(142.378 DM) i. H. von 137.840 DM vom Gesamtbetrag Einku¨nfte
des Jahres 1999 ab, setzte die ESt 1999 auf 0 DM fest und stellte den
verbleibenden Verlustvortrag auf den 31. 12. 2000 i. H. von 4.538 DM
fest. Einen Verlustru¨cktrag von 2000 in das Jahr 1998 lehnte das FG
mangels gesetzlicher Grundlage ab. Eine verfassungsrechtlich proble-
matische Ru¨ckwirkung liege in der Regelung des StEntlG 1999/2000/
2002 vom 24. 3. 1999
2
nicht. Der auf ein Jahr geku¨rzte Verlustru¨cktrag
wirke bezogen auf den Streitfall nicht zuru¨ck; jedenfalls sei das Vertrau-
en des Kla¨gers auf den Fortbestand des zweija¨hrigen Verlustru¨cktrags
weder allgemein noch im konkreten Einzelfall schu¨tzenswert.
Hiergegen richtet sich die Revision des Kla¨gers, die er auf die Verlet-
zung des § 10d Abs. 1 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002
stu¨tzt. Die Regelung fu¨hre zu einer echten Ru¨ckwirkung. Die ESt 1998
stu¨nde unter dem Vorbehalt des zweija¨hrigen Verlustru¨cktrags. Der
Kla¨ger habe damit eine Rechtsposition erworben, diese Steuer durch ei-
nen Verlustru¨cktrag wieder zu mindern. Die Mo¨glichkeit ist im Vz. des
Ru¨cktrags (hier das Streitjahr) selbst angelegt; es werde lediglich tech-
nisch an die Verlustentstehungsjahre angeknu¨pft. Selbst wenn man von
einer unechten Ru¨ckwirkung ausgehe, seien die im Streitjahr durch-
gefu¨hrten Dispositionen des Kla¨gers im Rahmen einer Abwa¨gung be-
sonders schutzwu¨rdig, wa¨hrend das Gesetz maßgeblich aus Gru¨nden
der Haushaltssicherung gea¨ndert worden sei.
AUS DEN GRU¨ NDEN
Entscheidung
1 . . . 8
I
Die Revision ist unbegru¨ndet und gem. § 126 Abs. 2
FGO zuru¨ckzuweisen. Zutreffend hat das FG einen Verlust-
ru¨cktrag gem. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG in das Jahr 1998 abge-
lehnt.
Auf Verluste, die ab 1999 entstanden sind, ist § 10d Abs. 1 EStG
i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 anzuwenden, . . .
9
I
1.
Nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG sind negative Einku¨nfte,
die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einku¨nfte nicht
ausgeglichen werden ko¨nnen, bis zu einem Betrag von 2 Mio.
Deutsche Mark vom Gesamtbetrag der Einku¨nfte des unmittel-
bar vorangegangenen Vz. vorrangig vor Sonderausgaben, außer-
gewo¨hnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbetra¨gen abzu-
ziehen (Verlustru¨cktrag). Ist diese Regelung nach § 52 Abs. 1
Satz 1 EStG erstmals fu¨r Verluste anzuwenden, die ab dem Vz.
1999 entstanden sind, so ist ein Ru¨cktrag von in den Vz. ab
1999 erzielten Verlusten nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG zu be-
urteilen
3
.
. . . der einen Ru¨cktrag nur in das Jahr 1999 ermo¨glicht
10
I
Das bedeutet im Streitfall: Der im Jahr 2000 entstandene
Verlust ist lediglich – wie geschehen – in das Jahr 1999 zuru¨ck-
zutragen, nicht aber in das Streitjahr ru¨cktragbar.
Diese Regelung wirkt nicht zuru¨ck
11
I
2.
Diese Norm verletzt nicht die verfassungsrechtlichen
Grundsa¨tze des Vertrauensschutzes. Sie wirkt nicht zuru¨ck.
Grenzen einer zula¨ssigen Ru¨ckwirkung
12
I
a)
Vor dem Rechtsstaatsprinzip des GG bedarf es besonderer
Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der
Vergangenheit zugeho¨rigen Verhaltens nachtra¨glich belastend
a¨ndert. Eine Rechtsnorm wirkt in dieser Weise zuru¨ck, wenn
der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeit-
punkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die
Norm gu¨ltig geworden ist. So liegt eine (grds. unzula¨ssige) echte
Ru¨ckwirkung in der Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon
fu¨r einen vor dem Zeitpunkt der Verku¨ndung der Norm liegen-
den Zeitraum eintreten, wa¨hrend eine unechte Ru¨ckwirkung
nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungs-
bereich einer Norm betrifft. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes
treten erst nach Verku¨ndung der Norm ein, deren Tatbestand
erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verku¨ndung „ins Werk
gesetzt“ worden sind
4
.
