Der fu¨r die Tilgung eines a¨lteren Darlehens vorgesehene Teilbetrag des
Darlehens wurde am 18. 2. 1999 ausbezahlt, die u¨brige Darlehensvaluta
am 13. 4. 1999. Das Konto der Kla¨ger wurde am 19. 4. 1999 mit
200.000 DM zugunsten eines R. in L. belastet, bei dem es sich nach
dem bestrittenen Vortrag der Kla¨ger um einen Treuha¨nder der G. han-
delte. In der Folge erhielten die Kla¨ger in der Ho¨he streitige Ausschu¨t-
tungen aus der Kapitalanlage. Im Jahr 2000 stellte die G. ihre Zahlun-
gen ein. Die Initiatoren der G. wurden wegen Betrugs zu Freiheitsstra-
fen verurteilt, da es sich bei der Anlage um ein „Schneeballsystem“ ge-
handelt hatte.
Nachdem eine von ihnen gegen den Kreditvermittler erhobene Klage
rechtskra¨ftig abgewiesen worden war, begehrten die Kla¨ger in dem vor-
liegenden Verfahren von der Beklagten Erstattung aller Zahlungen, die
sie an die Beklagte geleistet haben, beantragten die Feststellungen, dass
die Beklagte Zahlungen aus dem Darlehensvertrag u¨ber 320.000 DM
nicht verlangen ko¨nne sowie weiteren Schaden der Kla¨ger zu ersetzen
habe, und machen die Unzula¨ssigkeit der Zwangsvollstreckung aus der
Grundschuld geltend. Das LG Magdeburg hatte die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung hatten die Kla¨ger ihre erstinstanzlichen Antra¨ge wei-
terverfolgt und hilfsweise Auskunft begehrt u¨ber die Anzahl der von
dem Kreditvermittler bei der Beklagten eingereichten Darlehensvertra¨-
ge, die Anzahl von Darlehensvertra¨gen, die eine Beteiligung bei der G.
betroffen ha¨tten, und die Anzahl der Darlehensvertra¨ge, bei denen von
dem Kreditvermittler ein Verwendungsnachweis der Anleger nachtra¨g-
lich vorgelegt worden sei. Das Berufungsgericht OLG Naumburg hatte
der Klage im Hauptantrag u¨berwiegend stattgegeben. Die Revision der
Beklagten war erfolgreich, die Anschlussrevision der Kla¨ger hingegen
nicht.
AUS DEN GRU¨ NDEN
Keine Haftung der finanzierenden Bank wegen Verletzungen
einer Hinweispflicht
1 . . . 12
I
I.
. . .
II. A. 1.
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklag-
te hafte den Kla¨gern aus der Verletzung einer Hinweispflicht,
die sie wegen eines konkreten Wissensvorsprungs zu den Risiken
der von den Kla¨gern gezeichneten Kapitalanlage getroffen habe.
Zur Haftung der finanzierenden Bank wegen unterbliebener
Risikoaufkla¨rung infolge Zurechnung der Kenntnis des Kredit-
vermittlers von der Mittelverwendung
13 . . . 14
I
a)
. . .
b)
Rechtsfehlerhaft stu¨tzt aber das Berufungs-
gericht die Haftung der Beklagten wegen unterbliebener Risiko-
aufkla¨rung auf eine eigene Pflichtverletzung des Kreditvermitt-
lers, dem sie Kenntnisse der Beklagten zu Risiken der konkreten
Kapitalanlage zurechnet. Damit u¨bergeht das Berufungsgericht
die einer Anwendung von § 278 BGB vorausgehende Pru¨fung,
ob die Beklagte eine solche Hinweispflicht – hier aufgrund eines
konkreten Wissensvorsprungs – traf, und befasst sich in diesem
Zusammenhang nicht mit der Frage, ob die vom Berufungs-
gericht festgestellte Kenntnis des Kreditvermittlers von der Mit-
telverwendung der beklagten Bank entgegengehalten werden
kann.
Zur Einstandspflicht der Bank fu¨r Fehlverhalten eines als Ver-
handlungsgehilfe eingesetzten selbststa¨ndigen Vermittlers
15
I
aa)
Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings da-
von aus, dass eine finanzierende Bank nach § 278 BGB fu¨r
Fehlverhalten eines als Verhandlungsgehilfe eingesetzten selbst-
sta¨ndigen Vermittlers einzustehen hat, soweit dieses den Bereich
der Anbahnung des Kreditvertrags betrifft. Insoweit wird der
Vermittler im Pflichtenkreis der in den Vertrieb der Kapitalanla-
ge nicht eingebundenen, lediglich finanzierenden Bank ta¨tig
1
.
Dem steht – worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist –
nicht entgegen, dass der Vermittler von Weisungen des Ge-
scha¨ftsherrn abweicht, sofern er in unmittelbarem sachlichen
Zusammenhang mit der u¨bertragenen Aufgabe handelt
2
.
