DER BETRIEB 23 - page 53

Im Rahmen einer Bp gelangte das FA zu der Auffassung, dass zwar fu¨r
die WE 1 auch begu¨nstigte Sanierungsaufwendungen nach § 7h und 7i
EStG vorla¨gen, dass aber maßgeblicher Zeitpunkt fu¨r die Begu¨nstigung
erst die Annahme des Vertragsangebots durch den Bautra¨ger am 11. 11.
2003 sei. Ein einem obligatorischen Kaufvertrag gleichstehender
Rechtsakt liege nicht schon in dem notariellen Kaufangebot, da die An-
nahme erst nach Ablauf der von den Kla¨gern gesetzten Bindungsfrist
erfolgt sei. Da bis zum Abschluss des Kaufvertrags bereits 69,17% der
Baumaßnahmen durchgefu¨hrt worden seien, ko¨nnten lediglich 26.829 €
als nachtra¨gliche Herstellungskosten anerkannt werden. Einspruch und
Klage gegen den entsprechenden A¨ nderungsbescheid blieben ohne Er-
folg.
AUS DEN GRU¨ NDEN
1 . . . 9
I
Die Revision ist unbegru¨ndet und deshalb zuru¨ckzuwei-
sen (§ 126 Abs. 2 FGO). Zutreffend hat das FG das streitbefan-
gene Vertragsangebot nicht als „gleichstehenden Rechtsakt“
i. S. von § 7h EStG bzw. § 7i EStG behandelt und so fu¨r die bis
zur Annahme des Vertragsangebots durchgefu¨hrten Baumaß-
nahmen keine erho¨hten Absetzungen gewa¨hrt.
Vornahme erho¨hter Absetzungen nach § 7h und § 7i EStG . . .
10
I
1.
Gem. § 7h Abs. 1 Satz 3 EStG kann der Stpfl. die erho¨h-
ten Absetzungen im Jahr des Abschlusses der fraglichen Maß-
nahme und in diesen folgenden neun Jahren auch fu¨r Anschaf-
fungskosten in Anspruch nehmen, die auf Maßnahmen i. S. von
§ 7h Abs. 1 Sa¨tze 1 und 2 EStG entfallen, soweit diese nach
dem rechtswirksamen Abschluss eines obligatorischen Erwerbs-
vertrags oder eines gleichstehenden Rechtsakts durchgefu¨hrt
worden sind. Eine entsprechende Regelung entha¨lt § 7i Abs. 1
Satz 5 EStG. Danach setzen die erho¨hten Absetzungen grds.
voraus, dass die betroffenen Maßnahmen nach einem obligatori-
schen Erwerb anfallen, d. h. zu einem Zeitpunkt, zu dem sich
die Investition des Stpfl. in das begu¨nstigte Geba¨ude dahin-
gehend konkretisiert hat, dass er einen rechtswirksamen obliga-
torischen Erwerbsvertrag abgeschlossen hat. Die Alternative des
gleichstehenden Rechtsakts muss einen entsprechenden Konkre-
tisierungsgrad erreichen.
. . . erfordert einen obligatorischen Erwerbsvertrag oder gleich-
stehenden Rechtsakt
11
I
Mit einem obligatorischen Erwerbsvertrag wird zum einen
eine beidseitige Bindung von Voreigentu¨mer und Erwerber defi-
niert, zum anderen – notariell beurkundet – ein objektiv eindeu-
tiger Zeitpunkt hierfu¨r festgelegt. Da nach § 7h Abs. 1 Satz 3
EStG „obligatorischer Erwerbsvertrag“ und „gleichstehender
Rechtsakt“ gleichwertige alternative Begu¨nstigungsvoraussetzun-
gen darstellen, sind an den gleichstehenden Rechtsakt hinsicht-
lich seiner Rechtsbindung und der Rechtsklarheit dieselben An-
forderungen zu stellen wie an den obligatorischen Erwerbsver-
trag.
Begriff und Einzelfa¨lle obligatorischer Erwerbsvertra¨ge und
gleichstehender Rechtsakte
12
I
Der Begriff des obligatorischen Erwerbsvertrags umfasst ins-
besondere Kauf oder Tausch eines bebauten Grundstu¨cks; maß-
gebender Zeitpunkt fu¨r den Erwerb ist die formgerechte schuld-
rechtliche Erwerbsverpflichtung, von der sich kein Beteiligter
mehr einseitig lo¨sen kann
1
. Parallel hierzu sind gleichstehende
Rechtsakte insbesondere der Erbfall, das Verma¨chtnis nach An-
nahme
1
, der Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren oder
der Erwerb von Anteilen an einer PersGes.
