Einku¨nfteerzielungsabsicht der Kla¨ger verneint und ihre Verlus-
te nicht im Rahmen der Einku¨nfte aus Vermietung und Ver-
pachtung beru¨cksichtigt.
Zur Typisierung der Einku¨nfteerzielungsabsicht bei auf Dauer
angelegter Vermietung
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1. a)
Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 EStG ist nur bei einer auf Dauer angelegten Vermietungs-
ta¨tigkeit grundsa¨tzlich und typisierend – wenn also keine beson-
deren Umsta¨nde dagegen sprechen – davon auszugehen, dass
der Stpfl. beabsichtigt, letztlich einen Einnahmenu¨berschuss zu
erwirtschaften, auch wenn sich u¨ber la¨ngere Zeitra¨ume Wer-
bungskostenu¨berschu¨sse ergeben
1
. Von einer auf Dauer aus-
gerichteten Vermietung ist nur auszugehen, wenn sie nach den
bei ihrem Beginn ersichtlichen Umsta¨nden keiner Befristung
unterliegt
2
. Zwar folgt aus einem auf eine bestimmte Zeit einge-
gangenen Mietvertrag allein noch nicht eine (steuerrechtlich be-
deutsame) Befristung der Vermietungsta¨tigkeit
3
. So kann eine
Vermietungsta¨tigkeit auch dann auf Dauer angelegt sein, wenn
der urspru¨ngliche Vertrag – konkludent – verla¨ngert werden soll.
Es mu¨ssen aber stets Umsta¨nde hinzutreten, die zusammen mit
dem Abschluss des Vertrags auf eine bestimmte Zeit den Schluss
rechtfertigen, der Vermieter habe seine Ta¨tigkeit auf Dauer aus-
gerichtet
4
. Deshalb hat der BFH als Indiz gegen die Absicht
einer auf Dauer angelegten Vermietungsta¨tigkeit nicht allein auf
die Befristung des Vertrags abgestellt, sondern entscheidend auf
den Umstand, dass bereits im Mietvertrag die Befristung mit
einer ausdru¨cklich erkla¨rten Selbstnutzungsabsicht
5
oder Ver-
kaufsabsicht
6
verknu¨pft wird. Fu¨r eine auf Dauer angelegte Ver-
mietungsta¨tigkeit spricht vor allem, dass sich der Stpfl. tatsa¨ch-
lich so verha¨lt und seine Wohnung nach Ablauf der ausbedunge-
nen Mietzeit wiederum vermietet oder den befristeten Vertrag
verla¨ngert
7
.
Kurzfristige Vera¨ußerung und geplante Eigennutzung sprechen
indiziell gegen den Entschluss, auf Dauer zu vermieten
17
I
b)
Ein gegen den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, spre-
chendes Indiz liegt aber vor, wenn der Stpfl. ein bebautes
Grundstu¨ck innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs –
von i. d. R. bis zu fu¨nf Jahren – seit der Anschaffung oder Her-
stellung wieder vera¨ußert
8
. Einer derartigen Vera¨ußerung ist eine
von Beginn an beabsichtigte Eigennutzung im Anschluss an eine
kurzfristige Vermietung gleichzustellen
9
. Eine im Hinblick auf
eine, von vornherein geplante und durchgefu¨hrte Eigennutzung
nur kurzfristige Fremdvermietung, wa¨hrend derer lediglich Wer-
bungskostenu¨berschu¨sse erzielt werden, spricht gegen eine auf
Dauer angelegte Vermietungsta¨tigkeit mit Einku¨nfteerzielungs-
absicht
10
.
Totalu¨berschussprognose erforderlich
18
I
c)
Ob ein Gesamtu¨berschuss zu erzielen ist, ergibt sich aus
einer den Zeitraum der tatsa¨chlichen Vermo¨gensnutzung umfas-
senden Totalu¨berschussprognose
11
. Die objektive Beweislast
(Feststellungslast) fu¨r das Vorliegen der Einku¨nfteerzielungs-
absicht tra¨gt im Zweifel der Stpfl. Er kann das gegen die Ein-
ku¨nfteerzielungsabsicht sprechende Beweisanzeichen erschu¨t-
tern, indem er Umsta¨nde darlegt und nachweist, die dafu¨r spre-
chen, dass er den Entschluss zur Vera¨ußerung erst nachtra¨glich
gefasst hat. Ob im Einzelfall Indizien gegen die Einku¨nfteerzie-
lungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung
und Beweiswu¨rdigung, die dem FG obliegt. Das FG hat alle
feststehenden Indizien in eine Gesamtwu¨rdigung einzubeziehen
(§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO); diese ist nach § 118 Abs. 2 FGO fu¨r
das Revisionsgericht bindend, wenn sie verfahrensrechtlich ein-
wandfrei zustande gekommen ist und nicht gegen Denkgesetze
oder allgemeine Erfahrungssa¨tze versto¨ßt. Die Gesamtwu¨rdi-
gung durch das FG hat schon dann revisionsrechtlich Bestand,
wenn sie zwar nicht zwingend, aber mo¨glich ist
12
.
