Großbritannien – erarbeitete die
OECD
mit Datum vom 12. 2.
2013 einen Bericht u¨ber
Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)
,
welcher das Konstrukt „Double Irish with a Dutch Sandwich“
sowie weitere internationale Steuergestaltungen mit uner-
wu¨nschten Steuerspareffekten offenlegt
42
. Dieses Papier wurde
auf dem G20-Gipfel 2013 in Moskau vorgestellt und ausdru¨ck-
lich begru¨ßt
43
. Bis Juni 2013 sollen die OECD bzw. das CFA
(
Committee on Fiscal Affairs
) in Einklang mit den 34 Mitglied-
staaten einen (globalen) Aktionsplan entwickeln, der Maßnah-
men zur Beka¨mpfung von BEPS respektive aggressiver Steuer-
planung pra¨sentiert sowie Umsetzungszeitpunkte benennt, wo-
bei insbesondere folgende Punkte (sog.
key pressure areas
) eine
wesentliche Bedeutung erlangen
44
:
– Steuerliche Neutralisierung aufgrund von Qualifikationskon-
flikten existenter hybrider Steuergestaltungen (insbesondere
Hybridgesellschaften und Hybridanleihen);
– Entwicklung neuer Vorschriften zur Quellenbesteuerung bei
der Lieferung digitaler Gu¨ter und bei Dienstleistungen;
– Verbesserung bzw. Konkretisierung von Verrechnungspreis-
regelungen innerhalb eines Unternehmensverbunds, ins-
besondere im Bereich immaterieller Wirtschaftsgu¨ter;
– Schaffung effektiver Missbrauchsvorschriften (z. B. in den
Bereichen
treaty shopping
,
CFC rules
,
thin capitalization
);
– Vorschriften zur Besteuerung von konzerninternen Finanz-
transaktionen;
– Lo¨sungen zum Entgegenwirken scha¨dlicher Steuerregelun-
gen.
3. G8-Staaten
Aggressive Steuerstrategien werden zudem auf der Agenda des
diesja¨hrigen
G8-Treffens
in Nordirland stehen. In einem offenen
Brief des britischen Premierministers
David Cameron
vom 1. 1.
2013 heißt es anla¨sslich der U¨ bernahme der G8-Pra¨sidentschaft
durch Großbritannien: „[. . .] [B]eim Thema Steuern, wissen
wir, dass in einer globalisierten Welt kein Staat allein Steuerhin-
terziehung und aggressive Steuervermeidung wirksam beka¨mp-
fen kann. [. . .] Wir ko¨nnen gemeinsam versuchen, mehr La¨nder
zur Einhaltung der internationalen Standards zu bewegen. Und
wir ko¨nnen pru¨fen, ob nicht die Standards selbst gesta¨rkt werden
sollten – sei es durch Verbesserung der bestehenden oder durch
Aufstellung neuer Standards. [. . .].“
45
4. EU-Kommission
Auch die
EU-Kommission
bescha¨ftigte sich eingehend mit der
Problematik von Steuerumgehung und Steuerhinterziehung.
Zur versta¨rkten Beka¨mpfung legte sie am 6. 12. 2012 vor dem
Hintergrund einer besseren Funktionsweise des Binnenmarkts
einen derzeit auf europa¨ischer Ebene diskutierten
34-Punkte-
Aktionsplan
sowie eine Empfehlung gegen aggressive Steuerpla-
nung vor
46
. Hinsichtlich der hier relevanten Thematik sind fol-
gende Punkte von zentralem Interesse
47
:
– Einfu¨hrung von Mindeststandards fu¨r Drittla¨nder, v. a. fu¨r
als Steueroasen geltende Steuergebiete, sonst Aufnahme in ei-
ne „Schwarze Liste“ mit Folgen der Neuaushandlung, Aus-
setzung oder dem Abschluss von DBA (Rdn. 7);
– Einda¨mmung aggressiver Steuerplanung (in U¨ bereinstim-
mung mit
Corporate Social Responsibility
48
von Unternehmen)
mittels Aufnahme einer
Subject-to-tax-Klausel
in den DBA
bzw. im nationalen Steuersystem und Implementierung einer
allgemeinen Missbrauchsklausel (Rdn. 8 und Rdn. 3–4
49
);
– U¨ berarbeitung der Mutter-Tochter-RL
50
zwecks Verhin-
derung der Begu¨nstigung einer doppelten Nichtbesteuerung
von Hybridanleihen (Rdn. 14);
– U¨ berpru¨fung von Missbrauchsbeka¨mpfungsbestimmungen
im Rahmen der Mutter-Tochter-RL (Art. 1 Abs. 2), der
Zins- und Lizenzgebu¨hren-RL (Art. 5) und der Fusions-
richtlinie
51
(Art. 11 Abs. 1 Buchst. a; Rdn. 15).