2
, nicht aber ein un-
widerrufliches notarielles Kaufangebot
3
. Denn ein solches be-
gru¨ndet weder eine beidseitige Verpflichtung noch definiert es
einen konkreten Erwerbszeitpunkt.
Ein unwiderrufliches notarielles Kaufangebot stellt keinen
gleichstehenden Rechtsakt dar
13
I
2.
Nach diesen Grundsa¨tzen stellt das im Streitfall zu beur-
teilende Vertragsangebot vom 10. 7. 2003 keinen gleichstehen-
den Rechtsakt i. S. von § 7h Abs. 1 Satz 3, § 7i Abs. 1 Satz 5
EStG dar; daran a¨ndert auch seine befristete Unwiderruflichkeit
nichts. Es kommt jedenfalls dann nicht darauf an, wie lange das
Angebot bindend war, wenn – wie im Streitfall – das Angebot
erst nach Ablauf der Bindungsfrist (am 11. 11. 2003) angenom-
men wurde. Daher konnten erst fu¨r Maßnahmen nach Annah-
me des Vertragsangebots begu¨nstigte Sanierungsaufwendungen
anfallen.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0592394.
1 Vgl.
Kleeberg
, in: Kirchhof/So¨hn/Mellinghoff, EStG, § 7h Rdn. B 21.
2 Vgl.
Siebenhu¨ter
, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 7h EStG Rdn. 18.
3 So FG Sachsen, Beschluss vom 29. 7. 2009 – 6 V 736/09, juris.
Erbschaft-/Schenkungsteuer
Erbschaftsteuerrechtliche Gleichbehandlung von
Geschwistern mit Ehegatten oder Lebenspartnern
verfassungsrechtlich nicht geboten
Ehepartner – Lebenspartner – Geschwister – Keine Gleichbe-
handlung im Erbschaftsteuerrecht
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; EMRK Art. 14; ErbStG § 13 Abs. 1
Nr. 4b und 4c, § 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1, § 17, § 19 Abs. 1
Erwerber der Steuerklasse II wie etwa Geschwister ko¨nnen
unabha¨ngig von den konkreten Lebensverha¨ltnissen nicht
von Verfassungs wegen beanspruchen, erbschaftsteuerrecht-
lich wie Ehegatten oder Lebenspartner behandelt zu werden.
BFH-Urteil vom 24. 4. 2013 – II R 65/11
u
DB0594891
Die Kla¨gerinnen und ihr Bruder B beerbten ihren im Februar 2009 ver-
storbenen Bruder E zu gleichen Teilen. Die Kla¨gerinnen sind zudem
die Erbinnen des inzwischen ebenfalls verstorbenen B. Das FA setzte
jeweils die ErbSt fest und beru¨cksichtigte dabei den in § 16 Abs. 1
Nr. 5 ErbStG fu¨r Personen der Steuerklasse II vorgesehenen Freibetrag
von 20.000 € und den in § 19 Abs. 1 ErbStG fu¨r Erwerber der Steuer-
klassen II und III bei einem steuerpflichtigen Erwerb in der angesetzten
Ho¨he bestimmten Steuersatz von 30%. Die Klage, mit der die Herab-
setzung der ErbSt auf 0 € wegen der zwischen den Kla¨gerinnen und
dem Bruder E bestehenden Lebensgemeinschaft begehrt wurde, wurde
abgewiesen.
AUS DEN GRU¨ NDEN
Die Klagen sind unbegru¨ndet und waren daher abzuweisen.
Bestimmte Steuerbegu¨nstigungen nicht fu¨r Geschwister
1.
Die angefochtenen Steuerbescheide entsprechen den maß-
gebenden gesetzlichen Vorschriften. Die Steuerbefreiung fu¨r
Familienheime nach § 13 Nr. 4b und 4c ErbStG steht nur u¨ber-
lebenden Ehegatten und Lebenspartnern sowie Kindern, nicht
aber Geschwistern zu. Der Freibetrag von 20.000 € ergibt sich
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013
Steuerrecht
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1...,42,43,44,45,46,47,48-49,50,51,52 54,55,56,57,58,59,60,61,62,63,...96
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