DER BETRIEB 23 - page 43

Auch Optionsrechte sind keine „Anteile“
9
I
a)
Ausschlaggebend fu¨r jene Entscheidung war vor allem,
dass Bezugsrechte bereits dem Regelungswortlaut nach nicht
Gegenstand der Freistellung i. S. von § 8b Abs. 2 KStG 2002
sind. Fu¨r die im Streitfall in Rede stehenden Optionsrechte gilt
dasselbe: Optionen sind weder in Gestalt von Ankaufs- noch
von Verkaufsausu¨bungsrechten „Anteile“ im vorgenannten Sin-
ne. Sie ko¨nnen damit auch nicht Gegenstand der erfassten Ver-
a¨ußerungsgewinne sein. Ha¨tte der Gesetzgeber solche Rechte in
den Regelungsbereich des § 8b KStG 2002 einbeziehen wollen,
dann wa¨re es ein Leichtes gewesen, das zum Ausdruck zu brin-
gen, nicht anders als in § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG 2002, wonach
Anwartschaften auf einschla¨gige Beteiligungen ausdru¨cklich in
den steuerbaren Bereich aufgenommen werden. Eine solche An-
wartschaft soll auch eine schuldrechtliche Option auf den Er-
werb einer Beteiligung (Call-Option) sein ko¨nnen, wenn und
soweit sie die wirtschaftliche Verwertung des bei der KapGes.
eingetretenen Zuwachses an Vermo¨genssubstanz ermo¨glicht
5
.
Es mag dahinstehen, ob dem uneingeschra¨nkt beizupflichten
ist
6
. Jedenfalls fehlt fu¨r § 8b KStG 2002 die erforderliche tat-
bestandliche Anknu¨pfung.
Der Gesetzeszweck des § 8b Abs. 2 KStG 2002 erfordert keine
Einbeziehung von Bezugs- oder Optionsrechten
10
I
b)
Wie schon bei den Bezugsrechten gebietet der Regelungs-
sinn des § 8b Abs. 2 KStG 2002 auch fu¨r Optionsrechte nichts
anderes. Denn die Rechtfertigung fu¨r die (uneingeschra¨nkte und
typisierende) Freistellung des Vera¨ußerungsgewinns im sog.
Halbeinku¨nftesystem liegt darin, dass der Gewinn im wirtschaft-
lichen Ergebnis gewissermaßen aufgesummt an die Stelle der
anderweitig verdienten oder zuku¨nftig „verdienbaren“ Dividen-
den tritt
7
. Bei davon zu unterscheidenden Bezugs- ebenso wie
bei Optionsrechten fehlt es daran aber, weil diese jedenfalls un-
mittelbar keine entsprechenden Einnahmen gem. § 20 Abs. 1
Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG 2002 beim Anteilseigner aus-
zulo¨sen vermo¨gen (s. dazu jetzt auch § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG
2008). Nur fu¨r entsprechend qualifizierte Anteilsrechte und de-
ren Vera¨ußerung hat der Gesetzgeber vermittels des § 8b KStG
2002 die andernfalls drohende wirtschaftliche Doppelerfassung
jedoch beseitigt, fu¨r weitere Rechtspositionen, bei denen „abs-
trakt“
8
und allenfalls mittelbar eine derartige Belastung droht
(aber keineswegs zwingend ist, z. B. dann, wenn das Options-
recht nicht ausgeu¨bt wird und deswegen verfa¨llt), hingegen
nicht. Die gesetzgeberische Entscheidung ist auch dann hin-
zunehmen, wenn aus rechtspolitischer Sicht eine weitergehende
Befreiung vorstellbar wa¨re. Auch dazu genu¨gt es, auf das Senats-
urteil vom 23. 1. 2008
4
zu verweisen.
Bilanzielle Behandlung von Optionsrechten und Beru¨cksichti-
gung von Stillhalterpra¨mien bei Bemessung des Vera¨ußerungs-
gewinns sind nicht maßgeblich
11
I
c)
In Anbetracht dessen kommt es fu¨r die Frage der Steuer-
freistellung auf die handels- wie steuerbilanzielle Behandlung
von Optionsrechten
9
, insbesondere ihre Qualifizierung als An-
schaffungskosten, nicht an, ebenso wenig wie auf die Besteue-
rung sog. Stillhaltergescha¨fte nach Maßgabe von § 22 Nr. 3 und
§ 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG 2002
10
. Es ist gleichermaßen unbeacht-
lich, dass Vera¨ußerungsgewinne i. S. von § 8b Abs. 2 KStG
2002 nicht anders als z. B. bei § 17 EStG 2002 nach allgemei-
nen Grundsa¨tzen ermittelt werden und dass sich im Rahmen je-
ner Ermittlung auch die Stillhalterpra¨mien auswirken mo¨gen.
