23
I
Gemessen daran handelt es sich bei den dem Beklagten ent-
standenen Baukosten nicht um notwendige Verwendungen auf
das Grundstu¨ck der Kla¨gerin. Die Aufwendungen fu¨r den Bau
des Geba¨udes dienten in jedem Fall den Sonderzwecken des Be-
klagten. Als Erbbaurechtsausgeberin hat die Kla¨gerin (eine
Stadt) zwar ein bauplanerisches und wohnungspolitisches Inte-
resse an der Bebauung der Erbbaugrundstu¨cke. Sie bebaut die
Grundstu¨cke jedoch nicht selbst und hat schon deshalb durch
die dem Beklagten infolge des Baus entstandenen Kosten keine
Auslagen erspart.
Anspruch des Ru¨cktrittsschuldners nach § 347 Abs. 2 Satz 2
BGB auf Ersatz seiner Aufwendungen im Umfang der Bereiche-
rung des Ru¨cktrittsgla¨ubigers
24
I
b)
Der Beklagte kann jedoch nach § 347 Abs. 2 Satz 2 BGB
Ersatz i. H. seiner Aufwendungen verlangen, soweit die Kla¨gerin
durch diese bereichert ist.
25
I
aa)
Diesen Anspruch kann die Kla¨gerin nicht dadurch ab-
wenden, dass sie den Beklagten auf ein Recht zur Wegnahme
des Bauwerks verweist, wie es die Revisionserwiderung unter
Hinweis auf eine Entscheidung des Senats
16
und auf A¨ ußerun-
gen im Schrifttum zum Schutz des Ru¨cktrittsgla¨ubigers vor einer
aufgedra¨ngten Bereicherung
17
vorbringt. Der Senat hat in der zi-
tierten Entscheidung allerdings eine Befugnis des Eigentu¨mers,
den Entscha¨digungsanspruch nach § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB
i. V. mit §§ 812, 818 BGB durch Gestattung der Wegnahme
abzuwenden, bei einem gegen seinen Willen auf seinem Grund-
stu¨ck errichteten Bauwerk in Analogie zu § 1001 Satz 2 BGB
bejaht. Ob dieser Rechtsgedanke auch auf den Anspruch nach
§ 347 Abs. 2 Satz 2 BGB zutrifft, bedarf hier schon deswegen
keiner Entscheidung, weil von einer Bebauung gegen den Wil-
len des Eigentu¨mers keine Rede sein kann, wenn der Beklagte –
wie hier – nach dem Erbbaurechtsvertrag zu einer Bebauung des
Grundstu¨cks nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet war.
26
I
bb)
Das Berufungsgericht wird daher dem Vorbringen des
Beklagten zur Ho¨he seiner Aufwendungen und zur Bereiche-
rung der Kla¨gerin nachzugehen haben. Letztere ist nach der
durch die Bebauung eingetretenen Steigerung des Verkehrswerts
des Grundstu¨cks bei dessen Ru¨ckgewa¨hr zu bemessen
18
. Liegt
eine solche Werterho¨hung des Grundstu¨cks der Kla¨gerin noch
vor, sind dem Beklagten seine Aufwendungen bis zu deren Ho¨-
he zu ersetzen. Ist das nicht der Fall (weil es sich um eine wert-
lose Bauruine handelt), besteht kein Anspruch.
16 Urteil vom 21. 12. 1956 – V ZR 110/67, BGHZ 23 S. 61 (65).
17
Faust
, in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 347 Rdn. 62;
Hager
, a.a.O. (Fn. 10), § 347
Rdn. 10;
Gaier
, a.a.O. (Fn. 10), § 347 Rdn. 22;
Medicus/Stu¨rner
, a.a.O.
(Fn. 10), § 347 Rdn. 6;
Lobinger
, in: Soergel, BGB, 13. Aufl., § 347 Rdn. 63;
D. Kaiser
, a.a.O. (Fn. 11), § 347 Rdn. 58.
18 Vgl.
Gaier
, a.a.O. (Fn. 10), § 347 Rdn. 22;
D. Kaiser
, a.a.O. (Fn. 11), § 347
Rdn. 58.
Kapitalanlage
Zur Haftung der finanzierenden Bank wegen Ver-
letzung von Aufkla¨rungspflichten im Rahmen der
Kapitalanlage unter Beteiligung eines Kreditver-
mittlers
Keine Haftung der in den Vertrieb der Kapitalanlage nicht ein-
gebundenen Bank wegen unterbliebener Erkundigungen und
fehlender Hinweise des Kreditvermittlers zu Risiken der finan-
zierten Kapitalanlage – Zur Aufkla¨rungspflicht der finanzieren-
den Bank wegen Wissensvorsprungs – Treuwidriges Berufen auf
die Zurechnung von Vertreterwissen, wenn Vertragspartei
wusste, dass Vertreter dem Gescha¨ftsherren Wissen vorentha¨lt
BGB § 166 Abs. 1
Eine Vertragspartei handelt treuwidrig (§ 242 BGB), wenn
sie sich auf die Zurechnung von Wissen eines Vertreters ih-
res Gescha¨ftspartners nach § 166 Abs. 1 BGB beruft, obwohl
sie wusste oder damit rechnen musste, dass der Vertreter
sein Wissen dem Gescha¨ftspartner vorenthalten wu¨rde.
