DER BETRIEB 25 - page 32

fu¨r jeden Gesellschafter unter Beru¨cksichtigung seines individu-
ellen Sonderbetriebsvermo¨gens
31
. Nach der neuen Nr. 4a sind
Geldmittel, Forderungen und Verbindlichkeiten betriebsbezo-
gen zu saldieren, sodass sich der Wert der Gesellschafterforde-
rung durch Beru¨cksichtigung der Verbindlichkeiten im Gesamt-
handsvermo¨gen der Gesellschaft mindert. Diese Verrechnung
von Gesellschafterforderungen im Sonderbetriebsvermo¨gen und
Verbindlichkeiten auf Gesamthandsebene wu¨rde zwar bei einem
zu 100% beteiligten Kommanditisten die Gesellschafterforde-
rung und die Verbindlichkeit vollsta¨ndig „wegku¨rzen“. Ist der
darlehensgebende Gesellschafter hingegen zu weniger als 100%
am Festkapital der PersGes. beteiligt, verbliebe ein – mehr oder
weniger großer – Forderungsu¨berhang zu seinen Lasten. Denn
bei gesellschafterbezogener Berechnung der Verwaltungsver-
mo¨gensquote ist dem Gesellschafter seine Forderung (als Son-
derbetriebsvermo¨gen) in voller Ho¨he, die Verbindlichkeit jedoch
nur im Verha¨ltnis seines Anteils am Festkapital zuzurechnen.
Dies wu¨rde bedeuten: Je geringer der Anteil des u¨bertragenden
Gesellschafters am Gesamthandsvermo¨gen ist, desto gro¨ßer ist
das Verwaltungsvermo¨gensrisiko durch die Mitu¨bertragung von
Gesellschafterforderungen.
>
Beispiel 3:
Der Gesellschafter X (Erblasser) ist mit einem Kommandit-
anteil von 10% an der X-GmbH & Co. KG beteiligt. Er hat
gegenu¨ber „seiner“ Gesellschaft eine Darlehensforderung i. H.
von 1 Mio. €. Bei der Pru¨fung des Verwaltungsvermo¨gens
i. S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG n. F. wa¨re bezo-
gen auf den X (Erblasser) die ihm zustehende Forderung als
Sonderbetriebsvermo¨gen in voller Ho¨he zu beru¨cksichtigen.
Dagegen wa¨re die Verbindlichkeit im Gesamthandsvermo¨gen
i. H. von ebenfalls 1 Mio. € bei X nur anteilig im Verha¨ltnis
seines Anteils am Festkapital (10% = 100.000 €) abzuziehen.
Hieraus resultiert ein „Forderungsu¨berhang“ zulasten des X
i. H. von 900.000 €, der (vorbehaltlich einer weiteren Min-
derung durch den Freibetrag) zu einem potenziellen Verwal-
tungsvermo¨gensrisiko fu¨hrt.
Da dieses Ergebnis gemessen am Wortlaut des Gesetzes und
auch an der Intention des Gesetzgebers nicht richtig sein kann,
ist zu u¨berlegen, ob im Wege teleologischer Auslegung der Norm
Gesellschafterforderungen und die mit ihnen in Zusammenhang
stehenden Verbindlichkeiten im Gesamthandsvermo¨gen bei der
Berechnung des „Cash-U¨ berhangs“ vollsta¨ndig außer Betracht
bleiben. Dies wu¨rde im Ergebnis einer Saldierung wie bei einem
100%-Kommanditisten gleichkommen, allerdings unabha¨ngig
von der Beteiligungsquote des u¨bertragenden Gesellschafters.
U¨ ber die Holdingklausel in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG
ist Verwaltungsvermo¨gen i. S. der Nr. 4a in mehrstufigen Struk-
turen auf jeder Ebene getrennt zu pru¨fen. In mehrsto¨ckigen
KapGes.-Strukturen fu¨hrt dies zu ungerechtfertigten Ergebnis-
sen bei der „Querfinanzierung“, weil Intra-Group-Forderungen
der Darlehensgeberin nicht mit den korrespondierenden Ver-
bindlichkeiten der Darlehensnehmerin(nen) saldiert werden ko¨n-
nen. Es wird also in diesen Fa¨llen maßgeblich darauf ankommen,
dass die durch das Gesetz zugelassene Ru¨ckausnahme, wonach
die o. g. Verscha¨rfungen fu¨r Konzernfinanzierungsgesellschaften
nicht gelten sollen, eingreift. Dies macht allerdings ggf. die
„richtige“ Strukturierung der Forderungsbeziehung im Konzern
z. B. durch Einrichtung einer Cash-Pool-Fu¨hrerin erforderlich,
da das Gesetz verlang, dass der Hauptzweck der privilegierten
Gesellschaft in der Finanzierung von gewerblichen Ta¨tigkeiten
verbundener Unternehmen besteht (vgl. II. 1.).