Ausschlaggebend ist allein, dass die Einra¨umung von Options-
rechten keinen entsprechenden Vera¨ußerungsvorgang darstellt
und dass Stillhalterpra¨mien in die deshalb insoweit maßgebende
Gewinnermittlung nicht einzubeziehen sind
11
.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0594182.
5 BFH-Urteil vom 19. 12. 2007 – VIII R 14/06, BStBl. II 2008 S. 475 = DB 2008
S. 903.
6 Anders z. B.
Gosch
, in: Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 17 Rdn. 17, m. w. N.;
differenzierend
Bogenschu¨tz
, in: FS Schaumburg, 2009, S. 209 (222, 232);
Dinkelbach
, Recht der Finanzinstrumente 2012 S. 270 (274 f.).
7 Vgl. dazu
Gosch
, KStG, 2. Aufl., § 8b Rdn. 1, m. w. N.
8 So
Dinkelbach
, Recht der Finanzinstrumente 2012 S. 270 (274 f.).
9 Vgl. dazu auch BFH vom 18. 12. 2002, a.a.O. (Fn. 2).
10 Vgl. dazu z. B. BFH-Beschluss vom 25. 5. 2010 – IX B 179/09, BFH/NV 2010
S. 1627 = DB0394156; aufgehoben durch BVerfG-Beschluss vom 11. 10. 2010
– 2 BvR 1710/10, DB 2010 S. 2534 = DStR 2010 S. 2296.
11 Ebenso z. B.
Schmid/Renner
, DStR 2005 S. 2059 (2060 f.); anders z. B.
Her-
zig
, DB 2003 S. 1459 (1462);
Ro¨dder/Schumacher
, DStR 2003 S. 909 (912);
Gro¨bl/Adrian
, in: Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 8b Rdn. 117;
Hahne
, StuB
2008 S. 181 (184 ff.);
Ha¨uselmann
, Ubg 2008 S. 391 (400);
Helios/Niedrig
,
DStR 2012 S. 1301; differenzierend
Do¨tsch/Pung
, in: Do¨tsch/Pung/Mo¨hlen-
brock, Die KSt, § 8b KStG Rdn. 82: Einbeziehung nur bei Optionsausu¨bung,
nicht aber bei Optionsverfall.
Einkommensteuer
Kein verfassungsrechtlich gebotener Ru¨cktrag
eines 2000 erzielten Verlusts in den Vz. 1998
Verlustru¨cktrag – Verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz –
Ru¨ckwirkung
GG Art. 20 Abs. 3; EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002
§ 10d Abs. 1, § 52 Abs. 1
§ 10d Abs. 1 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 wirkt
nicht in verfassungsrechtlich erheblicher Weise zuru¨ck,
wenn danach Verluste aus dem Jahr 2000 lediglich in das
Jahr 1999 zuru¨ckgetragen werden ko¨nnen.
BFH-Urteil vom 16. 4. 2013 – IX R 20/12
u
DB0595907
Die Beteiligten streiten daru¨ber, ob der Wegfall des zweija¨hrigen Verlust-
ru¨cktrags gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz versto¨ßt.
Der Kla¨ger erzielte im Streitjahr (1998) als RA Einku¨nfte aus freiberuf-
licher Ta¨tigkeit. Er erwarb in diesem Jahr und im Jahr 1999 zwei Ver-
mietungsobjekte, u¨bernahm die Sanierungsverpflichtung und finanzierte
diese Projekte mit Fremd- und Eigenmitteln. Daraus erkla¨rte er in den
Jahren 1998-2000 erhebliche Werbungskostenu¨berschu¨sse bei den Ein-
ku¨nften aus Vermietung und Verpachtung, die das FA im Wesentlichen
anerkannte. Im Anschluss an eine Außenpru¨fung setzte das FA die ESt
fu¨r das Streitjahr im (gea¨nderten) ESt-Bescheid vom 4. 8. 2003 auf
198.711 DM fest.
Im Jahr 2000 setzte das FA im (gea¨nderten) ESt-Bescheid fu¨r 2000
vom 4. 8. 2003 die ESt auf 0 DM fest und stellte den verbleibenden
Verlustvortrag auf den 31. 12. 2000 fest. Die u. a. hiergegen (Einspruch
ferner gegen die Steuerfestsetzung 1999) gerichteten Einspru¨che, mit
denen der Kla¨ger neben weiteren nicht mehr bedeutsamen Begehren
den Verlustru¨cktrag von 2000 in das Streitjahr beantragte, blieben er-
folglos. Einspruchsentscheidungen ergingen am 29. 9. 2003.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte z. T. Erfolg. Das FG zog in sei-
nem Urteil
1
den nicht ausgleichsfa¨higen Verlust des Jahres 2000
1 FG Du¨sseldorf, Urteil vom 14. 2. 2012 – 13 K 5851/03 E,F, EFG 2012 S. 1251.
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013
Steuerrecht
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