Mit dem BEPS-Report und dem Aktionsplan wirken die
OECD sowie die EU-Kommission zum einen den im Zeit-
ablauf vera¨nderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in
Form der zunehmenden grenzu¨berschreitenden U¨ berfu¨hrung
immaterieller Wirtschaftsgu¨ter mit entsprechenden gestalteri-
schen Ansa¨tzen entgegen. Zum anderen machen diese Organi-
sationen deutlich, nicht nur internationale Doppelbesteuerun-
gen, sondern auch internationale Nichtbesteuerungen und damit
die Generierung weißer Einku¨nfte verhindern zu wollen. Es
bleibt abzuwarten, wie effektiv sich die Staaten gemeinsam ge-
gen die Steuerplanung multinationaler Konzerne erheben wer-
den und ko¨nnen, um u. a. auch das „holla¨ndische Sandwich“ un-
genießbar zu machen.
Redaktionelle Hinweise:
l
Zum Kampf gegen aggressive Steuerplanung und -hinterzie-
hung, vgl. auch
Zourek/Pross/Hey/Sell
, Standpunkte DB 2013
S. 19 = DB0581623, DB0581622, DB0581692, DB0580815.
l
Zum Zwischenbericht der OECD zur „Ausho¨hlung von Steuerbe-
messungsgrundlagen und Gewinnverlagerungen“ vgl. auch
Geberth
, DB0580802.
l
Zu den Trends der Unternehmensbesteuerung in Europa und
weiteren Industriestaaten vgl.
Endres/Heckemeyer/Spengel/
Finke/Richter
, DB 2013 S. 896 = DB0588245.
l
Zum OECD-Aktionsplan vgl. auch DB0594097.
41 Vgl. auch Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage – Drucks.
16/7831 – vom 7. 2. 2008, BT-Drucks. 16/8013; Unterstu¨tzung der Initiative
der G20 und der OECD zur Beka¨mpfung der Ausho¨hlung der Steuerbemes-
sungsgrundlage und der Gewinnverschiebung internationaler Konzerne vom
19. 3. 2013, BT-Drucks. 17/12827.
42 Vgl. OECD (Hrsg.), Addressing Base Erosion and Profit Shifting, 2013,
pp. 74 ff., dx.doi.org/10.1787/9789264192744-en [letzter Abruf: 15. 5.
2013].
43 Vgl. BMF vom 18. 2. 2013,
Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/Internationale_Finanz
politik/2013-02-20-g20-moskau.html [letzter Abruf: 15. 5. 2013].
44 Vgl. OECD (Hrsg.), Addressing Base Erosion and Profit Shifting, 2013,
pp. 52 f., dx.doi.org/10.1787/9789264192744-en [letzter Abruf: 15. 5.
2013].
45 British Embassy Berlin, Großbritannien u¨bernimmt G8-Pra¨sidentschaft,
[letz-
ter Abruf: 15. 5. 2013].
46 Vgl. Mitteilung der Kommission an das Europa¨ische Parlament und den Rat –
Aktionsplan zur Versta¨rkung der Beka¨mpfung von Steuerbetrug und Steuer-
hinterziehung vom 6. 12. 2012, COM(2012) 722 final, Rdn. 3.3; Empfehlung
der Kommission vom 6. 12. 2012 betreffend aggressive Steuerplanung,
C(2012) 8806 final.
47 Vgl. ausfu¨hrlich
Eilers/Schmitz
, ISR 2013 S. 68 (71).
48 Vgl. ausfu¨hrlich Mitteilung der Kommission an das Europa¨ische Parlament,
den Rat, den Europa¨ischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Aus-
schuss der Regionen – Eine neue EU-Strategie (2011-14) fu¨r die soziale Ver-
antwortung von Unternehmen vom 25. 10. 2011, KOM(2011) 681 endgu¨ltig.
49 Diese Randnummern nehmen Bezug auf die Empfehlung der Kommission
vom 6. 12. 2012 betreffend aggressive Steuerplanung, C(2012) 8806 final.
50 Vgl. RL 2011/96/EU des Rates vom 30. 11. 2011 u¨ber das gemeinsame Steuer-
system der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaa-
ten, ABlEU L 345 vom 21. 12. 2011 S. 8.
51 Vgl. RL 2005/19/EG des Rates vom 17. 2. 2005 zur A¨ nderung der RL 90/
434/EWG u¨ber das gemeinsame Steuersystem fu¨r Fusionen, Spaltungen, die
Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die
Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABlEU 2005 L 58
S. 19.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013