DER BETRIEB 23 - page 42

Beschwerde beim BFH zu. Diese wurde zwischenzeitlich auch
eingelegt. Auch wenn man bei diesem Begru¨ndungsteil als Bera-
tungspraktiker zuna¨chst entta¨uscht ist, da es einen vorla¨ufigen
„Rechtsschutz nach Kassenlage“ nicht geben darf, erscheint dem
Verf. das im konkreten Fall gefundene Ergebnis nachvollziehbar.
Besteuerungspraktische Beratungserwa¨gungen
Aus Sicht der Besteuerungspraxis ergeben sich mehrere „Rechts-
erkenntnisse“:
– Die Verfassungszweifel an der Zinsschranke verdichten sich.
Die U¨ berlegungen des FG Mu¨nster runden das Verfassungs-
bild auf aktuellem Diskussionsstand ab und werden die wei-
teren gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsdiskussio-
nen beeinflussen. Die Unternehmen werden sich ermuntert
fu¨hlen, in geeigneten Fa¨llen intensiviert Rechtsbehelfe gegen
die Zinsschranke einzulegen. Ohne gerichtlichen Rechtsstreit
wird man aber wohl keine AdV bekommen. Bei Ausset-
zungsantra¨gen sollten besonders sorgsam auch die Verzin-
sungsfolgen gepru¨ft werden. Wichtig wird es aus Beratersicht
sein, einen „guten Fall“ mit zinsschrankenbegru¨ndeter Be-
steuerung „fiktiver Gewinne“ im Hinblick auf Missbrauchs-
abwehr und die Bedeutung des qualifizierten Fiskalzwecks
zum BVerfG „hochzubringen“. Die Rechtsnatur des objekti-
ven Nettoprinzips insgesamt wird bei den Abwa¨gungen zum
Folgerichtigkeitsgebot „auf dem Pru¨fstand“ stehen.
– Die Finanzverwaltung sollte mit der Zinsschranke in der Praxis
trotz mo¨glicherweise „guter Gescha¨fte“
11
behutsam und mit
Augenmaß umgehen. Gerade bei der Anwendung des Eigen-
kapital-Escapes und der IFRS-Bezugnahme bestehen viele
offene Fragen, die in Bp-Fa¨llen und Rechtsbehelfsverfahren
mehr oder weniger fiskalorientiert gelo¨st werden ko¨nnen. Ggf.
wird man insoweit u¨ber eine „verfassungskonforme Auslegung“
zu einigungsfa¨higen Lo¨sungen kommen. Auch bei der anste-
henden Evaluation der Zinsschranke muss deren u¨berbordende
Wirkung – ohne dass eine Missbrauchsabsicht besteht – be-
ru¨cksichtigt werden. Die „Fans der Zinsschranke“ in Finanz-
verwaltung und Steuerpolitik sollten durch den Beschluss des
FG Mu¨nster zumindest etwas nachdenklich werden.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0594161.
11 So
Jonas
, BB 2013 S. 1111 (1114).
Ko¨rperschaftsteuer
Sog. Stillhalterpra¨mien aus Optionsgescha¨ften im
Zusammenhang mit Anteilsanka¨ufen und Anteils-
verka¨ufen ko¨rperschaftsteuerpflichtig
KStG 2002 § 8b Abs. 2
Gem. § 8b Abs. 2 KStG 2002 bleiben Gewinne aus der Ver-
a¨ußerung eines Anteils an einer Ko¨rperschaft oder Per-
sonenvereinigung, deren Leistungen beim Empfa¨nger zu Ein-
nahmen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG
2002 fu¨hren, außer Ansatz. Pra¨mien, welche der Vera¨ußerer
als sog. Stillhalter fu¨r Optionsgescha¨fte im Zusammenhang
mit dem Erwerb und der Vera¨ußerung solcher Anteile verein-
nahmt, geho¨ren dazu nicht.
BFH-Urteil vom 6. 3. 2013 – I R 18/12
u
DB0594281
Unternehmensgegenstand der Kla¨gerin, einer GmbH, war in den
Streitjahren 2003-2005 die Beteiligung an anderen Unternehmen, die
Gescha¨ftsfu¨hrung von Unternehmen und die Vermo¨gensverwaltung.