Keine Haftung der Bank wegen Verletzung einer Pflicht des
Kreditvermittlers zur Risikoaufkla¨rung
16
I
bb)
Im Weiteren stu¨tzt das Berufungsgericht jedoch die
Haftung der Beklagten nicht auf eine Verletzung ihrer Pflichten
als finanzierender Bank, sondern geht rechtsfehlerhaft von der
Verletzung einer eigenen Pflicht des Kreditvermittlers zur Risi-
koaufkla¨rung aus.
Zur Zurechnung einer Pflichtverletzung nach § 278 BGB
17
I
(1)
Die Zurechnung einer Pflichtverletzung nach § 278
BGB setzt voraus, dass der Erfu¨llungsgehilfe objektiv zur Erfu¨l-
lung einer den Schuldner treffenden Haupt- oder Nebenpflicht
ta¨tig wird
3
. Maßgeblich ist der konkrete Pflichtenkreis, der
durch Art und Inhalt des zwischen Schuldner und Gla¨ubiger be-
stehenden Schuldverha¨ltnisses bestimmt wird
4
. Ob den Erfu¨l-
lungsgehilfen im Verha¨ltnis zum Gla¨ubiger oder Schuldner –
zugleich – eigene Pflichten treffen, ist nicht entscheidend.
Zur Haftung der Bank wegen Verletzung einer eigenen Aufkla¨-
rungspflicht auf der Grundlage einer Zurechnung des Verhal-
tens des Kreditvermittlers nach § 278 BGB
18
I
(2)
Danach setzt die Haftung der beklagten Bank wegen ei-
nes unterbliebenen Hinweises auf Risiken der finanzierten Kapi-
talanlage voraus, dass sie eine eigene Aufkla¨rungspflicht getrof-
fen hat, die Grundlage einer Zurechnung des Verhaltens des
Kreditvermittlers nach § 278 BGB ha¨tte sein ko¨nnen. Das wird
vom Berufungsgericht nicht gepru¨ft. Es ha¨lt stattdessen nicht
nur unzutreffend die Verletzung einer eigenen Pflicht des Kre-
ditvermittlers zur Risikoaufkla¨rung bei Finanzierung einer Kapi-
talanlage fu¨r ausreichend, sondern geht in der Folge auch ver-
fehlt davon aus, Kenntnisse der beklagten Bank zur konkreten
Kapitalanlage seien dem Kreditvermittler zuzurechnen, weil die-
ser die Augen vor deren Risiken verschlossen habe.
19
I
Damit u¨bergeht das Berufungsgericht – worauf die Revision
zutreffend hinweist – die fu¨r die Haftung der Beklagten wegen
eines zur Aufkla¨rung der Kla¨ger verpflichtenden konkreten Wis-
sensvorsprungs zu Risiken der Kapitalanlage wesentliche Pru¨-
fung, ob die Beklagte u¨ber einen solchen, die Hinweispflicht
auslo¨senden Wissensvorsprung verfu¨gt hat, auf den sich die Kla¨-
ger ha¨tten berufen ko¨nnen. Da nach den nicht angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts die Beklagte keine eigene
Kenntnis von der Finanzierung einer Kapitalanlage mit dem den
Kla¨gern gewa¨hrten Darlehen besaß, ihr vielmehr dieser Verwen-
dungszweck gezielt verheimlicht wurde, ha¨tte das Berufungs-
1 Vgl. Senatsurteile vom 27. 6. 2000 – XI ZR 174/99, DB0051679 = WM 2000
S. 1685 (1686); vom 12. 11. 2002 – XI ZR 47/01, BGHZ 152 S. 331 (333) =
DB 2003 S. 91; vom 29. 4. 2003 – XI ZR 201/02, DB0048854 = WM 2004
S. 21 (22); vom 16. 5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168 S. 1, Rdn. 63 m. w. N. =
DB 2006 S. 1424.
2 Vgl. BGH-Urteile vom 6. 4. 1978 – III ZR 43/76, WM 1978 S. 946 (947) und
vom 4. 2. 1997 – XI ZR 31/96, DB 1997 S. 719 = WM 1997 S. 477 (478),
m. w. N.
3 Allgemeine Ansicht, vgl. BGH-Urteil vom 3. 6. 1993 – III ZR 104/92, BGHZ
123 S.1 (14);
Grundmann
, in: Mu¨nchKommBGB, 6. Aufl., § 278 Rdn. 20;
Gru¨-
neberg
, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 278 Rdn. 12;
Lorenz
, in: 50 Jahre BGH,
Festgabe aus der Wissenschaft, 2000, Bd. I S. 329 (339 f.);
Lo¨wisch/Caspers
,
in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 278 Rdn. 34 f.;
H. P. Wester-
mann
, in: Erman, BGB, 13. Aufl., § 278 Rdn. 17.
4
Gru¨neberg
, a.a.O. (Fn. 3), Rdn. 13;
Lo¨wisch/Caspers
, a.a.O. (Fn. 3), Rdn. 43
(54).
1168
Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013