Danach ist es einem Kapitalanleger, der zusammen mit ei-
nem Kreditvermittler dem ein Darlehen gewa¨hrenden Kredit-
institut die Verwendung der Kreditmittel fu¨r eine bestimmte
Kapitalanlage verschwiegen hat, verwehrt, sich auf einen
zur Aufkla¨rung u¨ber Risiken der konkreten Kapitalanlage
verpflichtenden Wissensvorsprung des Kreditinstituts zu be-
rufen, der auf der nach § 166 Abs. 1 BGB dem Kreditinstitut
zuzurechnenden Kenntnis des Kreditvermittlers von der
Zeichnung dieser Kapitalanlage beruhen wu¨rde.
BGH-Urteil vom 19. 3. 2013 – XI ZR 46/11
u
DB0593156
Die Kla¨ger nehmen die Beklagte, mit der sie einen Darlehens- und ei-
nen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen haben, auf Schadens-
ersatz wegen Verletzung einer Hinweispflicht zu Risiken einer von ih-
nen erworbenen Kapitalanlage in Anspruch und wehren sich gegen die
Zwangsvollstreckung der Beklagten aus einer die Darlehensverpflich-
tung sichernden Grundschuld.
Die Kla¨ger wurden im Jahr 1998 von der ihnen seit 1993 bekannten
Zeugin S. (im Folgenden: Beraterin) geworben, 200.000 DM bei der
G. S.A. (im Folgenden: G.) anzulegen. Die mit 8,25% p.a. zuzu¨glich
eines Jahresbonus von 3,75% prognostizierte Rendite sollte aus Zinsdif-
ferenzgescha¨ften erwirtschaftet werden.
Nachdem der freie Kreditvermittler B. (im Folgenden: Kreditvermittler)
der Rechtsvorga¨ngerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Be-
klagte) Unterlagen zu Anlagemodellen der G. zur Pru¨fung vorgelegt
hatte, teilte ihm der Vorstand der Beklagten am 9. 6. 1998 mit, dass die
Beklagte mit der G. keine Zusammenarbeit eingehen werde. Nach
U¨ berpru¨fung ha¨tten die Mitarbeiter der Beklagten von derartigen Anla-
gegescha¨ften dringend abgeraten, da die Kapitalaufnahme in einem
Niedrigzinsland bei gleichzeitiger Kapitalanlage in einem Hochzinsland
ein hohes Wa¨hrungsrisiko berge. Die Beklagte als Versicherungsunter-
nehmen ko¨nne es sich zudem nicht leisten, in Anlagegescha¨fte ver-
wickelt zu werden, die in einem Artikel des Gerlach-Reports ausfu¨hrlich
und mit treffenden Argumenten negativ beurteilt worden seien.
Auf Empfehlung der Beraterin beantragten die Kla¨ger am 1. 9. 1998
u¨ber den Kreditvermittler bei der Beklagten ein grundpfandrechtlich ge-
sichertes, endfa¨lliges Darlehen u¨ber 320.000 DM, das mit einer gleich-
zeitig abzuschließenden Lebensversicherung getilgt werden sollte. In
dem von den Kla¨gern unterschriebenen Darlehensantrag wurde als Ver-
wendungszweck nicht die beabsichtigte Kapitalanlage bei der G., son-
dern „Umschuldung“ bzw. „sonstige Geldbeschaffung“ angegeben. Wei-
ter besta¨tigten die Kla¨ger am 28. 10. 1998 in einer von ihnen unter-
schriebenen Erkla¨rung wahrheitswidrig die Bestimmung der Darlehens-
valuta zur vorgezogenen Erbauszahlung ihrer Tochter. Am selben Tag
unterzeichneten die Kla¨ger die Darlehensurkunde und schlossen die zur
Tilgung des Darlehens vorgesehene Lebensversicherung ab. Am 4. 11.
1998 bestellten sie der Beklagten eine Grundschuld u¨ber den Darle-
hensbetrag zuzu¨glich Zinsen, u¨bernahmen dafu¨r die perso¨nliche Haf-
tung und unterwarfen sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes
Vermo¨gen. Tatsa¨chlich diente, wie von Anfang an beabsichtigt war, die
Darlehensvaluta i. H. von 200.000 DM der Kapitalanlage bei der G.,
fand i. H. von 50.000 DM zur Ablo¨sung eines a¨lteren Kredits Verwen-
dung und wurde im U¨ brigen von den Kla¨gern anderweitig verbraucht.
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013
Wirtschaftsrecht
1167