den Schluss auf die innere Tatsache des Erwerbs (bzw.
der Bebauung oder Erschließung) des jeweiligen Grundstu¨cks in
bedingter Vera¨ußerungsabsicht zula¨sst und nicht einer unwider-
leglichen Vermutung, die eine Rechtfertigungsgrundlage im ma-
teriellen Recht erfordern wu¨rde. Ihre Geltungskraft kann daher
im Einzelfall durch den Nachweis eines atypischen Sachverhalts-
verlaufs erschu¨ttert werden.
Dafu¨r kommen indes die perso¨nlichen oder finanziellen Beweg-
gru¨nde der Vera¨ußerung nicht in Betracht, da es sich hierbei re-
gelma¨ßig um nachtra¨gliche Ereignisse handelt, die keinen Hin-
weis darauf geben ko¨nnen, ob ohne bedingte Vera¨ußerungs-
absicht gekauft (bzw. gebaut oder erschlossen) worden ist. Unge-
eignet sind grds. auch Bekundungen des Stpfl.; dessen Behaup-
tung, er wolle seine Immobilie lange halten, widerlegen die be-
dingte Vera¨ußerungsabsicht ebenso wenig, wie ein gewerblicher
Grundstu¨ckshandel durch eine bloße Absichtserkla¨rung begru¨n-
det werden kann.
Mo¨gliche atypische Sachverhaltsverla¨ufe
Die durch das U¨ berschreiten der Drei-Objekt-Grenze indizierte
innere Tatsache der bedingten Vera¨ußerungsabsicht im Zeit-
punkt des Erwerbs bzw. des Beginns der Bebauung oder der Er-
schließung kann danach vornehmlich durch Gestaltungen des
Stpfl. widerlegt werden, die in zeitlicher Na¨he zum Erwerb
(bzw. zur Bebauung oder Erschließung) stehen und eine Ver-
a¨ußerung innerhalb eines Zeitrahmens von etwa fu¨nf Jahren er-
schweren oder unwirtschaftlicher machen
3
. Dies kann z. B. eine
langfristige Finanzierung oder eine langfristige Vermietung bzw.
Verpachtung sein, wenn diese sich im Fall einer Vera¨ußerung
voraussichtlich ungu¨nstig auswirken oder zusa¨tzliche finanzielle
Belastungen auslo¨sen wu¨rde (z. B. durch eine Vorfa¨lligkeitsent-
scha¨digung bei Darlehensablo¨sung
4
oder die Inkaufnahme einer
durch die Vermietung bedingten Wertminderung), oder die
Einra¨umung von Nießbrauchsrechten, wodurch eine Verfu¨gung
u¨ber das Grundstu¨ck erschwert wu¨rde. Derartige Indizien hat
das FG indessen nicht festgestellt.
Wirtschaftlicher Zwang wegen drohender Zwangsvollstreckung
unerheblich
cc)
Die Auffassung des FG, die Annahme einer bedingten Ver-
a¨ußerungsabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs ko¨nne durch den
Anlass der Vera¨ußerung – hier die Vermeidung der Zwangsver-
steigerung – widerlegt werden, widerspricht somit der BFH-
Rspr.
2.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif, da die Feststellungen
des FG nicht ausreichen, um u¨ber die Ho¨he der GewSt-Mess-
betra¨ge entscheiden zu ko¨nnen.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0591297.
3 BFH vom 17. 12. 2009, a.a.O. (Fn. 2); zustimmend BFH-Beschluss vom 17. 8.
2011 – X B 225/10, BFH/NV 2011 S. 2083.
4 BFH-Urteil vom 28. 1. 2009 – X R 35/07, BFH/NV 2009 S. 1249.
Umsatzsteuer
Eine Gescha¨ftsvera¨ußerung liegt auch dann vor,
wenn der Unternehmer von der Verwaltung aus
dem Steuerregister gestrichen wird
Der als Bemessungsgrundlage anzusetzende Normalwert bei
einer Gescha¨ftsaufgabe muss dem Zeitwert der Gegensta¨nde im
Zeitpunkt der Gescha¨ftsaufgabe entsprechen – Die entspre-
chende Regelung des Art. 74 MwStSystRL hat unmittelbare Wir-
kung in den Mitgliedstaaten
MwStSystRL Art. 18 Buchst. c, Art. 74
1. Art. 18 Buchst. c MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass er
auch diejenige Aufgabe der steuerbaren wirtschaftlichen Ta¨-
tigkeit erfasst, die sich aus der Streichung des Stpfl. aus
dem MwSt-Register ergibt.
2. Art. 74 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass er einer na-
tionalen Bestimmung, wonach im Fall der Aufgabe der steu-
erbaren wirtschaftlichen Ta¨tigkeit die Steuerbemessungs-
grundlage fu¨r den Umsatz der Normalwert der zum Zeitpunkt
der Aufgabe vorhandenen Gegensta¨nde ist, entgegensteht,
sofern nicht dieser Wert in der Praxis dem Restwert der ge-
nannten Gegensta¨nde zum Zeitpunkt der Aufgabe entspricht
und somit die Wertentwicklung dieser Gegensta¨nde zwi-
schen dem Zeitpunkt ihrer Anschaffung und jenem der Auf-
gabe der steuerbaren wirtschaftlichen Ta¨tigkeit beru¨cksich-
tigt wird.
3. Art. 74 MwStSystRL hat unmittelbare Wirkung.
EuGH-Urteil vom 8. 5. 2013 – Rs. C-142/12, Hristomir Marinov
u
DB0593502
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass Marinov zum 4. 11. 2009
wegen Nichterfu¨llung seiner Pflichten nach dem ZDDS, konkret wegen
Nichtentrichtung der MwSt bezu¨glich der MwSt-Erkla¨rungen fu¨r den
Zeitraum April bis Juli 2009, aus dem MwSt-Register gestrichen wur-
de.
Im Lauf des Jahres 2010 wurde Marinov einer Steuerpru¨fung fu¨r den
Zeitraum vom 1. 1. 2007 bis zum 4. 11. 2009 unterzogen. Bei dieser
Pru¨fung wurde festgestellt, dass dieses Unternehmen Fahrzeuge geleast
und fu¨r die Leasingraten Vorsteuer i. H. von insgesamt 28 426,64 Bul-
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013
Steuerrecht
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