Die Verlustentstehung ist das maßgebende, verfassungsrecht-
lich . . .
13
I
b)
Der entscheidende Sachverhalt, der „ins Werk gesetzt“
wird, d. h. das maßgebende Verhalten des Stpfl., an den der Ge-
setzgeber die Rechtsfolgen knu¨pft, ist beim Verlustabzug die
Verlustentstehung.
. . . relevante Verhalten des Stpfl.
14
I
aa)
Im Verlustentstehungszeitraum verwirklicht der Stpfl.
den Steuertatbestand, an den das Gesetz die Rechtsfolge des
Verlustabzugs knu¨pft. Das Verlustentstehungsjahr ist der Aus-
gangspunkt fu¨r das Normversta¨ndnis des § 10d EStG; von dort
aus sind die Voraussetzungen des Verlustabzugs in § 10d Abs. 1
und Abs. 2 EStG konzipiert
5
. Es geht beim Verlustru¨cktrag in
§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG um „negative Einku¨nfte“ des Entste-
hungsjahres, „die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Ein-
ku¨nfte im Entstehungsjahr nicht ausgeglichen werden“. Die
u¨berperiodische Abziehbarkeit negativer Ergebnisse ist mithin
an die Verwirklichung eines Steuertatbestandes i. S. des § 2
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-7 EStG gebunden. Allein die Verwirk-
lichung dieses Tatbestandes entscheidet auch u¨ber die zeitliche
Zuordnung der Voraussetzungen des Verlustabzugs, u¨ber die da-
durch ausgelo¨sten Rechtsfolgen (also die Beru¨cksichtigung in
den Abzugsjahren) und bildet so den Anknu¨pfungspunkt fu¨r die
zeitliche Geltungsanordnung von Gesetzesa¨nderungen
6
. Denn
mit der tatbestandlichen Bestimmung und Abgrenzung der ver-
schiedenen Einkunftsarten und Einku¨nfte trifft der Gesetzgeber
die zentralen Ausgangsentscheidungen fu¨r die einkommensteuer-
rechtliche Belastung
7
.
Ermittlung des abziehbaren Verlusts im Ru¨cktragsjahr ist ledig-
lich Folge des im Entstehungsjahr verwirklichten Steuertat-
bestandes
15
I
bb)
Zwar wird im Ru¨cktragsjahr u¨ber Grund und Ho¨he des
ru¨cktragbaren Verlusts entschieden; die negativen Einku¨nfte,
„die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einku¨nfte nicht
ausgeglichen werden“, bilden eine Besteuerungsgrundlage i. S.
des § 157 Abs. 2 AO fu¨r die Ermittlung des Verlustabzugs
3
.
Dies ist aber lediglich die verfahrensma¨ßige Auspra¨gung und
Folge des im Entstehungsjahr verwirklichten Steuertatbestandes.
Im Streitfall liegt keine Ru¨ckwirkung vor
16
I
cc)
Daraus folgt: Wenn der Gesetzgeber mit dem StEntlG
1999/2000/2002 vom 24. 3. 1999 den Verlustru¨cktrag auf ein
(das der Verlustentstehung unmittelbar vorangegangene) Jahr
beschra¨nkt, bedeutet dies fu¨r den im Jahr 2000 verwirklichten
2 BGBl. I 1999 S. 402.
3 BFH-Urteil vom 9. 3. 2011 – IX R 72/04, BStBl. II 2011 S. 751 = DB 2011
S. 1197, unter 3.
4 Vgl. eingehend dazu BVerfG-Beschluss vom 3. 12. 1997 – 2 BvR 882/97,
BVerfGE 97 S. 67 = DB 1998 S. 653; und vom 7. 7. 2010 – 2 BvL 14/02, 2
BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127 S. 1 = DB0363404.
5 Vgl. dazu
Heuermann
, in: Kirchhof/So¨hn/Mellinghoff, EStG, § 10d Rdn. B 5.
6
Heuermann
, a.a.O. (Fn. 5), Rdn. B 16.
7 So BVerfG vom 7. 7. 2010, a.a.O. (Fn. 4), Rdn. 68.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013