obigen Beispiele nahelegen, stillschweigend unterstellt, es gebe
in diesem Zeitraum nur positive Einkommen, etwa wie in fol-
gendem Beispiel, bei dem die positiven Einkommen den Ver-
lustabzug im Dreijahreszeitraum u¨berschreiten
16
.
Bei Jahresabrechnung ermittelt sich auf ein Gesamteinkom-
men von (3
H
1,5 =) 4,5 (Feld 1.5) ein begrenzter Verlustabzug
von (3
H
1,3 =) 3,9 (Feld 2.5), sodass immer noch (4,5 – 3,9 = 3
H
0,2=) 0,6 (Feld 5.5) zu versteuerndes Einkommen verbleiben,
denen ein nicht verrechneter Verlustabzug von 13,6 gegenu¨ber-
steht (Feld 6.5). Wird in solchen Fa¨llen der Dreijahreszeitraum
zugrunde gelegt, und werden entsprechend drei Sockelbetra¨ge
gewa¨hrt, so bleibt es bei diesem Ergebnis (Spalte 8). Bei nur ei-
nem (Spalte 6) oder zwei Sockelbetra¨gen (Spalte 7) ist dann die
Einjahresveranlagung gu¨nstiger
17
. Das spricht dafu¨r, bei der
Dreijahresveranlagung, abha¨ngig von positiven Einku¨nften, den
Sockelbetrag mehrfach zu gewa¨hren. Sonst werden gleiche Sach-
verhalte ungleich behandelt. Hierauf geht der BFH nicht ein.
Deshalb ist hier erneut eine fast schon rhetorisch zu nennende
Frage zu stellen: Weshalb ist es in diesen Fa¨llen mit der Besteue-
rung nach der finanziellen Leistungsfa¨higkeit vereinbar, dass
derjenigen KapGes., die einem Dreijahreszeitraum unterliegt, ei-
ne ho¨here Steuer auferlegt wird als der „normal“ besteuerten
GmbH? Wird hier nur ein Sockelbetrag gewa¨hrt, so stellt sich
die im Insolvenzverfahren befindliche Gesellschaft schlechter als
eine KapGes. mit ja¨hrlicher Veranlagung. Zu beachten ist dabei
natu¨rlich immer, dass eine im Insolvenzverfahren befindliche
Gesellschaft schon definitionsgema¨ß nicht zahlungsfa¨hig ist –
was die Finanz-Rspr. offensichtlich nicht sto¨rt.
Nicht einsichtig bleibt immer noch die Tatsache, dass in den
drei Jahren ein Gesamteinkommen erwirtschaftet worden ist,
welches den urspru¨nglichen Verlustabzug bei weitem nicht er-
reicht und dieser dennoch nicht voll verrechnet werden kann.
Der Unterschied zum Urteilssachverhalt liegt darin, dass dort
innerhalb des Dreijahreszeitraums erheblich schwankende Ein-
kommen mit einem Verlust vorliegen. Dieser Verlust von
4 Mio. € kann bei Einjahresveranlagung mit 0,2 Mio. € als Ver-
lustru¨cktrag geltend gemacht werden. Demgegenu¨ber mindert
bei Zusammenfassung fu¨r den Dreijahreszeitraum dieser Verlust
das Gesamteinkommen in voller Ho¨he. Damit erfolgt eine zu-
sa¨tzliche Beru¨cksichtigung beim Verlustabzug gegenu¨ber der
Einjahresveranlagung. Das ist insoweit zur Anna¨herung an das
Ziel einer korrekten Totalabrechnung auch richtig, jedoch erneut
ein Verstoß gegen die notwendige Gleichbehandlung vergleich-
barer Sachverhalte.
2. Abwandlung des Urteilsfalls
Die bisherigen Rechnungen legen nahe, dass die Dreijahresrech-
nung bei zwischenzeitlichen Verlusten zumindest nicht schlech-
ter als die Addition der Einjahresveranlagungen ist. Dies wa¨re
jedoch ein Irrtum, wie die folgende Abwandlung des Urteilsfalls
unter Beibehaltung des Dreijahresergebnissen (3,5 Mio. € Ein-
kommen) verdeutlicht (Tab. 4 auf S. 1269).
