§ 320 BGB trotz des mit der Pfa¨ndung des Anspruchs des
Schuldners auf die Gegenleistung bewirkten Verfu¨gungsverbots
(§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO) ausu¨ben kann, wenn er damit eine
Verurteilung Zug um Zug bis zur Bewirkung der Gegenleistung
an den Vollstreckungsgla¨ubiger erreichen will
4
. Zur Begru¨ndung
wird darauf verwiesen, dass es nicht Zweck des Verfu¨gungsver-
bots sei, dem Drittschuldner ein Mittel an die Hand zu geben,
seinen Anspruch gegen den Schuldner durchzusetzen, ohne die
von ihm geschuldete Gegenleistung zu erbringen. Die Geltend-
machung des Leistungsverweigerungsrechts liege auch im Inte-
resse des Vollstreckungsgla¨ubigers, da der Schuldner dadurch
Druck auf den Drittschuldner ausu¨be, an den Vollstreckungs-
gla¨ubiger zu leisten
5
.
. . . und im Insolvenzverfahren
16
I
(2)
Die auf die Einzelzwangsvollstreckung bezogenen Erwa¨-
gungen treffen auch zu, wenn der Insolvenzschuldner das Leis-
tungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB geltend macht, um
damit auf seinen Gla¨ubiger Druck zur Zahlung in die Insolvenz-
masse auszuu¨ben. Leistung an sich kann der Schuldner dagegen
nicht verlangen, da diese den Gla¨ubiger nicht von seiner zur
Masse zu erfu¨llenden Verbindlichkeit befreite (§ 82 InsO).
17
I
Insolvenzrechtliche Gru¨nde stehen einer solchen Ausu¨bung
des Leistungsverweigerungsrechts durch den Schuldner jeden-
falls dann nicht entgegen, wenn – wie hier – der gegen den
Schuldner gefu¨hrte Prozess auf Herausgabe einer Sache (Passiv-
prozess) zwischen den Parteien fortgesetzt wird, nachdem der
Insolvenzverwalter den Rechtsstreit nicht aufgenommen hat,
weil er entweder die Sache als nicht massebefangen ansieht und
fu¨r diese auch nicht in Besitz genommen
6
oder die Sache in An-
erkennung eines Aussonderungsrechts freigegeben hat
7
. Ge-
schieht das, so gewinnt der Schuldner seine Verfu¨gungsbefugnis
u¨ber den Gegenstand und seine Prozessfu¨hrungsbefugnis zu-
ru¨ck. Ein vom Gegner oder vom Schuldner wieder aufgenom-
mener Rechtsstreit wird zwischen diesen Parteien fortgesetzt.
Das Prozessrisiko betrifft dann allein das insolvenzfreie Ver-
mo¨gen des Schuldners
8
. Die berechtigte Geltendmachung eines
Leistungsverweigerungsrechts durch den Schuldner wirkt zu-
gunsten der Masse, weil sie einen Druck auf den Gla¨ubiger aus-
u¨bt, seine Gegenleistung in diese zu erbringen, den der Insol-
venzverwalter in Bezug auf die nicht zur Masse geho¨renden oder
von ihm freigegebenen Gegensta¨nde nicht (mehr) erzeugen
kann. Eine unrechtma¨ßige Ausu¨bung des Leistungsverweige-
rungsrechts wirkt dagegen nur zulasten des Schuldners, der in
diesem Fall die Kosten des verlorenen Rechtsstreits aus dem ihm
verbliebenen massefreien Vermo¨gen aufzubringen hat.
Zum Leistungsverweigerungsrecht des Ru¨ckgewa¨hrschuldners
gegenu¨ber dem Ru¨ckgewa¨hranspruch des Ru¨cktrittsgla¨ubigers
18
I
c)
Der Ausu¨bung des Leistungsverweigerungsrechts durch
den Beklagten stehen auch keine anderen Gru¨nde entgegen.
Zwar setzen die Anspru¨che auf Verwendungs- oder Aufwen-
dungsersatz nach dem Wortlaut des § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB
voraus, dass der Ru¨ckgewa¨hrschuldner die Sache zuru¨ckgibt
(§ 346 Abs. 1 BGB) oder Wertersatz leistet (§ 346 Abs. 2
BGB). Die Revision geht aber zutreffend mit der Rechtspre-
chung
9
und dem Schrifttum
10
davon aus, dass der Schuldner we-
gen dieser Anspru¨che ein Leistungsverweigerungsrecht nach
§§ 348, 320 BGB gegenu¨ber dem Ru¨ckgewa¨hranspruch des
Ru¨cktrittsgla¨ubigers geltend machen kann.
Ru¨cktritt vom Erbbaurechtsvertrag: Zum Ersatzanspruch des
Ru¨cktrittsschuldners wegen der von ihm behaupteten Verwen-
dungen auf das Grundstu¨ck
19
I
2.
Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus
folgerichtig – dahinstehen lassen, ob dem Beklagten ein Ersatz-
anspruch wegen der von ihm behaupteten Verwendungen auf
das Grundstu¨ck zusteht. Der Senat weist vorsorglich darauf hin,
dass das erstinstanzliche Gericht einen solchen Anspruch rechts-
fehlerhaft verneint hat.