Umgekehrt kann unter bestimmten Voraussetzungen „u¨ber-
schu¨ssiges“ Geldvermo¨gen mittelfristig wieder in Wertpapiere
oder andere, renditefo¨rderlichere Investments umgeschichtet
werden, ohne dass es zu einer tatsa¨chlichen Verschlechterung der
Verwaltungsvermo¨gensquote des Unternehmens kommen muss.
>
Beispiel 4:
Eine Gesellschaft im gemeinen Wert von 1 Mio. € weist
Bankguthaben i. H. von 300.000 € auf. Da 100.000 € auch
nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a als Verwaltungsvermo¨gen
za¨hlen (vgl. Bsp. 1), ko¨nnten diese (vorbehaltlich der Qualifi-
kation als junges Verwaltungsvermo¨gen) genauso gut in Wert-
papieren angelegt werden.
Auch ist es nach wie vor mo¨glich, junges Verwaltungsvermo¨gen
vor dem Stichtag durch Vera¨ußerung zu beseitigen. Denn das
durch die Vera¨ußerung erlo¨ste Geld oder die Forderung za¨hlt zwar
(in Abha¨ngigkeit von den Verbindlichkeiten und dem Freibetrag)
mo¨glicherweise ebenfalls als Verwaltungsvermo¨gen. Eine Qualifi-
kation als junges Verwaltungsvermo¨gen scheitert jedoch mangels
Einlage (§ 13b Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 ErbStG n. F., vgl. II. 2.).
2. Junges Verwaltungsvermo¨gen in Tochtergesellschaften
Die Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 7 Hs. 2 ErbStG n. F., wo-
nach junges Verwaltungsvermo¨gen in Tochtergesellschaften
wertma¨ßig auch dann als Verwaltungsvermo¨gen bei der Mutter-
gesellschaft za¨hlen soll, wenn es den gemeinen Wert der Toch-
tergesellschaft u¨bersteigt, kann gesetzestechnisch nur als miss-
glu¨ckt bezeichnet werden.
Bereits mit Einfu¨hrung des § 13b Abs. 2 Satz 7 durch das
JStG 2010
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in das ErbStG wollte der Gesetzgeber erreichen, dass
junges Verwaltungsvermo¨gen auf Ebene von Tochtergesellschaf-
ten bei dem Verwaltungsvermo¨genstest der jeweils daru¨ber liegen-
den Muttergesellschaft als Verwaltungsvermo¨gen zu beru¨cksichti-
gen ist
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. Dieses „Hochschleusen“ von jungem Verwaltungsver-
mo¨gen in Tochtergesellschaften auf die na¨chstho¨here Gesell-
schaftsebene war bereits in den Anwendungserlassen aus 2009
enthalten
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. Es ist indes mit dem geltenden erbschaft- und schen-
kungsteuerlichen Verschonungssystem unvereinbar und findet im
Gesetzeswortlaut auch keine Stu¨tze. Ha¨tte der Gesetzgeber ein
solches „Hochschleusen“ anordnen wollen, so ha¨tte er als Rechts-
folge etwa formulieren mu¨ssen, dass junges Verwaltungsvermo¨gen
auf einer unteren Ebene „als Verwaltungsvermo¨gen bei der Ge-
sellschaft, die die Beteiligung ha¨lt, zu beru¨cksichtigen ist“
35
.
Die Regelungen u¨ber das junge Verwaltungsvermo¨gen
(§§ 13b Abs. 2 Satz 3 und 7) beziehen sich bei genauer Betrach-
tung nur auf die jeweils direkt u¨bertragene betriebliche Einheit,
also die jeweilige Obergesellschaft
36
. Dies ergibt sich unmittelbar
aus der gesetzlich angeordneten Rechtsfolge, wonach junges
Verwaltungsvermo¨gen in einer PersGes. „nicht zum begu¨nstig-
ten Vermo¨gen i. S. des Abs. 1“ geho¨rt (Satz 3) bzw. bei KapGes.
der entsprechende „Teil des Anteilswerts nicht begu¨nstigt“ ist
(Satz 7). Dies kann nur die oberste Beteiligungsebene betreffen.
Denn bezogen auf Untergesellschaften wird die Begu¨nstigung
31 Zur Einbeziehung von Gesellschafterforderungen als Sonderbetriebsvermo¨-
gen in den Verwaltungsvermo¨genstest eingehend
Piltz/Stalleiken
, ZEV 2012
S. 67.
32 JStG 2010 vom 8. 12. 2010, BGBl. I 2010 S. 1768.
33 Vgl. das Beispiel in der Gesetzesbegru¨ndung, BT-Drucks. 17/2249,
DB0381554, S. 159.
34 H 34 Abs. 3 Satz 1 AEErbSt 2009, BStBl. I 2009 S. 718.
35
Hannes/Steger/Stalleiken
, BB 2010 S. 1439 (1443).
36 Eingehend
Hannes/Steger/Stalleiken
, BB 2010 S. 1439 (1442 f.);
Hannes
,
NZG 2011 S. 1245 (1249).
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
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