Bei sehr geringer Spreizung der Einkommen innerhalb des
Dreijahreszeitraums kann auch der Fall eintreten, dass die Drei-
jahresveranlagung selbst mit zwei Sockelbetra¨gen ungu¨nstiger als
die Summe der Jahresveranlagungen ist (Feld 5.5 gegenu¨ber Feld
5.7). Dabei ist zur Klarstellung zu betonen, dass bei den Einjah-
resveranlagungen wegen des Verlusts im dritten Jahr lediglich
zwei Sockelbetra¨ge gewa¨hrt werden. Die Dreijahresveranlagung
wa¨re indessen bei Gewa¨hrung von drei Sockelbetra¨gen etwas
gu¨nstiger als die Summe der Einjahresveranlagungen. Daher
gibt es gute Gru¨nde dafu¨r, bei der Dreijahresveranlagung zumin-
dest so viele Sockelbetra¨ge zu gewa¨hren, wie auch bei Einjahres-
veranlagungen gewa¨hrt wu¨rden
18
. Im BFH-Urteil ist zu diesen
Wirkungen nichts zu finden, obwohl die Frage nach der Gleich-
ma¨ßigkeit der Besteuerung offenkundig beantwortet werden
mu¨sste.
Wichtig ist die Feststellung, dass gerade bei großer Einkom-
mensspreizung, wenn also bei gleichem Dreijahreseinkommen
die Einjahreseinkommen stark schwanken, die Mindestbesteue-
rung besonders hart zugreift. Wer also bei erwerbswirtschaftli-
cher Ta¨tigkeit starkem Risiko unterliegt, wird vom Staat ge-
zwungen, besonders zur angeblichen „Verstetigung“ der Steuer-
einnahmen beizutragen – eine mehr als fragwu¨rdige Gesetz-
gebung. Wie kann sachlich begru¨ndet werden, dass zwar die
Stpfl. große Einkommensschwankungen erdulden mu¨ssen, der
Staat es aber ablehnt, daraus auch fu¨r sich die Folgerungen zu
ziehen? Man stelle sich die Reaktion von Verwaltung und Ge-
richten vor, wenn ein Stpfl. mit einmalig hohem Einkommen
sich weigert, hierauf die volle Steuer zu zahlen, mit der Begru¨n-
dung, er strebe eine Verstetigung seiner Steuerausgaben an.
j
0
2002
j
1
2003
j
2
2004
j
3
2005
Summe Jahres-
veranlagungen
Drei-Jahresveranlagung mit einem bis drei
Sockelbetra¨gen
1
2
3
4
5
6
7
8
1 Sockel
2 Sockel
3 Sockel
1 Einkommen (Y
j
)
1,5
1,5
1,5
4,5
4,5
4,5
4,5
2 Verlustabzug (VA
j
) lfd.
-1,3
-1,3
-1,3
-3,9
-3,1
-3,5
-3,9
3 Zu verst. Eink. ( Y
jz
)
0,2
0,2
0,2
0,6
1,4
1,0
0,6
4 Verlustru¨cktrag (VR)
5 restliches z.v.E (Y
jzr
)
0,2
0,2
0,2
0,6
1,4
1,0
0,6
6 Verbleib. VV
j
insg.
-17,5
-16,2
-14,9
-13,6
-13,6
-14,4
-14,0
-13,6
Tab. 3: Vergleich Einjahres- mit Dreijahresveranlagung ohne Einkommensspreizung
16 Um einfache Zahlen zu bekommen, ist das Gesamteinkommen gegenu¨ber
dem Urteilsfall etwas ho¨her angesetzt (4,5 statt 3,5).
17 Formal gilt fu¨r den Verlustabzug bei Y
j
> 1: 0,6
H
(Y
1
– 1) + 1 + 0,6
H
(Y
2
– 1)
+ 1 + 0,6
H
(Y
3
– 1) + 1 = 0,6
H
(Y
1
+ Y
2
+ Y
3
) + 1,2 = 0,6
H
(Y
1
+ Y
2
+ Y
3
– 3)
+ 3.
18
Theo Siegel
spricht sich fu¨r drei Sockelbetra¨ge mit dem Argument aus, dass
einerseits das „System“ der Mindestbesteuerung eine Mindestverrechnung
von 1 Mio. € pro Jahr „gewa¨hrt“ und andererseits fu¨r die Dreijahresveranla-
gung die Zusammensetzung des Einkommens irrelevant ist.
1268
Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013