Keine Zurechnung der Einku¨nfteerzielungsabsicht des Rechts-
vorga¨ngers
19
I
d)
Maßgeblich ist die Einku¨nfteerzielungsabsicht des jewei-
ligen Stpfl., der den Handlungstatbestand der Vermietung i. S.
von § 21 EStG verwirklicht. Fu¨r eine Zurechnung der Einku¨nf-
teerzielungsabsicht seines Rechtsvorga¨ngers, von dem er das
Vermietungsobjekt entgeltlich erworben hat, fehlt jegliche
Rechtsgrundlage. Aus § 566 BGB folgt lediglich, dass der Er-
werber in das Mietverha¨ltnis des Vera¨ußerers eintritt. Die Ein-
ku¨nfteerzielungsabsicht ist aber fu¨r den Erwerber mit diesem
Eintritt zu pru¨fen, freilich unter Beru¨cksichtigung seiner gesetz-
lichen U¨ bernahme des Mietvertrags. Grundlage der Schlussfol-
gerungen, die sich aus diesem Mietvertrag fu¨r die Einku¨nfte-
erzielungsabsicht des Erwerbers ergeben, ist seine Auslegung.
Entha¨lt der Mietvertrag Regelungen, die speziell auf die Person
des Vera¨ußerers bezogen sind, sind diese regelma¨ßig nicht auf
den Erwerber zu u¨bertragen. Indizien fu¨r oder gegen die Ein-
ku¨nfteerzielungsabsicht des Erwerbers ergeben sich aus seinem
Verhalten im Umgang mit dem u¨bernommenen Mietvertrag.
20
I
2.
Nach diesen Grundsa¨tzen ist die Gesamtwu¨rdigung des
FG zur Einku¨nfteerzielungsabsicht der Kla¨ger mo¨glich (§ 118
Abs. 2 FGO) und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Kla¨ger haben mit Eigentumserwerb befristetes Mietverha¨ltnis
u¨bernommen
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I
Die Kla¨ger haben mit Eigentumserwerb ein auf fu¨nf Jahre
befristetes Mietverha¨ltnis u¨bernommen, das ab ihrem Erwerb
(April 2006) noch bis August 2009 dauern sollte. Sie haben also
ihre Vermietungsta¨tigkeit mit einem (noch) drei Jahre und vier
Monate dauernden Mietverha¨ltnis begonnen. Dies konnte das
FG ohne Bedenken als nicht auf Dauer angelegt werten; dies
wurde durch das Fehlen etwaiger weitergehender Vermietungs-
bemu¨hungen und durch den kurzfristigen und vorzeitigen Ein-
zug der Kla¨ger im Oktober 2008 besta¨tigt.
Mit der Großmutter vereinbarte Eigenbedarfsklausel kam aus-
dru¨cklich auch der Kla¨gerin zugute
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I
Die Eigenbedarfsklausel wurde zwar mit der Großmutter als
Vera¨ußerin vereinbart; sie bezieht sich aber ausdru¨cklich auf de-
1 St. Rspr., z. B. BFH-Urteil vom 10. 5. 2007 – IX R 7/07, BStBl. II 2007 S. 873
= DB 2007 S. 2233; und vom 19. 4. 2005 – IX R 15/04, BStBl. II 2005 S. 754
= DB 2005 S. 2002, m. w. N. insbesondere zu Ausnahmefa¨llen.
2 St. Rspr., vgl. BFH-Urteil vom 9. 7. 2002 – IX R 57/00, BStBl. II 2003 S. 695
= DB 2002 S. 2024; und vom 29. 3. 2007 – IX R 7/06, BFH/NV 2007 S. 1847;
vom 20. 1. 2009 – IX R 49/07, BFH/NV 2009 S. 757.
3 BFH-Urteil vom 14. 12. 2004 – IX R 1/04, BStBl. II 2005 S. 211 =
DB0080406.
4 BFH vom 29. 3. 2007, a.a.O. (Fn. 2).
5 BFH vom 9. 7. 2002, a.a.O. (Fn. 2).
6 BFH-Urteil vom 4. 12. 2001 – IX R 70/98, BFH/NV 2002 S. 635.
7 Vgl. zur Beru¨cksichtigung spa¨terer Umsta¨nde BFH-Urteil vom 28. 6. 2002 –
IX R 68/99, BStBl. II 2002 S. 699 = DB 2002 S. 1869.
8 BFH-Urteil vom 9. 7. 2002 – IX R 47/99, BStBl. II 2003 S. 580 = DB 2002
S. 2023; vom 18. 1. 2006 – IX R 18/04, BFH/NV 2006 S. 1078.
9
Mellinghoff
, in: Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 21 Rdn. 14.
10 BFH vom 9. 7. 2002, a.a.O. (Fn. 2); vom 29. 3. 2007, a.a.O. (Fn. 2).
11 BFH-Urteil vom 6. 11. 2001 – IX R 97/00, BStBl. II 2002 S. 726 = DB 2002
S. 402, unter II. 2.
12 BFH vom 9. 7. 2002, a.a.O. (Fn. 2), m. w. N.
1278
Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013