DER BETRIEB 21 - page 57

gericht pru¨fen mu¨ssen, ob die von ihm angenommene Kenntnis
des Kreditvermittlers von der Mittelverwendung der Beklagten
als finanzierender Bank zuzurechnen war. Daran fehlt es (vgl.
dazu nachfolgend 2.).
Keine Haftung der Bank wegen unterbliebener Erkundigungen
und fehlender Hinweise des Kreditvermittlers zu Risiken der
finanzierten Kapitalanlage
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I
c)
Ebenfalls rechtsfehlerhaft stu¨tzt das Berufungsgericht den
Schadensersatzanspruch der Kla¨ger zusa¨tzlich auf eine der Be-
klagten nach § 278 BGB zugerechnete Pflichtverletzung des
Kreditvermittlers, weil dieser sich keine Kenntnis von den Risi-
ken der konkreten Kapitalanlage verschafft und deswegen die
Kla¨ger u¨ber warnende Hinweise in der Berichterstattung zur G.
-Anlage nicht informiert habe.
21
I
Einer finanzierenden Bank ist – wie dargestellt – das Verhal-
ten eines Verhandlungsgehilfen nur im Bereich der Kredit-
anbahnung zuzurechnen, da der Vermittler insoweit im Pflich-
tenkreis der in den Vertrieb der Kapitalanlage nicht eingebunde-
nen Bank als deren Erfu¨llungsgehilfe ta¨tig wird
5
. Pflichtverlet-
zungen des Kreditvermittlers wegen unterbliebener Erkundigun-
gen und fehlender Hinweise zu Risiken der finanzierten Kapital-
anlage, wie sie hier das Berufungsgericht annimmt, betreffen
hingegen nicht den Darlehensvertrag, sondern die Rentabilita¨t
des Anlagegescha¨fts und liegen damit im Grundsatz außerhalb
des Pflichtenkreises einer finanzierenden Bank
6
. Danach hat die
Beklagte, die in die Vermittlung der Kapitalanlage nicht einge-
bunden war, nicht nach § 278 BGB fu¨r mo¨gliches eigenes Fehl-
verhalten des Kreditvermittlers bei Aufkla¨rung der Kla¨ger zu den
Risiken der Kapitalanlage einzustehen.
Keine Haftung der finanzierenden Bank wegen Wissensvor-
sprungs
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I
2.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht aus ande-
ren Gru¨nden als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Beklagte haftet
den Kla¨gern nicht wegen Verletzung einer Hinweispflicht zu
konkreten Risiken der Kapitalanlage bei der G., da sie u¨ber ei-
nen erforderlichen Wissensvorsprung nicht verfu¨gte und die
Kla¨ger sich nicht darauf berufen ko¨nnen, entsprechende Kennt-
nisse des Kreditvermittlers seien der Beklagten zuzurechnen.
Unkenntnis der Verwendung der Darlehensvaluta fu¨r die Kapi-
talanlage
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I
a)
Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ist ei-
ne nicht beratende, sondern – wie hier – lediglich kreditgebende
Bank nach der sta¨ndigen Rechtsprechung des BGH zu einer Ri-
sikoaufkla¨rung u¨ber das finanzierte Anlagegescha¨ft nur unter
ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa der
Fall, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vor-
habens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehens-
nehmer hat und dies auch erkennen kann
7
. U¨ ber einen eigenen,
zur Aufkla¨rung u¨ber die Risiken der konkreten Kapitalanlage
verpflichtenden Wissensvorsprung verfu¨gte die Beklagte schon
deswegen nicht, weil ihr nach den von den Parteien nicht ange-
griffenen Feststellungen des Berufungsgerichts eine Verwendung
der Darlehensvaluta fu¨r eine solche Kapitalanlage bei der G.
nicht bekannt war.
Kla¨ger kann sich nicht auf Zurechnung der Kenntnis des Kredit-
vermittlers von der Mittelverwendung berufen
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I
b)
Die Kla¨ger ko¨nnen sich nicht darauf berufen, Kenntnisse
des Kreditvermittlers u¨ber die konkrete Mittelverwendung fu¨r
eine Kapitalanlage bei der G. seien der Beklagten nach § 166
Abs. 1 BGB zuzurechnen.
Kreditvermittler als Wissensvertreter der Bank
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I
aa)
Der Kreditvermittler hat insoweit nach den von den Par-
teien nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
nicht als Vertreter der Beklagten gehandelt. Nach sta¨ndiger
Rechtsprechung sind in analoger Anwendung von § 166 Abs. 1
BGB einem Gescha¨ftsherrn aber auch Kenntnisse von Wissens-
vertretern zuzurechnen, die ohne Vertretungsmacht im Rechts-
verkehr dazu berufen sind, eigenverantwortlich bestimmte Auf-
gaben des Gescha¨ftsherrn zu erledigen und dabei anfallende In-
formationen diesem zur Kenntnis zu geben sowie ggf. weiter-
zuleiten
8
. Die Zurechnung nach § 166 Abs. 1 BGB umfasst
grundsa¨tzlich auch Wissen, durch das Hinweis- und Warn-
pflichten des Gescha¨ftsherrn gegenu¨ber dem Vertragspartner be-
gru¨ndet werden
9
.