Anspruch auf Ersatz der notwendigen Verwendungen auf den
Gegenstand (gem. § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB)
20
I
a)
Anspruchsgrundlage ist allerdings – entgegen der Ansicht
der Revision - nicht die Vorschrift in § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB,
nach der der Ru¨cktrittsschuldner nur den Ersatz der notwendi-
gen Verwendungen auf den Gegenstand vom Ru¨cktrittsgla¨ubi-
ger verlangen kann.
21
I
Dabei kann offen bleiben, ob die die – von der Revision he-
rausgestellte – Kritik im Schrifttum
11
an der sta¨ndigen Recht-
sprechung des Senats, nach der eine den Zustand des Grund-
stu¨cks vera¨ndernde Bebauung keine Verwendung darstellt
12
, be-
rechtigt ist. Fu¨r dahingehende U¨ berlegungen gibt dieser Fall
schon deshalb keinen Anlass, weil es sich bei den Aufwendun-
gen des Beklagten fu¨r den im Rohbauzustand steckengeblieben
Neubau jedenfalls nicht um notwendige Verwendungen
i. S. dieser Vorschrift handelt.
22
I
Notwendige Verwendungen sind die Aufwendungen, die zur
Erhaltung oder zur ordnungsma¨ßen Bewirtschaftung des zu-
ru¨ckzugebenden Gegenstands erforderlich gewesen sind und
nicht nur Sonderzwecken des Ru¨cktrittsschuldners gedient ha-
ben
13
. Maßgeblich ist, ob im Hinblick auf den vorhandenen Zu-
stand der Sache und deren Bewirtschaftung dem Ru¨cktrittsgla¨u-
biger Aufwendungen erspart werden, die er sonst ha¨tte u¨berneh-
men mu¨ssen
14
. Nur dann sind die Vermo¨gensopfer des Ru¨ck-
trittsschuldners, ohne Ru¨cksicht darauf, ob sie dem Ru¨cktritts-
gla¨ubiger einen fortwirkenden Nutzen verschaffen oder den
Wert der Sache erho¨hen, zu erstatten, und es findet insoweit ei-
ne „Verlustabwa¨lzung auf den Eigentu¨mer“ statt
15
.
4 Vgl. OLG Braunschweig, JR 1955 S. 342 (343), m. Anm. von
Blomeyer
.
5 Vgl.
Blomeyer
, a.a.O. (Fn. 4).
6 Vgl. BGH-Urteil vom 5. 10. 1994 – XII ZR 53/93, BGHZ 127 S. 156 (162) =
DB 1994 S. 2391.
7 BGH-Beschluss vom 10. 10. 1973 – VIII ZR 9/72, DB 1974 S. 135 = NJW 1973
S. 2065.
8
Lu¨ke
, in: KPB, InsO, 2009, § 86 Rdn. 17;
Schumacher
, in: Mu¨nchKomm-InsO,
2. Aufl., § 86 Rdn. 26;
Wittkowski
, in: Nerlich/Ro¨mermann, InsO, 2011, § 86
Rdn. 11;
Windel
, in: Jaeger, InsO, § 86 Rdn. 22.
9 BGH-Urteil vom 1. 3. 2007 – IX ZR 261/03, BGHZ 171 S. 261 (266) = DB
2007 S. 1401, Rdn. 17.
10
Hager
, in: Nomos Komm-BGB, § 347 Rdn. 6,
Gaier
, in: Mu¨nchKomm-BGB,
6. Aufl., § 347 Rdn. 17;
Medicus/Stu¨rner
, in: PWW, BGB, 7. Aufl., § 347
Rdn. 10.
11
D. Kaiser
, in: Staudinger, BGB, 2012, § 347 Rdn. 24, m. w. N. sowie zu § 994
BGB:
Baur/Stu¨rner
, Sachenrecht, 18. Aufl., § 11 Rdn. 55;
Westermann/Gur-
sky
, Sachenrecht, 8. Aufl., § 32 Rdn. 4.
12 Senatsurteil vom 10. 7. 1953 – V ZR 22/52, BGHZ 10 S. 171 (178) = DB 1953
S. 884; vom 26. 2. 1964 – V ZR 105/61, BGHZ 41 S. 147 (160) = DB 1964
S. 984; vom 14. 6. 2002 – V ZR 79/01, DB 2002 S. 2320 = NJW 2002 S. 3478
(3479).
13 Vgl. zu § 994 BGB: Senatsurteil vom 24. 11. 1995 – V ZR 88/95, BGHZ 131
S. 220 (223) = DB 1996 S. 1514 und vom 14. 6. 2002, a.a.O. (Fn. 12), jew.
m. w. N.
14 Vgl. Senatsurteil vom 20. 6. 1975 – V ZR 206/74, BGHZ 64 S. 333 (339) = DB
1975 S. 1793 und vom 14. 6. 2002, a.a.O. (Fn. 12).
15 Vgl. Senat vom 24. 11. 1995, a.a.O. (Fn. 13) und vom 14. 6. 2002, a.a.O.
(Fn. 12).
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Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013