Sie erzielte in den Streitjahren verschiedene Gewinne aus der Vera¨uße-
rung von Anteilen an Ko¨rperschaften. Im Zuge des Erwerbs und der
Vera¨ußerung dieser Anteile schloss die Kla¨gerin als sog. Stillhalterin
Optionsgescha¨fte in Form von Kauf- und Verkaufsoptionen ab. Fu¨r die
Einra¨umung sog. Call- und Put-Optionen vereinnahmte sie in den
Streitjahren Stillhalterpra¨mien. Im Fall der Ausu¨bung des Options-
berechtigten vera¨ußerte die Kla¨gerin anschließend Anteile aus ihrem
Bestand oder erwarb neue Anteile.
Handelsrechtlich fasste die Kla¨gerin die Gescha¨fte u¨ber den Erwerb
und die Vera¨ußerung von Anteilen als Grundgescha¨ft und die absi-
chernden Optionsgescha¨fte als Sicherungsgescha¨ft jeweils zu einer Be-
wertungseinheit zusammen. Das jeweilige Gesamtergebnis der in der
handelsrechtlichen Rechnungslegung gebildeten Bewertungseinheiten
u¨bernahm sie auch fu¨r die steuerliche Gewinnermittlung; sie begehrte
hierfu¨r die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG 2002. Das FA ver-
trat demgegenu¨ber – unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 28. 4.
2003
1
und das Senatsurteil vom 18. 12. 2002
2
zur bilanziellen Behand-
lung von Optionsgescha¨ften – die Ansicht, dass bei der Ermittlung des
ko¨rperschaftsteuerrechtlichen Einkommens ungeachtet handels- und
bilanzsteuerrechtlicher Bewertungseinheiten zwischen dem § 8b Abs. 2
KStG 2002 unterfallenden Vera¨ußerungsgescha¨ft an den Anteilen an
Ko¨rperschaften einerseits und dem Optionsgescha¨ft andererseits zu
trennen sei. Als Folge davon blieben die von der Kla¨gerin vereinnahm-
ten Optionspra¨mien bei der Einkommensermittlung nicht nach § 8b
Abs. 2 KStG 2002 außer Ansatz.
Die Klage gegen die dementsprechend festgestellten verbleibenden Ver-
lustabzu¨ge zur KSt auf den 31. 12. 2003, den 31. 12. 2004 und den
31. 12. 2005 hatte keinen Erfolg
3
. Die Revision der Kla¨gerin blieb ohne
Erfolg.
AUS DEN GRU¨ NDEN
Entscheidung
1 . . . 7
I
1.
Nach § 8b Abs. 2 KStG 2002 bleiben bei der Ermitt-
lung des Einkommens Gewinne aus der Vera¨ußerung u. a. eines
Anteils an einer Ko¨rperschaft oder Personenvereinigung, deren
Leistungen beim Empfa¨nger zu Einnahmen i. S. des § 20
Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG 2002 fu¨hren, außer
Ansatz.
Steuerfreistellung umfasst nach der Senats-Rspr. keine Bezugs-
rechte
8
I
2.
Erfasst werden hiernach von der Steuerfreistellung (nur)
Anteile an einer Ko¨rperschaft, Rechte zum Bezug entsprechen-
der Anteile hingegen nicht. Das hat der Senat durch sein Urteil
vom 23. 1. 2008
4
– in U¨ bereinstimmung mit der Verwaltungs-
praxis
1
– entschieden und daran ha¨lt er uneingeschra¨nkt fest.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb auf dieses
Urteil verwiesen; es ist – ebenfalls in U¨ bereinstimmung mit der
zitierten Verwaltungspraxis – auch fu¨r die hier interessierende
Frage einschla¨gig, ob die als Entgelt fu¨r die Optionsbegebung
vereinnahmten Stillhalterpra¨mien in die Steuerfreistellung nach
§ 8b Abs. 2 KStG 2002 einzubeziehen sind.
1 BMF-Schreiben vom 28. 4. 2003 – IV A 2 – S 2750 a – 7/03, BStBl. I 2003
S. 292 = DB 2003 S. 1027, Rdn. 24.
2 BFH-Urteil vom 18. 12. 2002 – I R 17/02, BStBl. II 2004 S. 126 = DB 2003
S. 855.
3 FG Du¨sseldorf, Urteil vom 13. 12. 2011 – 6 K 1209/09 F, EFG 2012 S. 1496.
4 BFH-Urteil vom 23. 1. 2008 – I R 101/06, BStBl. II 2008 S. 719 = DB 2008
S. 1015.
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Steuerrecht
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