26
I
Danach ist – wovon auch beide Parteien im Revisionsverfah-
ren ausgehen – der Kreditvermittler, der fu¨r die Beklagte den
Darlehens- und den Lebensversicherungsvertrag mit den Kla¨-
gern angebahnt und in den Details vorbereitet hat, als Wissens-
vertreter der Beklagten anzusehen
10
.
Zur treuwidrigen Berufung auf die Zurechnung von Vertreter-
wissen, falls Vertragspartei damit rechnen muss, dass Vertreter
dem Gescha¨ftsherrn Wissen vorentha¨lt
27
I
bb)
Nach der Rechtsprechung des BGH handelt aber eine
Vertragspartei treuwidrig (§ 242 BGB), die sich auf die Zurech-
nung von Vertreterwissen beruft, obwohl sie damit rechnen
musste, dass der Vertreter sein Wissen dem Gescha¨ftsherrn vor-
enthalten wu¨rde
11
. Der Vertragspartner des Gescha¨ftsherrn ist
na¨mlich nicht schutzwu¨rdig, wenn er zusammen mit dem Wis-
sensvertreter dem Gescha¨ftsherrn gerade die Information vor-
enthalten hat, deren Zurechnung nach § 166 Abs. 1 BGB zulas-
ten des Gescha¨ftsherrn er nunmehr geltend macht. Er muss sich
in einem solchen Fall so behandeln lassen, als habe er perso¨nlich
– ohne Einschaltung des Vermittlers – die erhebliche Informati-
on dem Gescha¨ftsherrn verschwiegen
12
.
Treuwidrigkeit der Anleger bei wahrheitswidrigen Angaben zur
Verschleierung der Verwendung der Kreditmittel fu¨r Anlage-
gescha¨fte
28
I
So liegt der Fall hier. Nach den – von der Revisionserwide-
rung nicht angegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts
hat der Kreditvermittler die Kla¨ger veranlasst, unzutreffende An-
gaben zur beabsichtigten Verwendung der Darlehensvaluta zu
5 Vgl. nur Senatsurteil vom 16. 5. 2006, a.a.O. (Fn. 1).
6 Vgl. Senatsurteile vom 23. 3. 2004 – XI ZR 194/02, DB0065130 = WM 2004
S. 1221 (1225) und vom 16. 5. 2006, a.a.O. (Fn. 1).
7 St. Rspr., Senatsurteile vom 29. 6. 2010 – XI ZR 104/08, BGHZ 186 S. 96,
Rdn. 16 = DB0362273; vom 16. 5. 2006, a.a.O. (Fn.1), Rdn. 41 und vom
5. 6. 2012 – XI ZR 175/11, DB0483494 = WM 2012 S. 1389, Rdn. 21.
8 Vgl. BGH-Urteile vom 24. 1. 1992 – V ZR 262/90, BGHZ 117 S. 104 (106 f.) =
DB 1992 S. 1235 und vom 15. 3. 2011 – VI ZR 162/10, DB0414659 = NJW
2011 S. 1799, Rdn. 14.
9 Vgl. BGH-Urteil vom 6. 5. 2008 – XI ZR 56/07, BGHZ 176 S. 281, Rdn. 17 f. =
DB 2008 S. 1491.
10 Vgl. dazu auch
Ellenberger
, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 166 Rdn. 6a;
Gehr-
lein/Weinland
, in: jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 166 Rdn. 10;
Schramm
, in: Mu¨nch-
KommBGB, 6. Aufl., § 166 Rdn. 41.
11 BGH-Urteile vom 17. 1. 1968 – VIII ZR 240/66, WM 1968 S. 440 (441); vom
24. 4. 1972 – II ZR 153/69, WM 1972 S. 1380 (1381); vom 27. 2. 2008 – IV
ZR 270/06, DB0288556 = NJW-RR 2008 S. 977, Rdn. 10 (12) und vom 5. 7.
2011 – XI ZR 306/10, DB0459807 = WM 2011 S. 2088, Rdn. 24.
12 Vgl. fu¨r eine Scheingescha¨ftsabrede Senatsurteil vom 1. 6. 1999 – XI ZR
201/98, DB0050918 = WM 1999 S. 1501 (1502).
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013
Wirtschaftsrecht
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1...,47,48,49,50,51,52,53,54,55,56 58,59,60,61,62,63,64,65,66,67,...86
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